Land Rover

Panorama: Abenteuer Asien im Land Rover Discovery – Auf den Spuren Dschingis Khans

Toby ist müde und kaputt und will nur noch ins Bett. Sechs Stunden haben sie an der Grenze gestanden, sich 80 Kilometer durch den Schlamm gekämpft und dann noch eine frostige Nacht in Zelten an den ausgetrockneten Ufern des Aralsees verbracht. Kein Wunder, dass der Engländer sich nach Khiva gesehnt hat wie ein Wüstenwanderer nach einem Glas kaltem Wasser. Nicht, dass Khiva eine Traumstadt wäre, selbst wenn der Jahrhunderte alte Ortskern mit seinen vielen Moscheen und Minaretten zum Weltkulturerbe gehört. Doch hier gibt es ein Hotel, eine Dusche und ein Bett – alles andere ist dem Mann und seinen Mitfahrern heute egal.

8.000 Meilen in 50 Tagen

Dass Toby jetzt erst einmal eine Pause braucht, sei ihm gegönnt. Schließlich ist er schon ein paar Tage länger unterwegs: Land Rover feiert die Produktion des ein-millionsten Discovery und hat deshalb im Februar vier Exemplare des seit 20 Jahren gebauten Geländegängers auf eine einzigartige Expedition [foto id=“414844″ size=“small“ position=“left“]geschickt: 8.000 Meilen in 50 Tagen stehen auf dem Programm, bis Tobys Tross pünktlich zum Beginn der Motorshow in Peking eintrifft.

Am nächsten Morgen, frisch geduscht und halbwegs ausgeschlafen, sieht die Welt schon wieder ganz anders aus und Toby klemmt sich mit Neugier und Begeisterung hinters Lenkrad: Nach den Ausläufern Europas und dem schier endlosen Abschnitt durch Russland und Kasachstan geht es jetzt durch Usbekistan in Zentralasien: „Orient trifft Okzident“, wirbt das Fremdenverkehrsamt und erinnert die Briten daran, dass sie längst nicht die ersten Reisenden auf dieser Route sind. Den ziemlich genau gleichen Weg nahmen schon vor einem halben Jahrtausend die Händler zwischen China und Europa, die der Strecke ihren Namen [foto id=“414845″ size=“small“ position=“right“]gaben: Seidenstraße. Und glaubt man den Erzählungen von Mahrut, dem Guide, dann ist auch Dschingis Khan schon durch diese Wüste gezogen.

Auch wenn man heute das Auto oder zumindest den Bus nimmt und nicht mehr das Kamel, ist die Seidenstraße noch immer ein abenteuerliches Pflaster – oder besser eine abenteuerliche Piste. Denn über viele, viele Kilometer gibt es hier keinen Asphalt. Und wenn doch mal ein paar Tonnen Teer in der Wüste verteilt wurden, dann ist die Fahrbahndecke mittlerweile so löchrig, dass die bunt beklebten Discovery fast darin zu verschwinden drohen. „Eisig kalte Winter und im Sommer oft über 50 Grad, das macht die beste Straße kaputt“, sagt Mahrut und zuckt mit den Schultern.

Kein Wunder, dass Toby in seinem Discovery der König ist. Zwar kann man wohl nirgends so gut einen Geländewagen brauchen wie in Zentralasien. Doch ganz anders als bei uns sind die Allradler hier Mangelware – selbst ohne Glanz und Glamour eines modernen SUV. Hier mal ein Lada Niva, da mal ein UAZ [foto id=“414846″ size=“small“ position=“left“]Tigr, und sogar ein einziger Land Rover Defender begegnet dem Tross. Aber ansonsten ist Usbekistan ein Land der Kleinwagen und Stufenhecklimousinen.

Dabei sind die Autos aus sozialistischen Zeiten von der Straße mittlerweile weitgehend verschwunden. Überraschend wenig Lada und Wolga haben dem Rostfraß getrotzt und rumpeln wie vor 20 Jahren über die Buckelpisten. Heute gehört der Markt vor allem Chevrolet. Die US-Marke, die einen gefühlten Zulassungsanteil von über 80 Prozent hat, betreibt gleich zwei Werke in Usbekistan und macht als Quasi-Monopolist das gesamte Land mobil. „Importautos aus Europa, Japan oder Amerika sind bei uns kaum zu bekommen“, erläutert Mahrut. Der alte Daewoo Matiz und der neue Chevrolet Spark sind in Usbekistan deshalb Familienkutsche, Streifenwagen und Billigtaxi. Wer es zu etwas gebracht hat fährt Daewoo Nexia [foto id=“414847″ size=“small“ position=“right“]oder Chevrolet Lacetti. Der Captiva dagegen ist in den Straßen von Samarkand und Taschkent so selten wie bei uns eine Mercedes S-Klasse.

