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Opel
Der Bundestrainer ein Vorbild in allen Lebenslagen? Davon kann in diesen Tagen bei Jogi Löw so recht keine Rede sein. Beim ersten Spiel der Deutschen Elf in Brasilien hat er sich zwar geschickt geschlagen, doch auf der Straße will es bei Deutschlands oberstem Fußballlehrer gerade nicht so recht laufen. Denn quasi als Opfer seines übermotorisierten Dienstwagens war er so oft zu schnell, dass er jetzt erst einmal den Führerschein abgeben und drei Monate zu Fuß gehen muss.
Das wäre einem wie Sepp Herberger wahrscheinlich nicht passiert. Denn als Mann hinter dem Wunder von Bern hat der Fußballehrer aus der Pfalz im Gegensatz zu Löw nicht nur einen WM-Sieg auf dem Konto. Vor allem fuhr der einstige Bundestrainer zeitlebens Autos, die jetzt nicht gerade zum Rasen verführt haben. Selbst als sich der Trainer der Weltmeister-Mannschaft 1954 nach dem triumphalen Sieg im Wankdorfstadion so ziemlich jeden Wagen hätte leisten können, war er mit einem recht bescheidenen Opel Rekord zufrieden – und hat den sogar voll bezahlt. „Zwar hat es ihm nach dem Sieg über die Ungarn am 4. Juli 1954 an verlockenden Angeboten zur kostenlosen und dauerhaften Probefahrt in den Luxusmodellen aller möglichen Hersteller nicht gemangelt“, kann man in den Opel-Archiven nachlesen. Doch hat der Fußballtrainer, der in seiner Laufbahn als aktiver Spieler einmal wegen der Annahme eines „Handgeldes“ gesperrt wurde, bis zum Schluss jeden Rabatt ausgeschlagen. Deshalb steht auch auf dem Vertrag, den Herberger zwei Jahre nach seinem Rücktriff als Cheftrainer der Nationalmannschaft am 8. Februar 1966 im Autohaus Sporer in Weinheim-Lützelsachsen vor den Toren Mannheims für einen Opel Rekord B „L“ unterschrieben hat, [foto id=“516462″ size=“small“ position=“left“]die volle Rechnungssumme von 9.564 Mark und 50 Pfennig, die vom Diplomsportlehrer ohne jede Rabattverhandlung bis auf den letzten Pfennig bezahlt wurde.
Zwar wurde der die zweite Auflage der 4, 55 Meter langen Limousine in den Jahren 1965 und 1966 nur elf Monate lang gebaut, doch war ein Rekord an sich in dieser Zeit nichts Besonderes mehr. Schließlich hatte Opel davon allein in dieser kurzen Zeit fast 300.000 Exemplare auf die Räder gestellt. Aber wenn man mit dem Auto heute auf Tour geht, sind einem mehr Blicke sicher als in jeder teuren Luxuslimousine der Fußballfunktionäre.
Aber das ist auch kein Wunder. Schließlich macht der tundragrün lackierte Viertürer noch immer eine ausgesprochen gute Figur. Der über die volle Breite verchromte Kühler glänzt in der spärlichen Sonne des Frühsommers und der Lack wirkt satt wie ein gut gewachsener Fußballrasen. Nur die Weißwandreifen, die dazwischen leuchten könnten wie die Spielfeldmarkierung im Strafraum, sind dem Zahn der Zeit mittlerweile zum Opfer gefallen. Und auch das Kennzeichen MA-SH-46 ist diesmal in der Garage geblieben. Statt dessen rollt der Opel mit einem roten Überführungskennzeichen rund um das Frankfurter Waldstadion und weckt so nicht nur die Erinnerung an das Wunder von Bern, sondern gleich auch[foto id=“516463″ size=“small“ position=“right“] noch an das „Sommermärchen“ von 2006 bei der WM im eigenen Land. Schade eigentlich, dass wir damit nicht auch gleich noch die Copa Cabana entlang fahren können.
Innen sieht Herbergers letzter Dienstwagen, mit dem der Trainer im Un-Ruhestand noch fast zehn Jahre für den Fußballbund zur Spielerbeobachtung unterwegs war, beinahe aus wie am ersten Tag. Das spindeldürre Lenkrad mit dem filigranen Kranz für die Hupe zeigt auch nach dem ersten Umlauf des kleinen Kilometerzählers keine Gebrauchsspuren, aus dem Becker-Radio vom Typ „Mexico“ singt Lale Andersen als wäre es erst gestern gewesen, und die Auslegeware in den Türen oder im Fußraum versprüht noch heute den Charme der guten alten Zeit. Nur die breiten Sitze mit dem karierten Stoff und dem hellbraunen Kunstleder sind ein wenig durchgesessen. Doch viel mehr Seitenhalt haben diese Sessel noch nie geboten. Dafür waren und sind sie so bequem, dass man mit dem Rekord noch heute ohne Mühe wieder ans Wankdorf-Stadion fahren könnte – wenn das nicht vor ein paar Jahren einem Neubau hätte weichen müssen.
