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Erdgas
Neue Autos dürfen ab 2021 im Schnitt nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Dies entspricht einem Verbrauch von 4,1 Litern pro 100 Kilometer bei Benzin- und von nur 3,6 l bei Dieselmotoren. Die Grenze sorgt besonders bei den Herstellern großer und schwerer Wagen für schlaflose Nächte: Deren Verbrauch in solche Regionen schrumpfen zu lassen, erfordert den ganzen Einfallsreichtum der Konstrukteure. Eine Hilfe für sie könnte Erdgas werden: ‚CNG’ (Compressed Natural Gas) setzt die CO2-Emissionen drastisch herab – vor allem dann, wenn man die Motoren ‚monovalent’ auslegt, also ausschließlich für Erdgas. Neue Motoren dieser Art sind in Entwicklung. Mit ebenfalls neuer Turbo-Technik sollen sie auch in der Leistung zu den besten Benzinern aufschließen: Erdgasmodelle dürften in Zukunft deutlich interessanter werden.
Bisher fahren sie auf einem Nebengleis: Es gibt nur wenige Modelle, der Verkauf lahmt, der Bestand in Deutschland dümpelt bei knapp 100.000. Auch bei den Tankstellen, aktuell gut 900, tut sich wenig. Es ist das alte Lied: Ohne Autos keine Tankstellen, ohne Tankstellen keine Autos. Dabei spricht schon heute eigentlich alles für den alternativen Kraftstoff: Gegenüber Benzin halbieren sich die Betriebskosten, im Vergleich zu Diesel wird immerhin ein Drittel gespart. Der geringere CO2-Ausstoß führt sogar zu niedrigerer Kraftfahrzeugsteuer. Unter denen, die bereits mit Erdgas fahren, finden sich viele Lieferwagen, auch clevere Taxifahrer. Die Aufpreise für CNG-Technik an Bord liegen in ähnlicher Höhe wie der Zuschlag für Dieselmotoren – und amortisieren sich für Vielfahrer rasch.
Erdgas unterliegt (wie auch das mit ihm nicht kompatible Flüssiggas) einem nur geringen Steuersatz. Er gilt zunächst bis 2018, soll aber verlängert werden. Der Gesetzgeber fördert Gas bewusst als Kraftstoff-Alternative ohne Risiken und Nebenwirkungen. Erdgas enthält mehr Wasserstoff als Benzin oder Diesel, dafür weniger Kohlenstoff. Letzterer verbrennt zu Kohlendioxid, das ‘Abgas’ von Wasserstoff ist Wasser (-dampf). Die geringeren Kohlenstoffanteile lassen den CO2-Ausstoß unter den von Dieselmodellen sinken. Beim VW Up und seinen Abkömmlingen bei Seat und Skoda sind es nur mehr 79 Gramm pro Kilometer gegenüber 105 Gramm beim Benzinmotor. Bei größeren Modellen sieht es ähnlich günstig aus, so wurde zum Beispiel der Skoda Octavia G-Tec neuer Spitzenreiter beim ADAC-Ecotest. Mit Biogas, also regenerativ erzeugtem Erdgas z. B. aus pflanzlichen Abfällen, fährt ein Erdgasauto praktisch ohne CO2-Belastung der Luft: Die Menge, die aus dem Auspuff kommt, war ihr vorher beim Wachsen der Pflanzen entnommen worden.
Erdgas-Modelle, wie man sie heute kaufen kann, verfügen stets über einen (meist nur kleinen) Benzintank. Er ist die Rückversicherung, bei dem augenblicklich dünnen Tankstellennetz nicht liegen zu bleiben. Hilfsweise Verwendung von Benzin aber zwingt den Konstrukteuren Kompromisse auf. Ein ‘monovalenter’ Motor ausschließlich für Erdgas könnte sie vermeiden, er könnte deutlich effizienter werden.
Dafür sorgt schon die viel höhere Klopffestigkeit von Erdgas – Oktanzahl etwa 130 gegenüber maximal 100 bei Benzin. Sie erlaubt eine höhere Verdichtung und einen früheren Zündzeitpunkt. Beides steigert den Wirkungsgrad des Motors, sorgt also für mehr Leistung und mehr Drehmoment bei gesenktem Verbrauch. Erdgasmotoren arbeiten mit Katalysatoren wie Benzinmotoren, die eingangs genannten Risiken und Nebenwirkungen in Form von höherem Partikel- oder Stickoxid-Ausstoß sind mit ihnen nicht verbunden.
In künftige Erdgas- wie Benzinmotoren wird dazu der ‘VTG’-Lader einziehen. Bei Dieseln ist er längst verbreitet. Sein Trick besteht in variabler Geometrie: Der Durchmesser der Düse, aus denen die Auspuffgase strömen und dabei die Turbine antreiben, kann verändert werden. Bei niedrigen Drehzahlen ist die Düse klein, auch mit wenig Auspuffgasen wird eine kräftige Strömung erreicht. Bei hohen Touren wird die Düse erweitert, um dem Abgasstrom möglichst wenig Widerstand entgegen zu setzen.
VTG-Lader sind an den guten Eigenschaften heutiger Dieselmotoren entscheidend beteiligt. Porsche wendet sie bisher allein bei Benzinmotoren an. Bei ihnen sind die Auspuffgase viel heißer als beim Diesel. Die filigrane VTG-Mechanik in glühendem Zustand zuverlässig arbeiten zu lassen, stellt ganz besondere Aufgaben an Konstrukteure wie Werkstoff-Spezialisten. Sie sind dabei, sie zu lösen – mit weniger exotischen und damit weniger teuren Materialien als sie bisher Porsche einsetzt.
Höhere Drücke durch höhere Verdichtung und verbesserte Turbolader bedeuten höhere Belastungen für Kolben, Lager, für den ganzen Motor. Die Konstrukteure sehen dies freilich locker: In Dieseln sind die Anforderungen noch höher. Die Entwicklung entsprechender neuer CNG-Triebwerke ist dann auch in vollem Gange. Was man von ihnen erwarten kann, zeigt ein jüngst vom Stuttgarter Kolben-Spezialisten Mahle vorgestellter Versuchsmotor. Er ist ein ‘downgesizter’ Dreizylinder, der aus 1,2 l Hubraum 132 kW / 180 PS und ein höchstes Drehmoment von 270 Newtonmetern ab 1600 Umdrehungen pro Minute mobilisiert. Eingebaut in einen VW Touran senkt dieser Versuchsmotor den CO2-Ausstoß um nicht weniger als 31 Prozent auf 106 Gramm pro Kilometer, trotz weit höherer Leistung.
Einziges Manko künftiger ‘monovalenter’ Erdgasautos: Sie können sich nicht mit Benzin behelfen, wenn keine CNG-Tankstelle erreichbar ist. Die Fahrer müssen also rechtzeitig an Nachschub denken – und dürfen hoffen, dass sich die Versorgungslage bessert, wenn die neuen Autos in großer Zahl auf die Straßen kommen.
geschrieben von AMP.net/Sm veröffentlicht am 27.07.2015 aktualisiert am 28.07.2015
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