Verkauft werden diese Chevrolets von Menschen wie Akbar. Er ist Vertriebschef im größten Autohaus von Buchara und steht stolz hinter seinem blank polierten Tresen. Nur um ihn herum herrscht gähnende Leere wie früher zu Zeiten der Sowjetunion. Nicht dass die Autos knapp wären. Die Lieferfrist liegt bei gerademal einem Monat. Und Platz hätte Akbar auch genug, um die Chevrolet-Modellpalette auszustellen. „Aber das ist hier einfach nicht üblich“, sagt der Verkäufer und lässt den Blick durch den leeren Showroom schweifen: Ein paar Poster, die Preisliste an der Wand und das Sofa in der Ecke müssen reichen, damit er und die immerhin 600 bis 700 Kunden jährlich sich einig werden: „Probefahrten kennt man hier nicht. Die Leute [foto id=“414848″ size=“small“ position=“left“]kaufen ihr Auto und danach erklären wir ihnen bei einer Spritztour über den Hof, wie es funktioniert“. So einfach funktioniert der Autohandel in Usbekistan.

Der perfekte Lack

Zwar gibt es in seinem gespenstisch leeren Laden ein paar verwitterte Farbtabellen. „Aber da schaut ohnehin keiner drauf“, sagt Akbar. In der Hauptsatdt Taschkent und vielleicht noch in Samarkand sieht man auch mal ein rotes oder ein grünes und selten ein schwarzes Auto. „Aber hier bei uns in der Wüste wollen die Kunden ohnehin nur eine Farbe: Weiß“. Denn auch wenn es wohl nirgends so staubig und schmutzig ist wie in dem Wüstenstaat, der sich sehr zu Lasten des Aral-Sees zum Garten Zentralasiens aufgeschwungen [foto id=“414849″ size=“small“ position=“right“]hat, ist das der perfekte Lack, erläutert Akbar: „Das Auto heizt sich weniger auf und man sieht den Dreck nicht so.“

Die Sache mit der Hitze mag ja stimmen. Doch die Geschichte mit dem Dreck ist ein modernes Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Schon jetzt kann man das Weiß unter der dicken Schlamm- und Staubkruste des Discovery kaum mehr erkennen, und der schlimmste Abschnitt der Seidenstraße steht dem Tross erst noch bevor: Entlang der Grenze nach Turkmenistan quälen wir uns stundenlang über eine katastrophale Piste, die sich wie ein Hindernisparcours durch die Wüste windet. Zwar bauen sie nebenan gerade eine Autobahn, auf der die Amerikaner irgendwann einmal den Nachschub nach Afghanistan bringen wollen. Doch egal ob Sattelschlepper, Sammeltaxis, Überlandbusse, Familienkutschen oder die Hightech-Ufos aus [foto id=“414850″ size=“small“ position=“left“]England, alle plagen sich über dieselbe Buckelpiste. Es grenzt deshalb fast an ein Wunder, dass zwischen Birmingham und Buchara bislang nur ein einziger Reifen dran glauben musste.

Tanken …

„Gut dass nicht mehr passiert ist“, sagt Toby. Denn den Pannenservice von Usbekistan möchte er lieber nicht ausprobieren. Schließlich ist schon das Tanken kompliziert genug. Zwar gibt es alle paar Kilometer Tankstellen, die riesig groß sind und brandneu aussehen. Nur haben die dummerweise in der Regel keinen Sprit. „Kaum kommt eine neue Lieferung, wird das Benzin auch schon abgezapft und in den Hinterhöfen gebunkert“, erläutert Mahrut. Man braucht deshalb schon ein paar Kontakte und einen Fürsprecher für die Logistik. Deshalb erledigt der Guide ein paar Telefonate, dicke Geldbündel wechseln den Besitzer und wie aus dem Nichts steht plötzlich ein Daewoo Nexia mit einem Kofferraum voller Kanister vor dem Hotel und macht den Parkplatz zur Tankstelle: Mit Schlauch und Trichter werden die Discoverys aufgefüllt, der Sprit schwappt in den Sand und jeder hofft, dass sich jetzt keiner einer Zigarette ansteckt. Der Sprit kostet zwar doppelt so viel wie an der Tankstelle, aber man bekommt ihn zumindest und die Fahrt kann weitergehen. [foto id=“414851″ size=“small“ position=“right“]“Manche sagen Schwarzmarkt dazu“, räumt freimütig Mahrut ein: „Aber für uns ist das so etwas wie der Beginn der freien Marktwirtschaft.“

8.000 Meilen in 50 Tagen – das klingt spektakulär. Und ist es auch. Jeder Kilometer durch Länder wie Usbekistan wird sich so oder so in die Erinnerung der Teilnehmer einbrennen. Und kaum ein europäischer SUV-Fahrer wird aus der Ferne glauben, wie mühelos Autos wie der Discovery solche Herausforderungen meistern. Doch wenn Mahrut ehrlich ist, kann er über den Konvoi aus England nur lachen. Ein paar Tage noch, dann ist seine Mission kurz vor der chinesischen Grenze zuende. Während Toby die letzte Etappe nach Osten beginnt, macht sich der Guide auf den weniger komfortablen und dafür noch abenteuerlicheren Heimweg – in einem alten Lada.

Video: Land Rover Discovery am Aral-See

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