Peugeot

Peugeot 201 vs. 208 – Blick zurück nach vorn

Mit kleinen Autos aus tiefen Tälern neue wirtschaftliche Höhen zu erklimmen, versteht Peugeot so gut wie kaum eine andere Marke. Immer wieder war es ein Modell der „200“-Reihe, das den Franzosen die dringend benötigte Dynamik gab. So wie heute der 208 zur großen Nummer bei kleinen Autos werden soll, sorgten zuvor die Typen 205 von 1983, 203 von 1947 und 201 von 1929 für frischen Schwung in schwierigen Zeiten.

Vielleicht weil das Erfolgsrezept für die kompakte Klasse grundsätzlich gleich geblieben ist und nur durch zeitgeistige Zutaten aktualisiert wurde. Wie wichtig die richtige Komposition für Kleinwagen ist, zeigte zuletzt der zu groß geratene Peugeot 207, der den Geschmack der Käufer weniger traf. Dabei hätte sich [foto id=“419073″ size=“small“ position=“left“]sein Konzept nur am Modell 201 orientieren müssen, wie wir bei einer Ausfahrt mit dem über 80 Jahre alten Stammvater der Baureihe erlebten.

Tatsächlich waren die Entwicklungsvorgaben für den Typ 629 (6 PS, Debüt 1929), wie er ursprünglich heißen sollte, damals ebenso einfach wie revolutionär. Unternehmenschef Robert Peugeot forderte das sparsamste Auto der Welt, mit Platz für vier Personen, guten Beschleunigungswerten, guten Bremsen, hoher Zuverlässigkeit und zu Kaufpreisen, die für alle Kunden bezahlbar waren. Vorgaben, die in dieser Form nicht einmal Henry Ford bei der Entwicklung des T-Modells gemacht hatte. Einen solchen Meilenstein wollte Peugeot auch an den Anfang einer großen Marketingidee stellen. So fällt die Entscheidung zu neuen Modellbezeichnungen, der Signifikation durch drei Ziffern, deren mittlere immer die „Null“ ist. Der 201 als 201. Projekt der Entwicklungsabteilung machte den Anfang[foto id=“419074″ size=“small“ position=“right“] und erwies sich sofort als Glückszahl.

Denn der Benjamin im großen Peugeot-Programm war das richtige Auto für die schwierige Zeit der Weltwirtschaftskrise, deren Folgen Frankreich nur wenige Wochen nach der Publikumspremiere des 201 trafen. 142.000 Limousinen, Cabriolets, Coupés, Kastenwagen, Roadster, Torpedos und Geländewagen verkaufte Peugeot vom Typ 201 in diesen dunklen Jahren, genug um ein Drittel des Heimatmarktes zu erobern. Wie heute war ein Erfolgsgeheimnis für die Kleinen ihre Karosserievielfalt – und die globale Vermarktung. Als erster Franzose überhaupt wurde der 201 über offizielle Werks-Niederlassungen auf allen fünf Kontinenten angeboten. Nur die Eröffnung von Produktionsstätten rund um den Globus – ein Werk war sogar in New York geplant – scheiterte an der Wirtschaftskrise. Was die heute fehlende weltweite Präsenz betrifft, empfiehlt sich für Peugeot vielleicht ein Blick [foto id=“419075″ size=“small“ position=“left“]in den Rückspiegel.

Dieses Sicherheitsdetail zählte zwar 1929 noch nicht zur Serienausstattung des 201, war allerdings bei unserem Testwagen nachgerüstet und trotz der übersichtlichen Karosserie überaus nützlich. Vor allem wenn es darum ging, den rückwärtigen Verkehr im Blick zu halten, den der beschauliche 17 kW/23 PS leistende 1,1-Liter-Vierzylinder an Steigungen ausbremste wie sonst nur kriechende Ackerschlepper. Zwar versprach Peugeot einst eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h für den vollbesetzten 201 sogar auf „unebenem Gelände“, dies dürfte allerdings schon damals reichlich optimistisch gewesen sein. Schon kleine Kuppen und Hügel wirken auf die kubisch geformte Limousine wie ein Bremsklotz und zwingen den Fahrer zum Zurückschalten. Das natürlich mit Zwischengas, denn vollsynchronisierte Getriebe zählten 1929 nicht nur in der kleinen Klasse noch zu den Zukunftsträumen. Dafür bietet der 201 einen griffgünstig positionierten Schalthebel in Wagenmitte mit angenehmen kurzen Schaltwegen zwischen den drei Vorwärtsgängen und dem Rückwärtsgang. Während Steigungen fast nur im ersten Gang bewältigt werden, genügt für fast alle anderen Strecken der dritte Gang, nicht zuletzt, weil der kraftvoll klingende Motor erstaunlich elastisch ist. Das Erlebnis der Entschleunigung empfinden aber nur die heutigen Passagiere des Peugeot, in zeitgenössischem Umfeld zählte der 201 zu den[foto id=“419076″ size=“small“ position=“right“] flottesten Kleinen.

Während jetzt das Publikum in Straßencafés und sogar Passanten dem antiken Peugeot begeistert zuwinken, lobte einst die Presse den 201 als „Archetyp des modernen Automobils“. Der preiswerte Peugeot habe nicht nur die nötige Fahrsicherheit und Reserven in der Ebene wie am Berg, sondern auch die Handlichkeit, wie sie im dichten Stadtverkehr unverzichtbar sei. Inhaltlich könnte diese Beschreibung auch einem neuen Peugeot 208 gelten. Tatsächlich lässt sich auch der charmante Veteran erstaunlich problemlos fahren, obwohl sein altertümliches, riesiges Steuerrad eine so präzise arbeitende und leichtgängige Lenkung zunächst nicht erwarten lässt. Hinzu kommt nach einer Modellpflege die unabhängige Vorderradaufhängung, die der 201 als erster Großserienwagen bietet. Von Anfang Serie waren dagegen die bequemen Sitze, die an Polstermöbel im heimischen Wohnzimmer erinnern. Diesen Federungskomfort [foto id=“419077″ size=“small“ position=“left“]könnten sich noch heute einige Konstrukteure brettharten Kleinwagengestühls zum Vorbild nehmen, den fehlenden Seitenhalt und mangelnde Sicherheit einmal unberücksichtigt.

Sogar ein Kraftstoffknauserer war der 201 schon. Zeitgenössische Testwerte bestätigen die Werksangaben von 8 bis 10 Liter auf 100 Kilometer, damals Klassenbestwerte. Heute dagegen natürlich völlig unakzeptabel hoch. Tatsächlich begnügt sich der 208 mit weniger als der Hälfte. Die Zeit vergeht wie im Flug und erst der Vergleich macht klar, wie sehr diese doch genagt hat. So hat die Fahrt in einem 83 Jahre alten Peugeot 201 ihren besonderen Reiz. Alles ist anders geworden und doch sind die grundsätzlichen Ansprüche an einen Kleinwagen bis heute gleich geblieben.

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