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BMW
Groß und rund, satt in der Erscheinung – typisch 50er: Der landläufig als Barockengel bekannte BMW, der eigentlich auf die Typbezeichnungen 501 oder 502 hört, spiegelt den Zeitgeist seiner Epoche perfekt wider. Mit einer Mischung aus Bodenständigkeit und Showcar-Geist buhlt die Oberklasse um oldtimeraffine Kundschaft, besonders beliebt ist sie jedoch nicht. War sie auch damals nicht und riss BMW fast in den finanziellen Tod. Dabei sind die unkonventionellen BMW-Limousinen ein echter Geheimtipp.
Den Anfang machte 1952 der 501 mit zwei Liter großem Reihensechszylinder und 65 respektive 72 PS (53 kW). Bereits zwei Jahre später erhielt der 4,73 m lange Luxusliner acht Töpfe und 2,6 Liter Hubraum; zwar musste man noch immer mit bescheidenen 70 kW/95 PS auskommen, aber in puncto Prestige war und ist ein Achtzylinder eben unschlagbar. Wer aus heutiger Sicht auf die Barockengel-Typologie blickt, muss sich mit allerhand Bezeichnungen und Leistungsklassen herumschlagen. Bis zu 118 kW/160 PS leistet die nicht mehr auf den Namen 502 hörende heckgetriebene Limousine als 3200 S.
Wir führten ein recht spätes Exemplar mit 2,6-Liter-V8 und 81 kW/110 PS aus. Car Classics Cologne in Kerpen bietet ein solches Auto für 36.000 Euro an. Der ausgefallen gestylte Bayer mit den großen, an der C-Säule angeschlagenen Portalen präsentiert sich für den Kurs sympathisch patiniert, aber technisch weitgehend fit. Der Vergaser-V8 verschluckt sich dann und wann, beschleunigt die [foto id=“510971″ size=“small“ position=“left“]ausladend anmutende Fuhre aber hinreichend zügig. Auf eine Servolenkung muss man verzichten und beim Rangieren ordentlich am dünnen Lenkrad zerren. Dass die großen BMW als wahre Komfort-Oasen verstanden werden wollten, demonstriert bereits der leise und seidig laufende Motor. Er brabbelt gedämpft vor sich hin und kann von Kennern an der Klangfarbe als V8 erkannt werden. Der Hebel der Viergang-Lenkradschaltung rastet metallisch ein und erfordert keine sonderlich hohen Bedienkräfte, sondern etwas Feingefühl. Dennoch dürfte sich die Box auch von unerfahrenen Interessenten bedienen lassen. Der rechts sitzende Blinkerhebel bedarf einiger Gewöhnung – ebenso das Sammelsurium nicht beschrifteter Schalter, auch das gehört eben zum Zeitgeist der jungen Bundesrepublik.
Die weichen Sitze haben zwar Charakter, bieten aber weder Kontur noch Seitenhalt. Bitte unbedingt festhalten, sonst landet man auf dem Schoß des Sitznachbarn – jedenfalls gilt das für den Fond mit der durchgehenden Bank. Hier kann man Dank großer Beinfreiheit auch als groß gewachsener Insasse eine längere Strecke zurücklegen. Für den Fahrer bedeutet die lange Tour schon einen Tick mehr Arbeit, denn die Fahrwerke waren in den Fünfzigern zumindest gewöhnungsbedürftig aus der Perspektive moderner Autos mit aktueller Technik.
So sanft die mit Drehstäben ausgerüstete Rahmenkonstruktion selbst über harte Bodenwellen gleitet, so störrisch wankt sie durch enge Wechselkurven und mahnt zur Mäßigung. Immerhin: Nicht wenige fahrende Zeitgenossen konnten es deutlich schlechter. Dann eben bremsen (bei vielen Modellen rundum per Trommel), Herunterschalten – gelingt dank guter Synchronisation geräuschfrei – und erst auf der Geraden wieder an Tempo zulegen, wofür der Alu-Achtender in geschmeidiger Art und Weise sorgt. Von Sicherheitsgurten hielt man vor fünfzig Jahren noch nicht viel, diese Fummelei entfällt also, nachdem man den Barockengel geentert hat. Hinter das Steuer zu rutschen, ist etwas schwieriger als die restlichen Plätze zu erklimmen, denn der übergroße Volant behindert das Einsteigen.
Dafür fällt der Blick anschließend auf geradezu verschwenderisch eingesetzte Holzreserven und klar ablesbare Rundskalen. Die Tachonadel bewegt sich zitternd, so war das [foto id=“510973″ size=“small“ position=“left“]früher eben, als mechanische Komponenten noch dominierten. Der Uhr haben die einstigen Verantwortlichen eine stattliche Einzelskala gewidmet – einen Drehzahlmesser sucht man dafür vergebens. Der Barockengel entstammt einer Epoche, als solch exotische Features den Sportwagen vorbehalten waren. Und das ist der große BMW nun wirklich nicht. Dass vorbeilaufende Passanten sich umdrehen, wenn der vornehme Achtzylinder an ihnen vorbeistampft, verwundert trotzdem nicht.
Mit nur wenig mehr als 20.000 Einheiten war der Luxus-BMW schon zu Lebzeiten eher dünn gesät und stürzte den Konzern in die Verlustzone. Mit dem Auslaufen der Baureihe im Jahr 1964 (3200 CS Bertone bis 1965) war die V8-Ära zunächst beendet. Erst 1987 führte BMW mit dem 750i/iL überhaupt wieder ein Fahrzeug mit mehr als sechs Zylindern ein, und frische V8 wurden erst 1992 erneut auf den Markt gebracht. Die Zäsur, die die frühen V8-BMW mit sich brachten, macht sie nicht gerade uninteressanter.
1952: Der Produktion des Barockengel (mit Reihensechszylinder) läuft an 1954: Einführung der V8-Modelle 1958: Neue Modellbezeichnungen für die Limousinen – die Ziffer 501/502 entfällt 1959: Das Topmodell 3,2 Super bekommt serienmäßig Bremsscheiben vorn 1964: Die Produktion des Barockengel läuft aus
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Viertürige Oberklasse | |
Länge/Breite /Höhe (m): | 4,73/1,78/1,53 |
Radstand (m): | 2,84 |
Motor: | 2,6-l-V-Achtzylinder-Otto mit Zenith-Fallstromvergaser |
Leistung: | 81 kW/110 PS |
maximales Drehmoment: | 182 Nm bei 2.500 U/min |
Vmax: | 165 km/h |
0-100 km/h: | 17 s |
Ehemaliger Neupreis (1961): | 18.240 DM |
Heutiger Marktpreis nach Classic Data: |
Note 1: 65.000 Euro Note 2: 39.000 Euro Note 4: 22.500 Euro |
Ersatzteilpreise: |
Hardyscheibe: etwa 49 Euro Bremsscheibe: etwa 170 Euro Hupenknopf: etwa 120 Euro |
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 16.05.2014 aktualisiert am 16.05.2014
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