Panorama: Barrett-Jackson Auktion – Showtime in Scottsdale

Dieses Tempo! Wenn Spankys Stimme mal so richtig in Fahrt kommt, klingen selbst die radikalsten Rapper wie stotternde Klippschüler. Denn Spanky, der mit bürgerlichem Namen Tom Assiter heißt, schwingt den Hammer beim Auktionshaus Barrett-Jackson und spricht flotter als eine Kassette im schnellen Vorlauf. Zumindest wenn er auf der Bühne steht. Und da stand er in der letzten Woche verdammt oft: Nicht umsonst ist er der Chef von knapp einem Dutzend Auktionatoren, die beim Heimspiel von Barrett-Jackson in Scottsdale in sechs Tagen fast 1.400 Autos versteigert haben. Das macht die Veranstaltung, die jedes Jahr im Januar die Auktionssaison eröffnet, zur weltweit größten Auktion ihrer Art.

Spankys fast hypnotischer Singsang gehört genau wie die[foto id=“451045″ size=“small“ position=“right“] jeweils ganz eigene Sprachmelodie seiner Kollegen zur Show und die Zuschauer hängen an seinen Lippen, als wär der Mann mit dem dunklen Anzug und der roten Krawatte ein Popstar. Dabei ist er eigentlich nicht viel mehr als ein Marktschreier – nur dass er statt Äpfeln Autos anpreist.

Die sind in Scottsdale so breit gefächert wie auf sonst kaum einer anderen Versteigerung. Zwar schlägt das Herz von Craig Jackson, der als Chef des Auktionshauses die meiste Zeit neben Spanky sitzt und die Bieter mit launigen Zwischenrufen anstachelt, für mächtige Muscle Cars, Hot Rods und Rennwagen. Doch rufen die Auktionatoren auch europäische Klassiker vom Bugatti bis Benz auf, winken Cadillacs und Duesenbergs aus der Vorkriegszeit auf die Bühne und bringen selbst vergleichsweise gewöhnliche Autos wie einen halbwegs aktuellen Mercedes SLK oder einen Jaguar XK unters Volk. „Wir wollen einfach für jeden etwas bieten“, sagt Jackson. Das gilt für das Alter der Autos genauso wie für den Preis. So spannt sich der Bogen von Schnauferln aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts bis zum Recht auf den Kauf der allerersten Chevrolet C7, die nach dem Generationswechsel erst im Sommer vom Band laufen wird oder vom Fiat Spyder für nicht einmal 7.000 Dollar bis zum Mustang-Prototypen aus Caroll Shelbys Tuningwerkstatt für fast zwei Millionen. Und fast jedes Auto findet hier einen Käufer: „Von den 1.400 Fahrzeugen haben nur 18 ein Mindestgebot, viel bleibt da am Ende der Auktionswoche also nicht zurück“, sagt Jackson. „Im letzten Jahr zum Beispiel war es nur ein einziges Auto, das wir nicht verkauft haben.“

[foto id=“451046″ size=“small“ position=“left“]So bunt gemischt wie die Autos ist auch das Publikum – und genauso leger. Wo man in Pebble Beach im feinsten Golfclub Kaliforniens residiert und die Europäer ihre Klassiker still und heimlich in piekfeinen Luxushotels verkaufen, drängen sich in Scottsdale tausende in Shirts und Short in ein Zelt, das größer ist als der Hanger für einen Airbus A 380 und folgen in Shorts und Shirts der spektakulären Spanky-Show.

Besonders in Fahrt kommt der Chefauktionator traditionell am späten Samstagnachmittag. Dann ist Primetime auf dem „Auction Block“, im Zelt drängeln sich zehntausend Menschen und Spanky spricht noch schneller als sonst. Denn jetzt kommen die edelsten, seltensten und teuersten Autos unter den Hammer und Spanky muss besonders große Zahlen herunter rattern. Das sind Millionendeals im Minutentakt, wenn Bugatti, Bentley und das legendäre Batmobil von Hollywood-Legende George  Barris versteigert werden. Der Wagen bringt am Ende 4,2 Millionen ein und wird zum teuersten Auto dieser Woche. Aber auch Clark Gables Mercedes 300 SL für 1,85 Millionen Dollar oder der vermutlich einzige im Privatbesitz befindliche Prototyp des Porsche 959 für 454.000 Dollar oder der seltenste Shelby Mustang aller Zeiten für knapp zwei Millionen Dollar bringen Spankys Stimmbänder ordentlich ins Schwitzen. Und als dann auch noch der private Pick-Up von US-Präsident George W. Bush verkauft wird, bitter er sogar Hilfe auf die Bühne, überlässt Talkmaster Jay Leno die Rolle des Marktschreiers.

Oldtimer, Klassiker, Hotrods und PS-Raritäten[foto id=“451047″ size=“small“ position=“right“] wie sie bunter kaum sein könnten, und dazu eine grandiose Show auf der Bühne – das macht Scottsdale nicht nur zum Ziel für Auto-Afficionados und kauflustige Sammler. Auf die rund 5.000 registrierten Bieter kommen noch einmal 300.000 Zuschauer, die auf dem riesigen Areal eine gewaltige PS-Party feiern. „Das ist wie eine Mischung aus Motorshow, Autorennen und Tuninggipfel“, schwärmt Kevin aus Denver, der einen ganzen Tag lang im Auto saß, bis er endlich in Scottsdale war: „Fast wie Euer Oktoberfest, nur dass es hier um Oktan und nicht um Promille geht“.

Das stimmt allerdings nicht so ganz. Denn nicht nur das runde Dutzend riesiger Zelte, in denen die 1.400 Autos die ganze Woche über zur Besichtigung ausgestellt sind, erinnert verdächtig an die „Wies’n“, sondern auch der Lärm- und Alkoholpegel rund um die Auktionshalle. Dort kommen die knapp geschürzten Kellnerinnen kaum mit dem Ausschenken nach, während  drinnen die Bieter mit kostenlosen Drinks bei Laune gehalten werden.

[foto id=“451048″ size=“small“ position=“left“]Im Zelt schreit „Spanky“ und treibt die Preise mit flotten Sprüchen und frechen Scherzen  weiter in die Höhe. Draußen brüllt die Musik aus den Boxen gegen den röhrenden Sound der Achtzylinder von Corvette & Co an, mit denen sich die Gäste über eine eigens eingerichtete Rennstrecke chauffieren lassen können. Vor allem abends versteht man deshalb kaum mehr sein eigenes Wort. Trotzdem sind alle irgendwie glücklich und jubeln lautstark: Die Zuschauer, weil sie ein grandioses Spektakel erleben. Die früheren Besitzer, weil fast alle der 1 400 Autos einen Käufer gefunden haben. Die neuen Besitzer, weil sie einen Traumwagen mehr in ihre Garage stellen können. Und Craig Jackson, weil zu der insgesamt rund einer Milliarde Auktionsumsätze seit der ersten Versteigerung vor 42 Jahren nun schon wieder rund 100 Millionen Dollar hinzukommen. Nur einer geht am Ende der aufregenden Woche ungewöhnlich leise von der Bühne: Chef-Auktionator „Spanky“ gibt jetzt erst einmal ein paar Tage Ruhe.

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