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König der Camouflage
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Bevor die Modelle von Morgen schon heute zur so genannten Vorserienerprobung raus ins echte Leben dürfen, schneidert Kubis ihnen ein Tarnkleid, das der Konkurrenz und den Fotografen der Fachpresse des Leben möglichst schwer machen soll. „Irgendwann kommt der Moment, an dem wir unsere Autos auch draußen in freier Wildbahn testen müssen“, sagt Kubis: „Aber dabei wollen wir uns trotzdem so wenig wie möglich in die Karten schauen lassen.“ Das war den Entwicklern bei den Automobilherstellern schon immer wichtig, aber noch nie war Angst vor der vorzeitigen Entdeckung und Enttarnung so groß wie heute: „Das Design ist zu einem der entscheidenden Kaufkriterien geworden, deshalb wollen wir es so lange wie möglich geheim halten“, begründet Kubis den hohen Aufwand, den er in seiner geheimen Schneiderei treibt. Außerdem hätten die Fotografen der Fachmagazine heute viel bessere Möglichkeiten: „Die Bildbearbeitungsprogramme sind so gut, dass aus einem unscharfen Prototypen-Foto schnell eine fotorealistische Computerretusche des neuen Autos wird.“
Damit genau das nicht passiert, steht er spätestens ein Jahr vor dem Serienanlauf mit einem knappen halben Dutzend Mitarbeitern in den Katakomben von K40 und kleidet zum Beispiel den neuen Corsa komplett neu ein. Wo die Designer liebevoll jede Falz und jede Fuge herausarbeiten und stundenlang über Lichtkanten brüten, pappt er so lange seine Tarnfolie aufs Blech, bis auch die letzte Linie kaschiert ist und das beste Bildbearbeitungsprogramm nur noch einen Pixelbrei erkennt. Und das nicht einmal, sondern viel, viel öfter: „Seit die Erprobung des neuen Corsa läuft, waren das bestimmt über 100 Prototypen“, rechnet Kubis und zeigt allein auf ein Dutzend Autos, die am Ende seiner Halle auf ihre finale Ausfahrtsberechtigung warten. „Und mit jedem Fahrzeug haben wir locker ein, zwei Tage zu tun.“
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Natürlich wird auch der Innenraum vor neugierigen Blicken geschützt. Dafür hat Kubis eigens einen Spezialstoff mit Netzstruktur aufgetrieben, der sogar die Luft der Klimaanlage durchlässt, ansonsten aber absolut blickdicht ist. Damit diese Netze auch sicher nicht verrutschen, werden sie nicht nur mit Klebeband befestigt. Ohne mit der Wimper zu zucken, greift Kubis dafür auch zum Akkuschrauber und versenkt ein Dutzend Kreuzschlitzschrauben direkt im Armaturenbrett. „Skrupel darf man in diesem Geschäft nicht haben“, sagt er mit einem Schulterzucken. Viel wichtiger sind da pfiffige Ideen wie die Blickschutzfolie vor den ebenso geheimen Instrumenten, die sich Kubis aus dem Computerhandel besorgt hat. Denn was neugierige Blicke auf fremde Laptop-Monitore abhält, das hält auch den Bordcomputer des neuen Corsa geheim.
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Ganz so weit geht Kubis nicht. Doch wer die Prototypen des aktuellen Corsa doch mal zu Gesicht bekommt, wird sich schwer tun, den Kleinwagen als Opel zu erkennen. „Einen Blitz jedenfalls sieht man weder innen noch außen.“ Zwar hat sich Kubis in seinem Job schon so manche verrückte Tarnung einfallen lassen. Doch die beste Idee hatte offenbar einer seiner Vorgänger bei der Entwicklung des ersten Corsa Combo. Statt den kleinen Lieferwagen in ein auffälliges Streifenkostüm zu stecken und so erst recht alle Blicke auf ihn zu ziehen, haben die Tarnmeister ihn einfach mit der Werbung für eine fiktive Gärtnerei beklebt und ihn ganz offen auf Testfahrt geschickt, erzählt Kubis und kann sich das Lachen nicht verkneifen: „Den Trick hat bis heute keiner gemerkt.“
geschrieben von sp-x veröffentlicht am 25.08.2014 aktualisiert am 25.08.2014
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