Land Rover

Panorama: Land Rover in Dubai – Die heimliche Hauptstadt

Als die Vereinigten Arabischen Emirate im letzten Jahr ihren 40. Geburtstag gefeiert haben, konnte sich Robin Colgan an den alten Schwarz-Weiß-Fotos gar nicht satt sehen. Nicht dass dem jungen Briten die Scheichs auf den blassen Bildern etwas gesagt hätten. „Doch die einzigen Autos, die man auf den Fotos erkennen konnte, waren Land Rover“, freut sich der Mann im dunklen Maßanzug.

Das ihn das freut, ist kein Wunder, schließlich ist Colgan nicht irgend ein „Expat“, einer der vielen ausländischen Geschäftsleute am Golf. Sondern er verantwortet für Land Rover den Vertrieb in der Region Middle East und ist damit ein besonders wichtiger Mann bei der britischen Traditionsmarke. Denn so richtig viel hat sich in den letzten 40 Jahren für die Briten am Golf kaum geändert. Klar gibt es jetzt perfekt asphaltierte Straßen anstelle der staubigen Wüstenpisten, und mittlerweile fahren die Emiratis auch jede Menge andere Autos vom billigen Kleinwagen bis zur Luxuslimousine. Doch nach wie vor bestimmt Land Rover zumindest in der gehobenen Gesellschaft das Bild. Das zahlt sich aus: „Bezogen auf die Bevölkerung verkaufen wir nirgendwo auf der Welt so viele Range Rover wie in dieser Region“, sagt Colgan über das Flaggschiff der Allrad-Marke.

Niemand weiß das besser als Helal Hanei Helal Omar. Er arbeitet für den Generalimporteur Al-Tayer und ist Colgans [foto id=“406263″ size=“small“ position=“right“]“Bestseller“. Schon zum fünften Mal in Folge hat Omar für den Showroom in der Sheik Zayed-Road jetzt die begehrte Auszeichnung „größter Range-Rover-Händler der Welt“ bekommen. Wie viele Autos im Jahr er genau verkauft, will er lieber nicht verraten. „Aber es ist eine deutlich vierstellige Zahl. Und da sind Discovery, Freelander und Defender noch nicht mitgerechnet“, sagt Omar stolz. Er und sein halbes Dutzend Verkäufer bringen damit also in einem einzigen Showroom so viele Range Rover an den Mann, wie die Hälfte aller deutschen Land Rover-Händler zusammen. Wo sich ein Händler in Deutschland schon über ein, zwei Range Rover-Verkäufe im Monat freut, sind es hier mindestens drei am Tag.

Dass Omar so viele Autos verkauft, verdankt er nicht nur der Lust an Protz und Prunk und ihrem Faible für englische Autos, vor allem der großzügigen Ader der Araber. „Wer es zu etwas gebracht hat in diesem Land, der macht gerne Geschenke“, sagt Omar. Und statt Blumen oder Pralinen gibt es als kleine Aufmerksamkeit zwischendurch am Golf gerne auch mal ein Auto: „Dass jemand bei uns übers Jahr 100 Range Rover nur zum Verschenken kauft, ist deshalb keine Ausnahme.“

Land Rover ist am Golf aber nicht nur auf der Straße und im Handel besonders präsent. Nicht umsonst hat Al Tayer schon acht Land Rover-Showrooms in Dubai und den neunten bereits [foto id=“406264″ size=“small“ position=“right“]im Bau. „Natürlich noch größer und noch schöner“, prahlt Omar und lässt den Blick durch einen Saal schweifen, der jeder Schule als Turnhalle genügen würde. Sondern auch die Entwickler aus England sind häufig in den Emiraten zu Gast. Denn wo ihre Autos überall sonst auf der Welt doch nur auf dem Boulevard statt der Buckelpiste gefahren werden, nehmen die Scheichs ihre Land Rover tatsächlich hart ran: „Einmal pro Woche in die Wüste, das ist bei uns ganz normal“, sagt Omar und meint dabei keine Fahrten auf Feldwegen oder Schotterpisten. Sondern wenn die Scheichs wirklich ihren Spaß haben wollen, dann blasen sie auch mit dem Range Rover durch die Dünen und toben mit Vollgas in der Wüste wie kleine Kinder durch den Sandkasten.

„Das müssen wir bei der Entwicklung durchaus berücksichtigen“, bestätigt Colgan und erzählt von einem eigenen Testcenter, das Land Rover aus diesem Zweck am Golf unterhält. Neben dem Sand ist es vor allem das Klima, das den Prototypen in der Region zusetzt. „Im Sommer haben wir hier Temperaturen über 50 Grad. Und weil der Regen verdunstet, bevor er den Boden erreicht, steigt die Luftfeuchtigkeit oft auf 100 Prozent. Das sind Bedingungen, die den Autos das Äußerste abverlangen“, erläutert Colgan. Deshalb profitieren von den Tests in der Wüste nicht nur die Araber. „Sondern ein Auto, das in Dubai durchhält, dem kann auch der Sommer in Europa oder Amerika nichts anhaben“, sagt Colgan. Auch das ist neben der politischen Rolle der Briten am Golf schließlich ein Grund dafür, weshalb die Araber sich schon vor über 40 Jahren zumeist für einen Land Rover entschieden haben

Dass die Emiratis so gerne Land Rover fahren liegt für Colgan aber nicht nur an der Technik und den anhaltend engen Beziehung zwischen den [foto id=“406265″ size=“small“ position=“right“]Scheichs und den Briten, die den Golf viele Jahre als Protektorat verwaltet haben. Sondern es war auch ein wenig Glück im Spiel, ist der Gebietsleiter überzeugt. Vor allem bei der zeitlichen Abfolge. Damals, als die noch bitterarmen Araber Interesse am Auto fanden, war der Land Rover eines der wenigen Fahrzeuge, mit dem man sich in einem Land quasi ohne Straßen aber mit jeder Menge Wüste überhaupt fortbewegen konnte. Und just zu jener Zeit, in der in den Emiraten die ersten Ölvorkommen entdeckt wurde und der Reichtum einsetzte, feierte als erster Luxus-Geländewagen der Welt der Range Rover seine Premiere.

Auch jetzt passt die Produktplanung wieder perfekt in den Lauf der Geschichte. Denn so ganz langsam erkennen auch die Scheichs, dass das Öl nicht ewig sprudelt und der Boom vielleicht irgendwann ein Ende hat. Nicht dass Dubai deshalb auf die Bremse treten würde. Aber allem Anschein nach schaltet das Emirat zumindest einen Gang zurück. Da kommt den Emiratis ein kleineres und vernünftigeres Auto wie der Evoque gerade recht. „Anfangs hatten wir gewisse Zweifel, ob so ein kleiner Range Rover in dieser Region funktionieren würde“, räumt Gebietsleiter Colgan ein. Aber die Sorge kann ihm sein Best-Seller Omar nehmen: Seit die lokalen Meinungsführer einen Evoque auf dem Hof haben, kann sich Al Tayer vor Bestellungen kaum retten. „Wir mussten über Nacht die Quoten ändern und mehr Autos ins Land holen“, erinnert sich der Verkäufer. Dabei war durchaus Eile geboten. „Denn Geduld ist nicht unbedingt die Stärke meiner Landsleute“, räumt Omar ein. Selbst die 21 Tage für den Schiffstransfer seien den meisten Evoque-Kunden zu lange, berichtet der Starverkäufer. „Viele lassen ihren Wagen deshalb per Luftfracht kommen – für 10.000 Dollar Aufpreis.“

 

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