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BMW
Auf den ersten Blick sieht der dunkle 760Li aus wie jeder andere Siebener BMW. Doch spätestens wenn der Chauffeur den Schlag der Azuritschwarz lackierten Limousine öffnet und Besitzer Robert Cao seinen Gast zu sich auf die Rückbank bittet, merkt auch der letzte Laie, dass hier nichts mehr so ist, wie er es vielleicht kannte: Wo man sonst selbst bei so einer Luxuslimousine noch reichlich Kunststoff sieht, prangt jetzt etwa auf den Lüfterjalousien, den Kleiderhaken, dem Schaltknauf, den Becherhaltern oder den Türtafeln mit Goldfäden handvernähtes Leder in Amaro-Braun, in Kopfstützen und Türleisten entdeckt man individuelle Prägungen und Gravuren und vorn in der Pianolack-Konsole über dem Handschuhfach hat ein Künstler chinesische Schriftzeichen aus Blattgold eingelegt: „Keine Angst vor harter Arbeit, sich nicht unterkriegen lassen und immer ein bisschen mehr tun als die anderen“, steht dort geschrieben, übersetzt Cao und sein freundliches Lächeln wird immer breiter.
Dieser Spruch ist einer der Gründe dafür, dass Cao nicht selbst am Steuer sitzt, sondern sich durch Shanghai chauffieren lassen kann. Und das nicht in irgendeinem Siebener, sondern im wahrscheinlich teuersten Siebener der Welt. „Keine Angst vor harter Arbeit“ – das war das Motto, mit dem [foto id=“471518″ size=“small“ position=“left“]Caos Vater vor 25 Jahren seine erste Firma gegründet und mit dem Export von Christbaumkerzen den Grundstein für ein Industrie-Imperium gelegt hat, das Cao zu einem der 200 reichsten Männer in China und zu einem Berater im Stab der Regierung machte.
Als Dank dafür hat Cao Junior seinem alten Herren zum Firmenjubiläum vor drei Jahren eben jenen Siebener geschenkt, den er sich jetzt für die Tour durch Shanghai noch einmal ausgeliehen hat. Schließlich schwört die Familie auf die Autos aus Bayern, seit der Vater einmal einen Unfall in einem alten Siebener nur mit ein paar Schrammen überstanden hat.
Dass der Jubiläums-Siebener auf den ersten Blick vergleichsweise dezent aussieht und selbst die Sonderlackierung schnell unter dem Straßenstaub von Shanghai verschwindet, damit kann Cao gut leben: „Wir tragen den Pelz lieber nach innen“, sagt der Milliardär und legt Wert darauf, dass er nicht protzen muss. Doch dass in diesem Auto kein gewöhnlicher Millionär fährt, erkennen zumindest Chinesen schon am Kennzeichen: „Die Neun ist in unserem Kulturkreis das Zeichen für Macht“, erläutert der Firmenmagnat und setzt ein selbstzufriedenes Lächeln auf, [foto id=“471519″ size=“small“ position=“right“]als er aufs Nummernschild deutet: B-PY-999.
Bestellt hat Cao den Wagen ganz normal über seinen BMW-Händler in Peking. Aber die individuelle Ausstattung des Siebeners hat Cao nicht nur persönlich ausgesucht, er hat buchstäblich selbst daran mitgearbeitet: Weil er ohnehin alle paar Wochen in Deutschland ist, wollte er sich den Besuch bei der Individualisierungsabteilung der M GmbH in Garching nicht nehmen lassen und hat dort lange mit den Experten über jedes Detail diskutiert. Bei der Belederung der Kunststoffteile, bei der Sonderlackierung und den „25“-Schriftzügen zur Erinnerung an das Firmenjubiläum war man sich schnell einig. Aber als es um das Lebensmotto des Herrn Papa ging, wollten die Bayern schon die Segel streichen. „Es konnte ja keiner Chinesisch und wusste deshalb nicht, wie der Schriftzug hätte aussehen sollen“, erinnert sich Cao, der deshalb am Ende selbst die Vorlage lieferte und so tatsächlich persönlich Hand an das Fahrzeug legte. Danach hat es allerdings noch rund ein Jahr gedauert, bis alle Arbeiten umgesetzt waren [foto id=“471520″ size=“small“ position=“left“]und er seinem Vater das Auto in die Garage stellen konnte – direkt neben den zerbeulten Unfallwagen von einst, der als eine Art Talismann einen Ehrenplatz im Hause Cao hat.