Am Motor sollte es dabei nicht liegen. Denn schon beim ersten Versuch lässt sich der 1,9 Liter große Reihenvierzylinder zum Leben erwecken. Danach unter dem Armaturenbrett den Pistolenhebel mit der Handbremse gelöst, an der Lenkradschaltung den ersten Gang eingelegt – und schon schnurrt der Rekord davon. Schnell nimmt der der bunte Streifen im Balkentacho eine neue Farbe an und signalisiert auf diese Weise sehr auffällig, dass man nun den „grünen Bereich“ verlässt und jetzt in der Stadt – Vorsicht, Herr Löw! – auf Starenkästen achten muss. Wer danach den Fuß weiter beherzt auf dem kleinen Pedal lässt und zügig hoch in den vierten Gang schaltet, den beschleunigen die 90 PS klaglos auf 160 km/h, mit denen der Wagen auch heute im Verkehr noch munter mitschwimmt und es für den Führerschein noch immer gefährlich werden kann. Und mit einem Durchschnittsverbrauch von 9,6 Litern ist der Rekord ebenfalls fast noch zeitgemäß. Doch der geringe Verbrauch kommt nicht von ungefähr. Schließlich wiegt die ausgewachsene Mittelklasselimousine gerade mal 1.000 Kilo und ist damit leichter als manch aktueller Kleinwagen. Aber das ist angesichts der mageren Ausstattung auch kein Wunder: Kopfstützen, Sicherheitsgurte, Klimaanlage? Fehlanzeige. Soweit war die Technik damals noch nicht.
Dennoch ist der Rekord kein spartanisches Auto. Die Platzverhältnisse sind üppig, und ein bisschen Luxus durfte es für den bescheidenen Diplomsportlehrer bei aller Zurückhaltung doch sein: So weist der Kaufvertrag neben den 395 Mark Aufpreis für den 90 PS-Motor [foto id=“516465″ size=“small“ position=“right“]auch 95 Mark für das Viergang-Getriebe, 85 Mark für den Rückwandfenster-Trockner, den Vorläufer der Heckscheibenheizung, und 395 Mark für das Stahlschiebedach aus.
Mit dem Rekord war Herberger mehr als zehn Jahre in der ganzen Republik unterwegs. Nach seinem Tod 1977 stand der Wagen lange Zeit in der Garage des Hauses in Weinheim-Hohensachsen, das bereits ein Jahr nach dem „Wunder von Bern“ die Adresse „Sepp-Herberger-Straße 9“ bekommen hat. Als dort 1994 der Nachlass der inzwischen ebenfalls verstorbenen Witwe Eva Herberger versteigert wurde, hat Opel den Rekord zurück ins Werk geholt. Danach wurde der Wagen in der Werkstatt für historische Fahrzeuge renoviert und die Technik so sorgsam in Stand gesetzt, dass der Dienstwagen des Weltmeister-Trainers jetzt wieder auf Tour ist.
Mit dem Rekord hat Opel noch ein paar weitere Devotionalien aus dem Nachlass des Weltmeister-Trainers erworben. So liegt in der Halterung für den Feuerlöscher zwischen den Vordersitzen noch immer der Abzieher, mit dem Herberger seine Scheiben gewischt hat. Auf der Rückbank wartet der mit grünem Filzstift signierte Shell-Atlas und im Kofferraum das in Wagenfarbe lackierte Schild, das dem Rekord immer einen freien Parkplatz vor dem Hause Herberger gesichert hat. Das ist heute nicht mehr nötig. Denn wo der Wagen nun vorfährt, da macht man ihm gerne Platz.[foto id=“516466″ size=“small“ position=“left“]
Mit seinem Bekenntnis zum Rekord hat der Weltmeister-Macher eine Bescheidenheit bewiesen, die Fußballern mittlerweile weitgehend fremd ist. Hofiert von Sponsoren und überschüttet mit Millionen fahren sie deshalb heute schon in jungen Jahren fast alles, was die Sportwagenhersteller und Werkstuner so hergeben. Das war auch lange nach Herbergers Zeiten noch ganz anders: Als die Nationalmannschaft 1974 unter Helmut Schön den Titel holte, gab es als Siegprämie ein bescheidenes VW Käfer Cabrio. Wenn Jogis Elf diesmal das Endspiel gewinnt, gibt es für jeden Spieler 300.000 Euro – die sollten dann auch für ein etwas rühmlicheres Auto reichen.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 20.06.2014 aktualisiert am 20.06.2014
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