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Porsche
Die meisten Bürger kennen China vermutlich in der Hauptsache aus den Nachrichten. Und wer das Land als Urlaubsziel auf die Agenda schreibt, dürfte meistens in Shanghai oder Peking landen – und dort auch verbleiben, bis der Rückflug ansteht. Die ländlichen Gebiete gelten als extrem strukturschwach und ärmlich. Doch China hat unzählige mittelgroße Städte mit großem Charme. Von wegen nur arm und Mittelalter-Anmutung, es geht auch anders.
Dass man diese Erfahrung[foto id=“505485″ size=“small“ position=“right“] ausgerechnet mit dem Sportwagenhersteller Porsche machen kann, verblüfft nicht nur Autofans. Für die Volkswagen-Tochter ist das aufstrebende Land einer der wichtigsten Märkte; mehrere zehntausend Fahrzeuge liefern die Schwaben pro Jahr ins Reich der Mitte, Tendenz steigend. Und um der Kundschaft oder jenen, die noch Besitzer werden wollen, ein unvergessliches Schmankerl zu bieten, haben sich die Marketing-Strategen etwas im wahren Sinne des Wortes Spaßiges einfallen lassen. In der Broschüre heißt es ganz lapidar „Fahrertraining“, was so ein bisschen nach TÜV-Prüfgelände klingt – in Wirklichkeit tobt man sich mit Elfer und Co. auf zugefrorenen Seen aus.
In China hat dieser Event eine höhere Bedeutung als in unseren Gefilden. Schließlich konzentrieren sich die Käufer dort auf die Millionenmetropolen; ein Porsche dient vor allem als Prestigeobjekt, schnell fahren ist kaum ein Thema. Und zwar nicht nur, weil die Straßen streng tempolimitiert sind, sondern weil schlicht und ergreifend der Platz fehlt in den Riesenstädten, in denen andererseits die Kaufkraft für einen Porsche vorhanden ist.
Kein Wunder, dass die Eigner gerne[foto id=“505486″ size=“small“ position=“left“] auch mal am eigenen Leib erfahren, was ein Cayman wirklich kann. Aber das Team hat auch die ganz großen Modelle mitgebracht, denn Cayenne und Panamera -gerne als Langversion- sind in China deutlich bekannter als die ursprünglichen Kernmodelle der Marke wie 911 und Boxster. So kann man ausprobieren, wie es sich anfühlt, wenn der Panamera Executive mit dem Heck ausbricht und wie leicht – oder auch nicht – der ausbüchsende Fünfmeter-Liner wieder einzufangen ist. Slalom auf rutschigem Untergrund geht mit einem Allradler richtig gut, und der Cayenne kann durchaus flink um die Pylonen wedeln, auch das lernt man bei diesem Event. Die Instruktoren schauen den Probanden genau auf die Finger und erklären, wie man sich im Falle eines wegrutschenden Hinterteils möglichst verhalten sollte oder leisten aktive Überzeugungsarbeit dafür, dass der Wiederholungskäufer beim nächsten Mal ein Kreuzchen beim Allradantrieb macht.
Porsche organisiert derartige Veranstaltungen weltweit und lockt die Kunden auch in die kalten Regionen Kanadas, Finnlands und Italiens. Dagegen klingt China sehr unkonventionell, was angesichts der Marktsituation aber nur konsequent ist. Als geeigneten Standort hat man die innere Mongolei auserkoren. Die Stadt Yakeshi im Nordosten des Landes bietet im Winter durchweg Temperaturen bis minus 20 Grad oder kälter und im Umland geeignete Seen als Platz zum Austoben. Jedes Jahr[foto id=“505487″ size=“small“ position=“right“] zu Beginn der Saison bauen die Stuttgarter dort ihre Zelte auf, um den Teilnehmern in den Pausen neben den Präsentationen ein gemütliches Örtchen zum Aufwärmen zu bieten. Doch nicht nur innerhalb des Testareals spielen sich interessante Dinge ab – auch das Gebiet selbst offeriert viele Erkundungsmöglichkeiten. Ein guter Grund auch für Europäer, zu den umgerechnet rund 4.500 Euro für die Snow Force noch die Kosten für Flüge plus Hotel hinzublättern und eine Gegend zu erleben, die garantiert nicht in der Top Ten der meist gebuchten Reisen auftaucht.
Dabei löst das unbekannte Yakeshi mit seinen knapp 400.000 Einwohnern kaum einen Kulturschock aus, von den bunten Reklamen samt fremder Schriftzeichen mal abgesehen. Ähnliches gilt für Hailar, die am nächsten gelegene Stadt mit Flughafen. Der Provinz-Airport könnte, abgesehen von den Plagiat-Verkaufsläden, auch in Rheinland-Pfalz stehen und „Frankfurt-Hahn“ heißen, die Innenausstattung jedenfalls geht fast als europäischer Standard durch. Eine gut ausgebaute Landstraße mit freier Fahrt – abgesehen vom Tempolimit – führt in die kleine Stadt: von wegen verstopfte Fahrbahnen. Hier könnte der aktive Autofahrer doch noch auf seine Kosten kommen; und wer jetzt denkt, dass im nördlichen China nur klapprige Eigenmarken herumfahren, hat sich vertan. Da steht der Toyota Land Cruiser V8 in bester Gesellschaft mit dem aktuellen Fünfer BMW und diversen Lexus-Modellen. Weiß-grüne Taxen in Massen zeigen jedoch,[foto id=“505488″ size=“small“ position=“left“]dass sich der Mercedes-Anspruch beim Kurzzeit-Chauffieren noch nicht durchgesetzt hat, aber das gilt ja auch für viele europäische Länder.
Die Architektur Yakeshis ist eine Reminiszenz an den kommunistisch anmutenden Plattenbau-Stil in manchen Landstrichen Russlands. Das mit Abstand schickste Gebäude, das man auf die Schnelle ausmacht, ist der Bahnhof samt dem aus Eis geformten „2014“-Monument. Eine alte Dampflok erinnert daran, womit man in hier sein Geld verdient: dem Abbau von Erzen und Kohle. Wenn die Sonne auf die Häuserzeilen scheint und man das Städtebild ein wenig auf sich wirken lässt, entdeckt man gar die eine oder andere Kuriosität, eine nachgeahmte Fachwerk-Fassade oder einen fast schon progressiv wirkenden Wohnblock im pinken Anstrich zum Beispiel. Auch die davor parkende lange E-Klasse sticht ins Auge, während gerade ein Porsche Cayenne vorbeischlendert.[foto id=“505489″ size=“small“ position=“right“]
Für die zahlenden Besucher von außerhalb gibt es ein ordentliches Vier-Sterne-Hotel mit einem selbst für verwöhnte Europäer angemessenen Standard inklusive Internet und dem Hauch eines interkontinentalen Frühstücks. Ein bisschen Kulturschock ist die Reise in die chinesische Kleinstadt dann aber doch; das Essen, die Mentalität der Menschen sowie ihre Lebensweise unterscheiden sich trotz Parallelen von den europäischen Gewohnheiten, auch mit Porsche-Einlage.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 28.03.2014 aktualisiert am 28.03.2014
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