Der individuelle Geschmack hat freilich seinen Preis: „Kleine Verfeinerungen gibt es schon für wenige tausend Euro. Aber nicht zuletzt der Siebener von Herrn Cao zeigt, wie weit man mit uns den Bogen spannen kann“, sagt Christian Humele, der bei der M GmbH die Vertriebsstrategie und -planung leitet: „Allein die Goldintarsien haben 25.000 Euro gekostet und die Lederarbeiten schlugen mit 30.000 Euro zu Buche. Unter dem Strich stecken da rund 100.000 Euro für die Individualisierung drin.“ Mit Steuern und Gebühren hat Cao am Ende rund 3,6 Millionen RMB oder nach damaligem Kurs umgerechnet etwa 360.000 Euro an die M GmbH überwiesen. „Das macht seine Limousine zum teuersten Siebener der Welt“, sagt Humele, der den schwarzen Luxusliner so schnell wohl nicht vergessen wird.
Dabei sind die Mannen der M GmbH einiges gewohnt, denn der Grad der Individualisierung und damit auch ihre Arbeit nimmt ständig zu, berichtet Humele: „Für uns sind solche Sonderwünsche mittlerweile fast alltäglich.“ Konkrete Zahlen will er zwar aus Wettbewerbsgründen lieber nicht nennen. Doch haben die rund 40 Spezialisten der Individual-Abteilung ständig ein paar Dutzend Autos in der Mache. „Vor allem Siebener, [foto id=“471521″ size=“small“ position=“right“]Sechser, X5 und X6 stehen bei unseren Kunden hoch im Kurs“, sagt Humele. Die meisten davon bleiben in Europa, wo es die Kunden gewohnt sind, ein paar Wochen auf ihre Autos zu warten.
Dann bekommt man aber nicht nur Sonderlacke, spezielle Felgen, ein anderes Leder oder ein paar neue Zierleisten. Selbst kleinere Eingriffe in die Karosserie sind machbar, wie der Siebener eines japanischen Stammkunden beweist. Weil der sich partout nicht damit abfinden wollte, das BMW keinen M7 baut, hat er sich seinen 760i zumindest optisch auf Muskeln trimmen lassen und sogar die M-typischen Kiemen im Kotflügel bekommen. „Geht nicht, gibt’s bei uns nicht“, so Humele: „Grenzen akzeptieren wir nur dort, wo sicherheitsrelevante Teile wie Airbags oder Gurte betroffen sind.“
Wenn Robert Cao solche Statements hört, nickt er nur wissend und lässt den Blick noch einmal über das Leder und das Lebensmotto seines Vaters vorne über dem Handschuhfach streifen. Jedes Mal, wenn er in diesem Auto sitzt, freut er sich aufs Neue an dem ebenso prunkvollen wie dezenten Ornat, das die M GmbH aufgetragen hat und weint dem vielen Geld keine Träne hinterher. Nur ein Extra hätte sich Herr Cao eigentlich sparen können: Den 544 PS starken Zwölfzylinder, von dem doch nur sein Chauffeur profitiert. „Die Straßen voll und das Tempo auf 120 limitiert: Bei uns macht Autofahren doch sowieso keinen Spaß“, sagt der Milliardär – und setzt sich wieder nach hinten.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 21.06.2013 aktualisiert am 21.06.2013
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