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Fiat
So richtig trauen die deutschen Autofahrer wohl Erdgas (CNG) als Treibstoff nicht. Dabei gibt es in Deutschland fast eintausend Erdgas-Tankstellen, eigentlich genug für eine halbwegs flächendeckende Versorgung, wenngleich sich die absolute Zahl gegenüber den rund 15.000 konventionellen Zapfstellen natürlich klein ausnimmt. Aber wer sich beispielsweise auf eine gewisse Spritmarke kapriziert, hat ein ähnliches Problem. So gibt es auch nur rund eintausend Esso- oder Total-Stationen, nur deren Sichtbarkeit ist eben besser als die von Erdgas-Tankstellen.
Diesen Umstand beklagen auch die Verantwortlichen von Erdgas Mobil, den Infrastruktur-Spezialisten für das Thema Erdgas. Doch das wahre Problem scheint ein anderes. Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (Dena), weiß aus eigener Erfahrung, dass die Autoverkäufer lieber Diesel an den Mann bringen. Und das Angebot an Erdgasmodellen ist wahrlich klein – es gibt insgesamt kaum mehr als 20 verschiedene Autos am Markt. Fiat offeriert alleine fünf Fahrzeuge und ist damit führend beim Erdgas-Antrieb.
Eines davon ist der praktische 500 L; der kompakte Van im ausgefallenen Stil bietet großzügige Platzverhältnisse für Mensch und Gepäck. Ein idealer Begleiter für einen Langstrecken-Praxistest. Wir haben die Erdgas-Version Natural Power für einen Trip gen Süden von Berlin an die Mittelmeerküste eingesetzt. Eines sei vorweggenommen: Liegen bleibt man mit dem bivalenten Antrieb nicht. Zur Not hat der Fünfhunderter neben dem CNG-Behälter einen Benzintank in regulärer Größe (50 Liter) an Bord. Aber Benzin tanken mit einem Gasauto, das das muss nun wirklich nicht sein. Zumal der durchschnittliche CNG-Kurs bei 1,11 Euro je kg liegt. Erdgas wird nämlich nicht in Litern, sondern je Kilogramm abgerechnet – und ein kg CNG entspricht 1,5 Litern Benzin, wie Stephan Kohler erläutert. Das sorgt für zusätzliche Verwirrung, denn Unbedarfte vergleichen oft die ausgeschilderten Preise, rechnen aber nicht um – die so gefühlte Ersparnis ist demnach geringer als die tatsächliche. Umgerechnet auf Benzin-Maßstäbe kostete der Liter im Schnitt rund 75 Cent. Da kann man getrost mal eine Tankstelle links liegenlassen, die CNG eben nicht im Sortiment führt.
Das Betanken selbst geht kinderleicht von der Hand. Einfach die Pistole mit einem Klicken auf dem Anschluss arretieren, dann wird der „Start“-Knopf an der Säule gedrückt. Wenn die beiden Tanks im 500 L gefüllt sind, stoppt die Anlage automatisch, und der Schlauch samt Pistole ist – ebenso simpel – wieder zu entfernen.
Fiat liefert den Natural Power-Antrieb lediglich in Verbindung mit der 0,9 Liter großen Twinair-Maschine (Zweizylinder), da hinter der Erdgas-Offerte nicht nur ein ökonomischer, sondern auch ökologischer Gedanke steckt. Besonders umweltfreundlich fährt man, wenn die Tankstelle reines Bio-Erdgas anbietet. Dann liegt die tatsächliche CO2-Einsparung bei über 90 Prozent. Das Biogas gibt es an rund 14 Prozent der Stationen. Bei Gasbetankung schwingt sich der charakteristisch sirrende Turbo zu 59 kW/80 PS auf, genug für den alltäglichen Einsatz, sofern der Eigner keine motorsportlichen Ambitionen verfolgt.
Nun liegen über 1.500 Kilometer vor uns, das Streckenprofil ist bunt gemischt. Es geht los in Berlin; die Autobahnen A9, A5, A3 und A7 bringen uns zügig und abenteuerarm über Frankfurt am Main und Würzburg nach Innsbruck. Wir schaffen es, der Autohöfe sei Dank, tatsächlich, zunächst keinen Tropfen Benzin nachzutanken, überwinden nachts den Fernpass Reutte mit über 1.200 Höhenmetern – aber brauchen locker eine Hand voll Tankstopps sowie den einen oder anderen Umweg, um nicht doch Benzin nachzufüllen.
Man kann den Twinair mit 4, aber auch 6 kg Gas (umgerechnet 6 bis 10 l Benzin) bewegen – der Fahrer selbst hat es mit seinem Fahrstil in der Hand. Die Energiekosten sind in jedem Fall unschlagbar im Vergleich zu Benzin, das zeichnet sich schnell ab.
Der interessantere Teil der Reise beginnt zweifellos ab Innsbruck. Hier verabschieden wir uns von der Autobahn und geben den Landstraßen den Vorzug – so kann man die malerischen Alpen besser genießen und deren Umland. Es geht die schmalen Straßen des Brenners hinauf, jetzt muss der 80 PS-Twin ganz schön malochen, um den 1,5-Tonner die Steigungen überwinden zu lassen. Runterschalten und durch, lautet die Devise: Ein Performance-Auto ist der Italiener nicht, aber seine Allroundfähigkeit erweist sich binnen rund eintausend Kilometern als tadellos. Nach einer spannenden Serpentinen-Fahrt entdecken wir das Grenzschild „Italia“ – es markiert ganz unspektakulär das erste kleine, alpenumsäumte Örtchen Südtirols.
Fremdsprachen-Muffel müssen sich noch keine Sorgen machen, denn auch wenn die Autokennzeichen ab jetzt italienisch sind, die Amtssprache soll noch einige Kilometer lang deutsch bleiben. Wir passieren Bozen, aber sind rastlos. Wir wollen weiter, wollen dorthin, wo man uns auf Italienisch begrüßt. Die Sitze des 500 L jedenfalls hindern uns nicht daran, viele hundert Kilometer am Stück abzuspulen. Dass jemand, der knapp 21.000 Euro für seinen fahrbaren Untersatz ausgibt, keine Oberklasse bekommt, leuchtet ein – aber Reisetauglichkeit gibt es in diesem 4,14 m-Alleskönner definitiv.
Also fahren wir über Land nach Verona; nachdem wir die Alpen hinter uns gelassen haben, wird die Gegend flach und grün. Gas getankt haben wir in der Nähe von Belluno, einem kleinen Alpenstädtchen im Norden. Erdgas nachfüllen in Italien funktioniert anders als in Deutschland oder Österreich – die Zapfsäulen finden sich nicht bei den konventionellen Benzin-und Dieselpistolen namhafter Marken, es handelt es sich meist um eher schmuddelige Hinterhöfe, wo der Benzinaio mit einem Bündel Geld entweder auf einem Schemel sitzt oder das Tanken übernimmt.
In Italien fahren fast eine Million solcher Autos auf den Straßen, da ist reger Betrieb an den Tankstellen. Bitte unbedingt Bargeld vorhalten, denn die Kartenakzeptanz ist hier gering. Und sonntags haben die Tankstellen zu, was uns dazu gezwungen hat, den Benzintank nachzufüllen. Also sind wir dem Meer auf teurem Super entgegengefahren. Trotzdem gilt: Mit Erdgas im Tank nach Italien zu kommen ist kein Problem, es ist tatsächlich möglich, einen Bogen ums Benzin zu machen. Nur sonntags bleibt der Gashahn zu, das sollte bei der Planung berücksichtigt werden.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 11.07.2014 aktualisiert am 11.07.2014
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