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Hannover – Neue Testverfahren verkürzen die Entwicklungszeit von Winterreifenmodellen deutlich. Hersteller wie Marktführer Continental nutzen inzwischen unterschiedlichste Versuche, um die immer höheren Anforderungen an die Winterpneus in die Serie zu übersetzen. Dazu gehören Computer gestützte Verfahren, die eine genaue Abschätzung der Leistungsfähigkeit von Profil- und Mischungskombinationen ermöglichen.
In der Nähe vom Stammsitz Hannover unterhält Continental auf dem firmeneigenen Contidrom eine neue, wetterunabhängige Bremstestanlage. Im Vollbetrieb sollen dort jährlich künftig rund 100 000 Bremstests möglich sein – auf trockener und nasser Fahrbahn genauso wie auf vereister. „Damit kann Continental die Entwicklungszeit um bis zu 50 Prozent reduzieren“, rechnet Reifenexperte Holger Lange vor. Weiterer Vorteil: Neben den Serien-Winterreifen können die Hannoveraner hoch spezialisierte Produkte für einzelne Fahrzeughersteller und ihre Modelle anbietet.
Möglich geworden ist dies alles laut Lange durch die „Entwicklung der Entwicklung“. In den 1990er-Jahren habe man noch rund sechs Entwicklungsrunden benötigt, um einen neuen Winterreifen zur Marktreife zu bringen. Viele praktische Versuche und Experimente hätten schließlich zum neuen Produkt mit besseren Eigenschaften geführt. Lange: „Die Prototypen wurden in Handarbeit hergestellt und in den Reifenversuch gegeben. Jede neue Auslegung eines Reifens benötigte rund vier Wochen, bis wir einen testfähigen Prototypen für den Versuch hatten.“
Continental stellt allein in Europa im Reifenbereich rund 6500 Artikel her. Jedes Jahr kommen hunderte neu hinzu, um bestehende Linien zu ergänzen oder neue Modelle zu produzieren. „Mit den damals bekannten Verfahren könnten wir dieses Tempo nicht halten“, sagt Lange. Inzwischen liefere die Kombination von Computer gestützten Simulationen und Laborversuchen präzise Ergebnisse, die helfen, die Produkteigenschaften genau einzustellen.
Mit Hilfe eines speziellen Testers könnten etwa kleine Gummi- und Profilproben auf ihr Verhalten auf trockenem und nassem Asphalt, Schnee und Eis untersucht werden. So sparten die Entwickler wertvolle Zeit, die sonst für den Prototypenbau und erste Fahrtests benötigt würden. Zusammenarbeit mit Universität Karlsruhe Soll ein ganzer Winterreifen auf seine Eigenschaften hin untersucht werden, hilft die Zusammenarbeit mit der Universität Karlsruhe. Dort steht der Innentrommel-Prüfstand, auf dem die Eigenschaften von Profilen unter Winterbedingungen getestet werden können – vom normalen Winterreifen bis hin zu komplizierten Profilentwürfen mit neuesten Spikes.
In der rund 300 Meter langen Halle vor den Toren Hannovers können Pkw, SUV und Transporter vollautomatisch bis auf Tempo 120 beschleunigt und dann mit einem Bremsroboter bis zum Stillstand abgebremst werden. Um möglichst verschiedene Simulationen durchführen zu können, sind die Temperaturen in der Halle einstell-, verschiedene Fahrbahnen nutzbar; sogar Bremsversuche auf Eis sind möglich. Weder Regen noch Schnee, Kälte oder Hitze verfälschen die Ergebnisse. „Wir testen dort unter realen Bedingungen, nur eben ohne Störfaktoren“, erläutert Lange. „So sind unsere Ergebnisse genauer – und genauere Testergebnisse führen schneller zu noch besseren Produkten“.
Während bei den herkömmlichen Tests rund ein Prozent Ungenauigkeit einkalkuliert werden musste, liegt diese Streuung nach Angagabe Langes nun unter einem halben Prozent. Lag die Ungenauigkeit der Ergebnisse bei einer Testwiederholung bei rund fünf Prozent, liegt sie bei den neuen Messungen bei nur noch eineinhalb Prozent. Persönlicher Eindruck nach wie vor wichtig Zum fertigen Reifen führt am Ende allerdings immer noch der Fahrversuch auf den Teststrecken. „Alle subjektiven Reifentests wie Handling auf unterschiedlichen Fahrbahnoberflächen, Komfortverhalten und Verhalten im Grenzbereich können nicht von Maschinen gemacht werden“, verweist Lange darauf, dass der persönliche Eindruck eines Testingenieurs „nach wie vor das wichtigste Kriterium in einer Neuentwicklung“ ist. /Fotos: Contintental
geschrieben von auto.de/Günther Koch/KoCom veröffentlicht am 23.10.2013 aktualisiert am 23.10.2013
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