"Wir haben den Iceman aufgetaut" - Virgilia Landrain ist sichtlich überrascht und gleichfalls hocherfreut. Ihr Legensgefährte Nelson Piquet jr. habe gerade am Fuße des 2.509 m hohen Timmelsjoch mehr gelächelt als in seinem ganzen Leben zuvor. Grund fürs regelrechte Dahinschmelzen des als "Iceman" geltenden Rennfahrers, Sohn des gleichnamigen dreifachen Formel 1-Weltmeisters aus Brasilien: Nelson Piquet Jr. hat gerade erfahren, dass ihm Virgilia mit Hilfe von BMW ein unbezahlbares Geburtstagsgeschenk gemacht hat - nämlich die Testfahrt in sechs Ex-Boliden seines weltberühmten Vaters, allen voran eine schier unglaubliche Fahrt im fast 1.000 PS starken Brabham BMW BT-52, mit dem der ältere Nelson 1983 erster Turbo-Weltmeister überhaupt wurde.
Und das Ganze noch dazu auf dem Timmelsjoch, einem der berühmtesten Alpenpässe überhaupt, wo die Familie Piquet in Nelsons früher Kindheit viel Zeit beim Skifahren verbrachte.Was den Iceman auftauen lässt, versetzt Passanten an der Mautstation des Timmelsjoch zwischen dem österreichischen Ötztal und dem italienischen Südtirol in ungläubiges Staunen: Ohrenbetäubender Lärm hämmert bereits gnadenlos laut auf die Trommelfelle, als der 285 PS starke Reihensechszylinder des BMW 635CSi-Tourenrennwagens anspringt. Eine weitere Steigerung folgt, als das fast baugleiche, aber sogar 470 PS starke Kraftpaket im BMW M1 Procar zum Leben erweckt wird. Zwar kann Piquet Jr. mit Freundin Virgilia auf dem Beifahrersitz nur gut 200 der 310 km/h Spitzentempo am Alpenpass ausreizen, dennoch durchlebt die charmante Belgierin Himmel und Hölle bei der rund zehnminütigen Fahrt über die 12 Kilometer lange österreichische Nordseite des Timmelsjochs: "Ich habe immer wieder geschrien", erzählt sie danach in einer Mischung aus Euphorie und Panik, "aber er hat mich offenbar gar nicht wahrgenommen, so sehr genoss er es, den Rennwagen seines Vaters zu steuern."
Nach den straßenzugelassenen BMW 635 CSi und M1 sind nach und nach die Rennwagen ohne Nummernschild an der Reihe. Seit 20 Uhr ist der Alpenpass für den öffentlichen Verkehr gesperrt, und seitdem steigern sich ständig die Fahreindrücke beider Passagiere. Nicht nur Beifahrerin Virgilia, sondern auch Nelson Piquet Jr. selbst zeigt sich zutiefst beeindruckt von den Boliden, mit denen sein Vater einst auf den Rennstrecken der Welt Triumphe feierte: "Unfassbar, wie sich die Technik seit damals weiterentwickelt hat, und was die Piloten damals geleistet haben." Ganz ohne Einweisung kommt auch der Formula E-Champion von 2015 nicht mit den bis zu 36 Jahre alten Rennboliden zurecht. Nelson Piquet Jr. ist zum Beispiel dankbar für genaue Erklärungen des BMW Group Classic-Personals, wie die sequentielle Schaltung des Le Mans-Renners McLaren BMW F1 GTR von 1997 funktioniert - nämlich exakt anders herum, als üblich. Oder die extrem fordernde Kulissen-Schaltung im Formel 1-Turborennwagen BT-52: "Ich bin froh, dass ich zu meiner Formel 3-Zeit noch mit Ähnlichem in Kontakt kam. Jüngere Fahrer, die heute nur Schaltwippen gewohnt sind, kämen damit sicher nicht zurecht."
Das surreale Schauspiel am Timmelsjoch setzt sich fort, als Nelson Piquet Jr. bei immer weniger Licht und immer stärkerem Regen im wahrsten Sinne eine "Spritztour" im 604 PS starken Le Mans-Auto mit gewagten Donuts abschließt. Die Lichtkegel des ultraflachen Rennautos mit unbändiger V12-Power durchbrechen strömenden Regen und aufziehenden Nebel. Als das skurrile Schauspiel endet, ist auch mit den Testfahrten vorerst Schluss. Nacht und Wetter siegen, Nelson Piquet Jr.s Testfahrt im Turbo-Formel 1-Renner von 1983 ist auf den nächsten Morgen vertagt:
Um Punkt 5:45 Uhr ist es hell genug, um den ersten Weltmeister-Turbo der Formel 1 anzuwerfen. Die Mannschaft von BMW Classic-Brand Manager Norbert Knerr hat die hochkomplizierte, 33 Jahre alte Hightech im Griff. Selbst in bis zu 2.509 Meter Höhe - so weit über Meeresspiegel ist kaum jemals ein Formel 1-Bolide über den Asphalt geflitzt. Mit rund 220 km/h rast Nelson Piquet Jr. die lange Gerade entlang, die das fast ständige Kurvengewirr zwischen Obergurgl und Meran unterbricht. Kein wirkliches Tempo für einen Formel 1-Renner, jedoch atemberaubender Speed für diese Umgebung.
Danach windet sich der schlanke, 1,77 Meter große Brasilianer aus dem hauteng geschnittenen Brabham BMW BT-52 heraus und schwärmt von beiden Test-Tagen: "Es war einfach unglaublich, all diese berühmten Autos vor dieser einzigartigen Kullise fahren zu können. Vor allem der Brabham: Der ist sicherlich zehn mal schwerer zu fahren, als heutige Rennautos. Die schwierige Schaltung, die extreme Power. Mein Vater hat soviele Geschichte darüber erzählt, wie aufwändig der BT-52 damals ohne irgendwelche Test-Limits entwickelt wurde. Trotzdem sind alle meine Favoriten, und ich habe jedes Fahrzeug seit meiner Kindheit als Automodell gesammelt."Der Junior hatte keinen blassen Schimmer davon, dass er in Österreich die Rennautos des Senior würde fahren können. Und schon gar nicht, dass das Formel 1-Weltmeisterauto des Vaters darunter sein würde. Wie außergewöhnlich das ist, bestätigt BMW Classic-Manager Norbert Knerr: "Soviele Rennautos auf solch einer Straße für nur einen Fahrer - das haben wir in dieser Form noch nie gemacht." Auch die Haupteigentümer der Hochalpenstraße Attila und Alban Scheiber sind von der Aktion begeistert: "So etwas haben wir hier noch nicht erlebt," schwärmt Alban nach dem frühmorgendlichen Formel 1-Showdown, "der Sound und die Dynamik des Brabham BMW sind einfach unfassbar?
Kein Wunder: Bei nur 480 kg Gewicht bringen rund 970 PS im BT-52 ein deutlich besseres Leistungsgewicht als in heutigen Formel 1-Autos. Am Ende ist Nelson Piquet Jr. überzeugt: "Ich werde schon bald hier zum Timmelsjoch zurückkehren. Und jede Gelegenheit, diese Autos in Zukunft wieder zu bewegen, werde ich mit absoluter Sicherheit nutzen."
Zurück zur Übersicht