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Jimmy Smith ist Taxifahrer in London und auf seinen Bürgermeister nicht sonderlich gut zu sprechen. Denn die Umweltzonen, die Boris Johnson ab 2018 in der britischen Hauptstadt ausweisen will, machen das Leben für den „Cabbie“ nicht eben leichter. Im Herzen der City und an all den Hotspots der Stadt haben die aktuellen Black Cabs dann nämlich nichts mehr zu suchen: „Nur gut, dass ich bis dahin in Rente bin“, sagt Smith.
Doch weil das nicht für alle der über 40.000 Taxifahrer in London gilt und weder Touristen noch Einheimische durch den typischen englischen Regen laufen wollen, arbeiten die Fahrzeughersteller mit Hochdruck an neuen Modellen, die zumindest lokal emissionsfrei fahren können und deshalb von Bürgermeister Johnson nicht ausgesperrt werden.
Das womöglich vielversprechendste Modell ist das New Metrocab, das der Ingenieur und Unternehmer Kamal Siddiqi lanciert hat. Dafür hat der indisch-stämmige Selfmade-Mann nicht nur über zwei Jahrzehnte lang an einem eigenen Elektroantrieb entwickelt, sondern auch die längst entschlafenen britischen Traditionsmarken Frazer-Nash als Holding und Metrocab als Hersteller aufgekauft. In einem kleinen Technologierpark um eine elegante Villa eine Stunde südwestlich von London tüfteln deshalb seit bald zehn Jahren über 200 Spezialisten am Taxi of Tomorrow und sind damit jetzt so langsam auf der Zielgeraden: Das erste Dutzend Autos ist gebaut und über zigtausend Kilometer erprobt, schon in diesem Sommer sollen Taxifahrer ihre neuen Dienstwagen testen und im ersten Quartal 2015 will Siddiqi mit der Produktion beginnen.
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Angetrieben wird der von einem italienischen Studio ziemlich klassisch gezeichnete und deshalb nicht eben hübsche Achtsitzer mit zwei jeweils 68 PS starken Elektromotoren, die auf die Hinterachse wirken. Sie speist ein Lithium-Ionen-Akku im Wagenboden, der binnen fünf Stunden an der Steckdose geladen ist und für bis zu 80 Kilometer reichen soll, verspricht Kamals Sohn Sheban, der das Marketing bei Frazer-Nash verantwortet. Weil 80 Kilometer aber selbst um Dauerstau von London ein bisschen wenig sind, man ja vielleicht auch mal raus nach Heathrow oder Stansted muss, und kein Taxler während der Ladezeit auf Umsatz verzichten will, hat Siddiqi noch einen Range-Extender eingebaut. Ähnlich wie im Opel Ampera aber ohne mechanische Verbindung zu den Rädern wirft er automatisch einen Generator an, wenn der Strom zur Neige geht, und garantiert so einen alltagstauglichen Aktionsradius. „Mehr als 500 Kilometer sind damit zu schaffen“, verspricht der Marketing-Chef und stellt in Aussicht, dass man den Dreizylinder-Benziner, der womöglich sogar von einem deutschen Hersteller kommen wird, nur ganz selten hört: „Denn acht bis zwölf Minuten reichen für eine Akkuladung; danach fährt man wieder eine Stunde nur mit Strom.“
Dieser Antrieb ist nicht nur die Eintrittskarte in die Zero-Emission-Zonen. Siddiqi Junio stellt den Taxifahrern auch eine deutliche Kostensenkung in Aussicht: Mit einem Preis „unter 50.000 Pfund“ soll sein New Metrocab nicht viel mehr kosten als ein konventionelles Black Cab. Aber weil der Normverbrauch bei kaum mehr als drei Litern liegen wird und man den Akku über Nacht für 1,50 Pfund laden, statt täglich 50 Pfund an der Tankstelle zu lassen, rechnet Siddiqi mit Einsparungen bis zu 10.000 Pfund im Jahr. „Und das ist doch das einzige, was für diese Unternehmer wirklich zählt“, ist der Marketing-Mann überzeugt: Nicht beim Gewissen, sondern beim Geldbeutel kann man die Taxifahrer packen.
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Aber nicht nur die Fahrer sollen vom Umstieg profitieren. Auch den Passagieren verspricht Siddiqi nur Vorteile: Weil die Antriebstechnik weniger Platz braucht und der Vorbau kürzer ist, lässt es sich auf der Dreierbank auch dann noch bequem sitzen, wenn die drei Klappsessel an der Trennwand zum Fahrer besetzt sind. Zum ersten Mal bügelt eine Luftfederung an der Hinterachse die wüstesten Schäden in den Straßen der Stadt aus. Es gibt es modernes Infotainment-System und als Clou ein Panoramadach, durch das man die ständig wachsende Skyline der Stadt genießen kann.
Wenn das New Metrocab hält, was Siddiqi verspricht und wenn vor allem seine Kostenrechnung aufgeht, sieht er allein für London und den Rest des Königreichs einen Markt von 3.000 bis 5.000 Fahrzeugen im Jahr. Und dabei will es der Firmenchef nicht belassen. Angeblich verhandelt er auch schon mit Städten in Asien und auf dem europäischen Festland. „Selbst in Deutschland führen wir Gespräche“, sagt Siddiqi.
Noch muss der Metrocab-Eigentümer dafür viel Überzeugungsarbeit leisten und obendrein noch ein bisschen an seinen bislang ziemlich fragilen Prototypen schrauben, damit sie den harten Alltagseinsatz überstehen. Doch erste Erfolge kann der Unternehmer schon verbuchen. Bürgermeister Johnson jedenfalls war von seiner Testfahrt so begeistert, dass er das Metrocab angesichts der himmlischen Ruhe als den „Rolls-Royce unter den Taxis“ lobte. Und auch Cabbie Jimmy Smith ist dem Reiz des leisen Riesen erlegen. Von seiner lautlosen Tour durch London jedenfalls war er so angetan, dass der Entschluss zur baldigen Rente bereits in Wanken gerät: „Vielleicht hänge ich doch nochmal ein paar Jahre dran“
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 18.07.2014 aktualisiert am 18.07.2014
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