Feinstaub und Stickoxid

Neue Lösungen für den Diesel

Vollaluminium-Diesel OM 654 von Mercedes-Benz Bilder

Copyright: Daimler

verdünnte Harnsäure in die heißen Auspuffgase gespritzt. Sie zerfällt in der Hitze zu Ammoniak, dieses spaltet die Stickoxide auf in Stickstoff und Wasser.

SCR wirkt, verlangt aber großen Aufwand: Die verwendete 32,5-prozentige Harnstofflösung (bekannt vor allem als Adblue) muss von einer Pumpe und durch Leitungen zu einer Düse im Auspuffsystem gefördert werden. Der Tank – verbraucht werden bei Personenwagen ein bis drei Liter pro 1000 Kilometer – muss zumindest nach amerikanischen Vorschriften so groß sein, dass er bis zur nächsten Inspektion reicht, er wird entsprechend voluminös. Das Ganze muss elektronisch gesteuert – und nicht zuletzt im Winter geheizt werden, ab minus 11,5 Grad Celsius friert die Lösung ein.

Die komplizierte Technik, die Größe des Adblue-Tanks und die Kosten bereiten Probleme. Ein „defeat device“, eine schlaue Elektronik, die einen Prüfstandslauf erkennt und dabei das Reinigungssystem aktiviert, bei normaler Straßenfahrt aber weitgehend ausschaltet, kann helfen, Schwierigkeiten und Kosten klein zu halten. Besonders verlockend erschien dieser (selbstverständlich illegale) Ausweg vor Jahren, als die SCR-Technik noch am Anfang stand, die strengen amerikanischen Vorschriften aber bereits galten. Noch heute stört, dass SCR im Stadtverkehr und erst recht bei niedrigen Außentemperaturen lange braucht, um nach einem Kaltstart aktiv zu werden: Erst müssen die Auspuffgase das – üblicherweise unter dem Wagenboden angeordnete und damit weit vom Motor entfernte – System genügend aufheizen.

Für Euro-6- und künftige noch strengere Abgasnormen wird es nur helfen, beide Systeme zusammen einzusetzen – PNA für rasches Einsetzen der Reinigungswirkung nach dem Kaltstart, SCR für hohe Wirkung bei rasch wechselnden Betriebsbedingungen im realen Verkehr. Speicherkat plus selektive katalytische Reduktion, dazu wie bisher Oxidationskatalysator, Partikelfilter und AGR verkörpern eine regelrechte kleine Chemiefabrik allein zur Sauberhaltung der Auspuffgase, deren Kosten bald so hoch werden wie die für den eigentlichen Motor. Die Kombination ist nicht neu: BMW etwa rüstet einige schwere Modelle seit längerem so aus und hat bei den verschiedenen Emissionstests der jüngeren Zeit gut abgeschnitten.

Neue Idee bei Daimler ist, Oxidations- und Speicherkat sowie Partikelfilter und SCR-Katalysator in jeweils einem gemeinsamen Bauteil zu vereinigen. Dazwischen ist das Dosiermodul für die Harnstoff-Einspritzung angeordnet. Der kombinierte Oxidations- und NOx-Speicherkat wandelt dank seiner speziellen Beschichtung angesammeltes NOx bereits bei vergleichsweise niedriger Temperatur (ab ca. 250 Grad Celsius) um – ohne Einspritzen von zusätzlichem Kraftstoff. Dieser Fortschritt sorgt allein für eine Verbrauchsreduzierung im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) um bald fünf Prozent. Weitere Reinigung bewirken in Verbindung mit Harnstoff-Einspritzung der mit seiner Beschichtung auch als SCR-Katalysator wirksame Partikelfilter – Bezeichnung ‚sDPF – sowie der finale SCR-Katalysator. Das neue zusammengefasste System vermeidet zudem Wärmeverluste während der Fahrt mit geringer Last. Das Gesamtsystem ist stets, so die Entwickler in Stuttgart, so leistungsfähig, dass auch abrupte Laständerungen nicht zu einem unerwünschten Anstieg von Schadstoffen führen.

Geplante neue Abgasnormen nach Euro 6 bedeuten für Personenwagen mit Dieselmotor noch mehr Aufwand. Neue Ideen wie die von Mercedes-Benz könnten helfen, den Kostenanstieg in Grenzen zu halten. Kleinwagen werden wegen dieser Kosten schon heute von vielen Herstellern nicht mehr als Dieselmodell angeboten. Skeptiker sehen sogar voraus, dass mittelfristig Hybrid- und Plug-in-Hybridmodelle die Rolle der sparsamen Diesel übernehmen. Diese werden durch größere Serien und rasch sinkende Preise bei Batterien immer wettbewerbsfähiger. Heute schon scheint klar, dass die Kombination von Diesel und Hybrid keine Lösung für die Zukunft ist: Volvo hat jüngst die Produktion des erst 2012 vorgestellten V60 Plug-in mit Diesel- und Elektromotor wieder eingestellt und PSA, als Unternehmen, das einst den Diesel-Hybridantrieb favorisiert, hat gerade verkündet, diese Strategie aufzugeben und den Diesek durch Benzin-Hybrid zu ersetzen.

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