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Zwar ist noch nicht einmal die Hälfte
unserer Toskana-Reise passé, aber bei dem schönen Wetter und dem
traumhaften Ausblick von der Dachterrasse, haben wir uns vorgenommen
heute nur eine kleine Runde mit dem Bike zu drehen. Weil nicht alle
so viel für ein Sonnenbad im häuslichen Ambiente übrig haben,
teilt sich die Gruppe bis zum gemeinsamen Abendessen.
Trotz der kleinen Runde ging es
wiedereinmal relativ früh auf den trockenen Asphalt. Nur einem von
uns sollten die Kurven Italiens an diesem Tag vergönnt bleiben.
Leider gibt es auch Menschen, die im Urlaub arbeiten müssen und da
wir heute eh nicht so viele Kurven drehen wollten, war der Tag gut
gewählt, um etwas ab zu arbeiten und dann wieder aufs Bike steigen
zu können. Eigentlich war das Ziel Grosseto, da ich aber immer in
der Mitte fahre, bekomme ich auf den vielen verwinkelten und kurvigen
Nebenstraßen gar nicht mit, dass wir vorerst ganz woanders
hinfahren. Überraschung! Wir schauen uns jetzt alte Steine an – na
riesig! [foto id=“70328″ size=“small“ position=“right“]Alte Ruinen eines kleinen etruskischen Dorfes aus der Zeit
des römischen Reiches zum erschwinglichen Eintrittspreis warteten
darauf, besichtigt zu werden.
Geschichte finde ich normalerweise gar
nicht so uninteressant, aber alte Steine bei geschätzten 30 Grad im
Schatten mit schwerer Motorradkombi besichtigen, ist doch eher
weniger amüsant. Dass wir uns steile Berge mit alten Straßen hinauf
quälen müssen, um ein paar alte steinerne Befunde zu sehen,
verbessert meine Stimmung auch nicht wirklich – wäre ich doch zu
Hause geblieben um zu arbeiten! Aber oben angekommen ist es gar nicht
mehr sooo schlimm (trotz eines gefühlten Biotops in meiner
Motorradhose), denn uns bietet sich ein faszinierender Blick.
[foto id=“70329″ size=“small“ position=“left“]Landschaft soweit das Auge reicht – fünf Kilometer freie Sicht,
zehn, vielleicht auch 20! Bei solchen Weiten ist es halt schwer
Distanzen richtig einzuschätzen. Phänomenal ist auch das über 2000
Jahre alte Freilufttheater (oder das was davon übrig ist), in dem
selbst bei leisem Sprechen ein Hall erzeugt wird –
Wahnsinns-Akustik! Leider ist der Weg der Besichtigung vorgegeben und
wir müssen um die Stadt herum wieder zu unseren Motorrädern
latschen. Langer weg – kurzer Sinn. Wenigstens geht es endlich
wieder aufs Bike um ein paar Kurven zu ziehen. Und mal im Ernst:
Steine gucken gehört bei einem Toskana-Trip ja irgendwie auch dazu.
Wir nehmen einen anderen Weg zurück.
[foto id=“70330″ size=“small“ position=“right“]Trotzdem ist auch diese Nebenstraße mit Kurven quasi übersät.
Keine Zeit um nochmal einen Gedanken an die Steine oder die
bewundernswerte Akustik zu verlieren, denn mal wieder ist volle
Konzentration gefragt. Von links nach rechts schieben wir die Mopeds
in die Kurven – ohne zu wissen, was hinter der nächsten Kurve
kommt. Nach einer guten Stunde treffen wir in Grosseto ein, es ist
angenehm mild und Zeit für ein kühles Getränk. Die Frauen sehen
das aber anders: Während wir uns einem Kaffee bzw.
