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VW
Es ist eine Szenerie fast wie in einem Hippie-Film: Eine traumhafte Küstenstraße in Kalifornien, wilde Brandung fast bis an den Straßenrand und Richtung Horizont rollt ein offener VW Käfer im sportlichen Trimm. Fehlen eigentlich nur noch das Surfbrett, das hinten aus dem Auto ragt, und die Blondine mit den wehenden Locken auf dem Beifahrersitz. Also alles wie in den Siebzigern? Nicht ganz. Denn statt des typischen Geknatters eines Boxermotors hört man – nichts.
Selbst wenn aus den Boxen die Beach Boys dröhnen, stecken wir ja auch nicht mehr in den Siebzigern. Vielmehr schreiben wir das zweite Jahrzehnt eines neuen Jahrtausends und sind auf dem Weg ins Elektrozeitalter. Langsamer vielleicht, als zumindest die Optimisten gedacht haben. Aber gerade hier in Kalifornien[foto id=“428633″ size=“small“ position=“left“] träumt man immer noch den Traum vom Akku-Auto. Und weil der Beetle in Pebble Beach viel cooler kommt als in Paderborn, schnürt er eben nicht als Diesel oder Benziner über den 17-Miles-Drive, sondern surrt rein elektrisch über den vielleicht teuersten Golfplatz der Welt.
115 PS und 270 Nm – im Prinzip würde das für einen Sprint von 0 auf 100 in 10,8 Sekunden reichen. Und das kalifornische Tempolimit von meist nicht mehr als 75 Meilen (120 km/h) pro Stunde sollte der elektrische Käfer locker schaffen. Dann sind theoretisch auch 180 Kilometer Reichweite drin, bevor der Wagen für 35 Minuten an eine Schnellladesäule muss.
Könnte, würde, sollte – wenn Projektleiter Dzemal Sjenar die Eckdaten des Autos aufzählt, spricht er gerne im Konjunktiv. Denn leider ist das Auto kein Serienmodell, sondern einer Studie, die eigentlich nur für die Messen in Detroit und Peking gebaut und hier nur ausnahmsweise mal auf die Straße darf. Das Fahrwerk macht zwar bei der Jungfernfahrt schon eine ganz [foto id=“428634″ size=“small“ position=“right“]ordentliche Figur, und es quietscht und knarzt nichts am Auto. „Aber mit Rücksicht auf die handgefrästen Felgen mussten wir das Tempo auf 30 Sachen limitieren“, räumt Sjenar ein.
Dabei sieht der Beetle deutlich schneller aus. Denn um die sportliche Note der Studie zu betonen, haben die Designer den Wagen in klassischer Tuner-Manier gechopt und zum E-Bugster gemacht: So wurde nicht nur das Dach abgeschnitten, sondern gleich auch noch die Frontscheibe gekürzt und dafür um ein paar Grad flacher gestellt. Und falls es doch mal regnet im sonnigen Kalifornien und man deshalb das Hardtop aufsetzen muss, ist auch gleich das ganze Auto neun Zentimeter flacher als das Serienmodell. „Außerdem wollten wir den Beetle endlich mal auf richtig großem Fuß stehen“, sagt Projektleiter Sjenar und zeigt stolz auf die 20-Zöller mit den 235er-Gummis. „Dafür haben wir eigens neue Kotflügel geformt und den Wagen so drei Zentimeter in die Breite gezogen.“ Weil dann natürlich auch neue Stoßfänger nötig wurden, haben die Niedersachsen gleich zwei LED-Sicheln fürs Tagfahrlicht ins Plastik geschnitten, die wie beim elektrischen Up vom alternativen Antrieb der Studie zeugen sollen.
Nicht nur Antrieb des E-Bugster ist ein Gruß aus der nahen Zukunft. Auch beim Interieur haben die Designer ihre Freiheiten weidlich ausgenutzt. Zwar besteht das Auto zu 90 Prozent aus dem Baukasten des aktuellen Beetle, weshalb Sjenar auch nur sechs Monate für den Aufbau der Studie gebraucht hat. „Doch im Innenraum haben wir uns ein paar Freiheiten erlaubt“, sagt der Spezialist für Studien im Wolfburger Versuchsbau. Was dabei als allererstes auffällt, ist natürlich der Verzicht auf die Rückbank. Wo sich im Serien-Beetle noch zwei größere Kinder reinquetschen können, gibt es jetzt eine schnittige [foto id=“428635″ size=“small“ position=“left“]Plastikabdeckung, die den Bugster zum Zweisitzer macht. Das sieht nicht nur besser aus und passt zum sportlichen Zuschnitt der Studie. Vor allem schafft es natürlich Platz für die Akkus, die schräg über der Hinterachse lagern und so gleich auch noch die Gewichtsbalance des Käfers verbessern.
Ebenfalls auffällig sind die neuen Sitze, die so sportlich wie Rennschalen aussehen und trotzdem bequem sind wie die Loungesessel vor den Strandcafés in Carmel. Erst auf den zweiten Blick erkennt man die elektronischen Feinheiten im elektrischen Käfer – das komplett animierte Cockpit zum Beispiel oder die blaue LED-Linie, die beim geräuschlosen Anlassen wie eine EKG-Grafik über die weißen Konsolen flimmert und Startbereitschaft signalisiert. Oder der große Touchscreen in der Mittelkonsole, der eigentlich ein Tablet-Computer ist. So wünscht man sich die Integration des iPads im Auto. Und zwar bitte nicht erst übermorgen.
„Darauf wird man allerdings wohl noch etwas warten müssen“, meint Sjenar. Das ist bei Studien wie dem E-Bugster keine Überraschung. Viel überraschender ist es, dass er dem Auto sonst sehr gute Serienchancen einräumt – zumindest in Einzelteilen. Denn das Fahrgefühl im offenen Neuzeit-Käfer werden die Kunden schon sehr bald selbst genießen können, wenn der Beetle zum Jahreswechsel auch wieder als Cabrio in den Handel kommt. Die Idee vom Bugster hält er für so gelungen, dass Sjenar mit aller Macht für eine Serienumsetzung kämpfen will. „Anders als bei der Studie Ragster von 2005 sind wir [foto id=“428636″ size=“small“ position=“right“]diesmal so früh in der Modellkarriere, dass wir so einen Zweisitzer schon noch in der Familienplanung unter bekommen sollten.“ Und selbst der Elektroantrieb ist gesetzt. „Allerdings erst einmal nicht für den Beetle“, räumt Sjenar ein. Motor und Akku stammen nahezu unverändert aus dem E-Golf, der schon bald in Serie gehen soll.
So wird es für den E-Bugster wohl die einzige Ausfahrt an der Pazifikküste bleiben. Und das Kino spielt California Dreamin 2.0 auch künftig nur im Kopf. Doch mit ein bisschen Glück feiert die sonnige Studie trotzdem ein Comeback – nur eben nicht in einem, sondern in drei unterschiedlichen Autos.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 27.07.2012 aktualisiert am 27.07.2012
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