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Die automobile Mittelklasse ist in der Krise. Schon seit Jahren graben schicke Kompakte und neue Fahrzeugklassen den klassischen Limousinen und Kombis das Wasser ab. Die schlechte Konjunktur hat diese Entwicklung nun noch verschärft.
Die Hersteller versuchen, gegenzusteuern. War Anfang des Jahrtausends noch rund jeder vierte verkaufte Pkw ein Mittelklässler, liegt ihr Anteil zurzeit bei rund zehn Prozent. Die Gründe sind vielfältig.
Als Familienauto haben Fahrzeuge wie VW Passat und Ford Mondeo in den letzten Jahren starke Konkurrenz bekommen, oft auch aus dem eigenen Haus. Kompakte Vans und SUVs etwa bieten bei ähnlichen Preisen mehr Raum, größere Flexibilität und eine modischere Karosserieform. Gleichzeitig haben die Premiumhersteller ihre Angebotspalette nach unten erweitert.
Kompaktklässler wie Audi A3, Mercedes-Benz A-Klasse und BMW 1er bieten das Prestige der Edelmarke zum günstigen Einstiegspreis und verführen so viele der traditionellen Mittelklassekunden zum Umsteigen. Hinzu kommen demographische Gründe. „Die Großfamilien früherer Zeiten sind geschrumpft“, erklärt Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Die meisten Familien kämen heute mit dem Raumangebot eines Kompaktwagens klar. Auch die steigenden Kraftstoffpreise spielen seiner Meinung nach bei vielen Käufern eine Rolle beim Umstieg aus der Mittelklasse.
Die Hersteller reagieren auf den Einbruch ihrer einstigen Zugpferde. Beispiel Opel: Die Rüsselsheimer haben [foto id=“89150″ size=“small“ position=“right“]vergangenes Jahr den Insignia als Nachfolger des wenig schmucken Vectra ins Feld gebracht. Mit deutlich gewachsenen Abmessungen, markantem Design und hochwertiger Verarbeitung soll das Flaggschiff der Marke nach Willen der Unternehmensstrategen in neue Qualitätssphären vorstoßen und die Lücke zu den Premiumherstellern zumindest kleiner werden lassen – das alles aber zum relativ günstigen Einstiegspreis von 22 700 Euro.
Viele Experten hielten den Zeitpunkt der Markteinführung mitten in der Automobilkrise für ungünstig, war ein Erfolg doch lebenswichtig für die Rüsselsheimer. Doch der Insignia scheint dem Abwärtstrend in seiner Fahrzeugklasse überraschenderweise tatsächlich zu trotzen. Mehr als rund 120 000 Vorbestellungen liegen europaweit vor. „Der Insignia punktet mit gutem Preis-Leistungsverhältnis und gefälligem Design“, so Dudenhöffer. So locke er neben alten Vectra-Fahrern auch ehemalige Käufer von Premium-Fahrzeugen. Dieser Trend soll durch die vor wenigen Wochen eingeführte Kombivariante Insignia SportsTourer weiter verstärkt werden.
Auf eine ähnliche „Premium“-Strategie setzt VW. Seit dem vergangenen Jahr ergänzt die Luxus-Version Passat CC die eher bieder-solide Mittelklassebaureihe. Der CC kommt als viertüriges Coupé im Stil eines Mercedes CLS daher, verfügt über kräftige Motoren und High-Tech-Extras, die für den normalen Passat nicht zu haben sind. Ganz nebenbei stopft das mindestens 30 300 Euro teure Modell so auch eine der letzten Lücken im VW-Modellprogramm. Da ein richtiges oberes Mittelklassemodell fehlt, war der Sprung vom Passat zur Oberklasselimousine Phaeton bislang zu groß.
Bei Renault geht man einen ähnlichen Weg und bietet den Laguna auch als traditionelles Coupé an, das den [foto id=“89151″ size=“small“ position=“left“]in Deutschland glücklosen oberen Mittelklässler Vel Satis bei den Absatzzahlen locker überflügeln dürfte. Die Strategie der Aufwertung funktioniert bei Premiumherstellern allerdings nicht: Ein Top-Mittelklässler würde zu stark unter den großen Businesslimousinen wildern.
Daher geht etwa Audi den Weg in die Nische: Auf Basis der Limousine und des Kombis gibt es unter dem Modellnamen A5 ein Coupé und ein Cabrio. Seit neuestem ist mit dem A4 Allroad auch eine Variante in Offroad-Optik und mit serienmäßigem Allradantrieb im Programm. Der Kombi wendet sich an Käufer, denen ein richtiges SUV zu klobig und durstig ist. Eine klare optische Abgrenzung zu den Standardmodellen verspricht einen Image-Gewinn und soll auch einen ordentlichen Aufpreis rechtfertigen. Mindestens 38 950 Euro werden fällig.
Ob die Strategien der Hersteller greifen und es die klassische Mittelklasselimousine auch noch in Zukunft geben wird, wird die Zeit zeigen. Aktuell geht der Trend allerdings einerseits in Richtung kleinerer und sparsamerer Fahrzeuge. Andererseits differenzieren sich die traditionellen Klasseneinteilungen aus: Immer mehr Crossover-Modelle vermischen Merkmale von Kombi, Van, SUV, Coupé und Limousine und verwischen die Grenzen der heutigen Kategorien. Das muss kein Verlust an Identität sein, sondern kann auch ein Gewinn an Individualität werden.
geschrieben von (hh/mid) veröffentlicht am 17.06.2009 aktualisiert am 17.06.2009
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