Erfrischungsgetränk hingeben, stiefeln sie los um die Boutiquen ab
zu klappern. Schnell haben sie alle Läden der Einkaufsstraße grob
durchstöbert um auf dem Rückweg nochmal detailiert zu gucken (warum
auch immer?!?). Weil Grosseto aber zum Glück nicht Mailand ist, sind
die unsere Damen aber auch damit in einer verträglichen Zeit fertig
und wollen nun zurück um auf der Terrasse Sonne zu tanken – ich
allerdings nicht. [foto id=“70333″ size=“small“ position=“left“]Hier trennen sich unsere Wege bis zum gemeinsamen Abendbrot.
Die Yamaha R6 (plus Fahrer natürlich)
und ich haben andere Pläne. Wieso zu Hause braten, wenn das
Mittelmeer nur 40km entfernt ist? Gesagt, getan. Aufgesessen, ab
Richtung Follonica, wo wir am ersten Tag schon waren. Leider kenne
ich mich mit den Nebenstraßen nicht so gut aus, deshalb nehmen wir
den kürzesten Weg über die Bundesstraße (vergleichbar mit
deutschen Bundesstraßen, außer der teilweisen Qualität des
Straßenbelags). Die sind in der Toskana relativ gut ausgebaut, auch
schöne Kurven gibt es hier ab und an – aber es ist eben nicht
vergleichbar mit den kleineren Nebenstraßen, wo das Motorrad kaum
einmal 100 Meter geradeaus bewegt wird und so gut wie nie Verkehr
herrscht. Nachdem wir ungefähr zwei Stunden am Strand gelegen haben,
wird der Wind doch relativ frisch. Also Kombi wieder angezogen und ab
nach Hause. Das Abendessen wartet ja schließlich…[foto id=“70334″ size=“full“]
Bis zu einer gewissen (und uns schon
bekannten) Doppelkurve ging alles gut! Nicht einmal sonderlich zügig
sind wir unterwegs, obwohl man zu zweit normalerweise schon anders
fährt, als in einer Gruppe. Nach einem Überholmanöver verschwindet
die R6 im Rückspiegel – und taucht auch nicht mehr auf, obwohl ich
das Tempo arg drossele. „Da ist was passiert“ denke ich und drehe
um. Als ich mehrere Autos in der Doppelkurve halten sehe, rutscht mir
das Herz kurz in die Hose – aber zum Glück erspähe ich meinen
fluchenden Cousin einen Augenblick später neben seinem Bike stehen.
[foto id=“70335″ size=“small“ position=“right“]„Wenigstens ist ihm nichts passiert“ sind meine Gedanken, kurz
bevor ich überlege, wie wir die R6 aus dem zwei Meter tiefen Graben
holen sollen. Neben uns reden alle italienisch – wir verstehen kein
Wort. Bis wir durch viel Gestik verstehen, dass wir das Bike den
Weinberg 150 Meter hinauf schieben sollen, wo ein Weg wieder auf die
Straße führt. Über Steine groß wie Fußbälle und Erdrisse
schaffen wir es erschöpft auf den Weg – nach mehrmaligem
Anschieben springt die sonderlicher Weise nur leicht ledierte
Maschine an.
Beim Ankommen berichten wir von unserer
„Heldentat“. Eigentlich steht morgen ein Ausflug nach Siena im
toskanischen Zentrum auf dem Programm. Weil die R6 so aber nur
semi-fahrbereit ist, entschließen mein Cousin und ich uns, an der
Maschine am nächsten Morgen in einer Werkstatt rum zu basteln und
sie wieder flott zu machen. Spontan werden wir dann entscheiden, ob
wir Siena auch noch besuchen oder nicht.
Lesen Sie im nächsten Teil, wie
freundlich toskanische Werkstätten sind, wie schnell man auf
italienischen Bundesstraßen wirklich voran kommen kann und wieso
Siena zurecht als eine „Perle der Toskana“ bezeichnet wird.
geschrieben von Max Zaczek veröffentlicht am 06.05.2009 aktualisiert am 06.05.2009
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