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Der Strombedarf im Auto steigt rasant. Nicht nur Assistenz- und Infotainment-Systeme verlangen nach immer mehr Energie, auch die fortschreitende Elektrifizierung der Antriebskomponenten fordert ihren Tribut. Ab dem kommenden Jahr soll die Einführung eines 48-Volt-Bordsystems die Versorgung mit Elektronen und Ionen verbessern. Den Pkw-Herstellern bietet das ganz neue Möglichkeiten.
Als eines der ersten Autos dürfte ab dem kommenden Jahr die neue Generation des Audi Q7 zusätzlich zum 12-V-Netz auf ein Bordnetz mit vierfacher Stromspannung setzen. Die Ingolstädter nutzen die 48 Volt unter anderem, um einen elektrischen Turbolader anzutreiben, der den sparsamen Diesel endgültig auch zum Sportmotor machen soll. Bislang springen die Verdichter nur verzögert an, da ihre Turbine vom Abgas angetrieben wird. Und dieses braucht beim Anfahren und beim Zwischenspurt [foto id=“520968″ size=“small“ position=“right“]eben eine Weile, bis es den Weg vom Zylinder bis zum Lader zurückgelegt hat – das bekannte Turboloch entsteht. Der E-Turbo hingegen kann unmittelbar und direkt auf den Gasbefehl des Fahrers reagieren – ganz ohne Verzögerung.
Vom Prinzip her ist der E-Turbo kein Hexenwerk – aber mit 12 Volt-Spannung wäre er kaum möglich. Der E-Turbo arbeitet zwar nur bei den niedrigen Drehzahlen beim Anfahren oder beim Zwischenspurt, weil bei höheren Touren der weiterhin vorhandene Abgasturbolader einsetzt. Er braucht aber für seinen Kurzeinsatz viel Energie. Wollte man diese mit 12-Volt-Strom liefern, müssten zum Ausgleich der geringen Spannung hohe Stromstärken fließen. Dafür aber wären sehr dicke Kabel nötig – und die sind teuer und nicht zuletzt auch sehr schwer, will man ein komplettes Bordnetz damit ausstatten.
Allein für das Schließen des Turbolochs würde man aber sicher kein 48-Volt-Netz einsetzen. Die Technik ermöglicht noch mehr. „Die höhere Spannung steigert die Effizienz leistungsstarker elektrischer Verbraucher und Maschinen, etwa von Generatoren und Elektromotoren“, erläutert Richard Schöttle, beim Zulieferer Bosch für das Thema Bordnetz zuständig. Das kommt auch der Bremskraftrückgewinnung zu gute. Durch die vierfache Spannung des Bordnetzes erzielt man eine viermal höhere Rekuperationsrate als beim 12-Volt-Bordnetz – was sich positiv beim Verbrauch niederschlägt. Der zusätzlich gewonnene Strom kann nicht nur für die Versorgung der Bordelektronik genutzt werden, [foto id=“520969″ size=“small“ position=“left“]sondern auch als Energiequelle für ein Hybridsystem. Der Zulieferer Bosch beispielsweise hat eine derartige Technik bereits in der Schublade. Das sogenannte Boost Recuperation System sorgt nach Art eines Mildhybriden sozusagen gratis für zusätzlichen Schub beim Anfahren und Beschleunigen – und entlastet so den Verbrennungsmotor. „Dadurch lassen sich bis zu 25 Prozent Kraftstoff sparen“, verspricht Schöttle. Gleichzeitig soll der Fahrspaß durch den Boost-Effekt steigen.
Der besondere Charme dabei: Anders als bei konventionellen Hybridsystemen, die mit mehreren hundert Volt Spannung arbeiten, sind beim 48-Volt-Hybriden keine teuren Hochspannungs-Schutzsysteme nötig, weswegen er sich auch für den Einsatz in kostensensiblen Fahrzeugsegmenten eignet. Doch auch an anderer Stelle helfen die 48 Volt beim Sparen. So können zahlreiche bislang in der Regel vom Motor unter Kraftstoffeinsatz angetriebenem Nebenaggregate wie Servolenkung, Kühlmittelpumpe oder Klimakompressor künftig leichter elektrisch betrieben werden und dann nur noch bei Bedarf laufen. Für die Hersteller wird die dadurch mögliche Verbrauchseinsparung zunehmend wichtig, wollen sie die künftige CO2-Grenze von 95 Gramm pro Kilometer einhalten. Ohne die Elektrifizierung von Antrieb und Nebenaggregaten dürften die von der EU vorgegebenen Ziele kaum zu erreichen sein.
Das ist auch der Hauptgrund, warum sich die Spannungserhöhung diesmal wohl durchsetzen dürfte. Ein erster Versuch in den 90-Jahren – damals mit 42 Volt – scheiterte trotz intensiver Zusammenarbeit von Herstellern und Zulieferern nämlich grandios. Die Kosten waren im Vergleich zu Alternativlösungen einfach zu hoch, die für den Kunden spürbaren Vorteile zu gering. Letzteres hat sich nun aufgrund der Fortschritte bei der Hybridisierung geändert. Und: Diesmal ist nicht allein der Kunde der Maßstab, sondern auch der Gesetzgeber. Und der verlangt eben deutliche Verbrauchssenkungen.
Die Zulieferer zumindest haben sich bereits darauf eingestellt, künftig neben 12-Volt-Komponenten auch vermehr 48-Volt-Komponenten anzubieten. Die Marktdurchdringung beginnt nach Einschätzung von Bosch zunächst in der Oberklasse, wird aber auch bald darüber hinausgehen. Auf absehbare Zeit wird jedoch nicht jedes 12-V-Lämpchen durch ein 48-V-Lämpchen ersetzt werden müssen, denn zunächst wird das höherspannige Netz wohl nur als Zusatz zum bekannten Bordnetz eingesetzt werden. Der Friedrichshafener Zulieferer ZF etwa geht sogar davon aus, dass auch langfristig nicht das gesamte Pkw-Bordnetz auf 48 Volt umgestellt wird. Bei der Doppel-Auslegung profitieren die Zulieferer und Hersteller auch von der mittlerweile bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen gesammelten Erfahrung – denn auch die haben neben ihrem Hochspannungs-Netz noch konventionelle 12-V-Technik an Bord.
geschrieben von veröffentlicht am 31.07.2014 aktualisiert am 13.08.2014
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