Bentley

Pferdeschlitten als Auto – oder spinnen die Briten?

Ski-Jöring ist eine traditionelle Wintersportart aus Skandinavien. Dabei geht es darum, dass sich ein Skifahrer von einem Pferd ziehen lässt. Bei ordentlichem Galopp und kurvenreichem Kurs generiert das ein eindrucksvolles Spektakel, vor allem im Wettbewerb mehrerer Gespanne. Im Zeitalter der Motorisierung folgten dann auch ein Ableger des Ski-Jörings, mit Skidos als Zugfahrzeugen.

Irgendwann stellte jemand im Dienste von Bentley die Frage, ob Ski-Jöring auch mit einem 575 PS starken Bentley GT funktioniert. Da sich solche Fragen nur im Rahmen einer praktischen Übung eindeutig beantworten lassen, lud die Manufaktur aus dem Volkswagenkonzern eine kleine Schar internationaler [foto id=“400896″ size=“small“ position=“left“]Journalisten ins schweizerische Gstaad, um die Probe aufs Exempel zu wagen.

Etwas mit einem Bentley zu unternehmen, was eher unorthodox erscheint, als dem pragmatischen Ideal der reinen Fortbewegung zu huldigen, gehört zur Tradition der englischen Manufaktur seit den Tagen der legendären „Bentley Boys“ in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Diese Liga der außergewöhnlichen Gentlemen setzte sich aus einer Gruppe junger Männern zusammen, die als Piloten, Industrielle, Literaten, Abenteurer und einfach Männer von Stand eine gemeinsame Leidenschaft teilten, nämlich den Rennsport. Alleine zwischen 1927 und 1930 holten die „Bentley Boys“ viermal hintereinander den Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans für die Marke. Dabei engagierten sich die Jungs nicht alleine als Fahrer, sie entwickelten praktisch in Eigenregie die Autos zu wettbewerbsfähigen Fahrzeugen, bauten und warteten sie.

Diese Tradition des unkonventionellen Umgangs mit einem Bentley wieder zu beleben, ist eine der eher angenehmen Aufgaben, die sich die verantwortlichen Öffentlichkeitsarbeiter in Crewe auf die Fahnen geschrieben haben. So beschlossen sie beispielsweise Anfang 2011, dass es doch wieder einmal an der Zeit wäre, den Geschwindigkeitsweltrekord für Automobile auf Eis zu brechen, um einmal mehr die Möglichkeiten eines Continental GT unter Beweis zu stellen. Dies gelang am 15 Februar der finnischen Rallye Legende Juha Kankkunen. Der vierfache Rallye-Weltmeister erreichte in einem GT Cabrio 330,656 Kilometer in der Stunde und überbot damit seinen eigenen Rekord aus dem Jahr 2007 um rund neun km/h auf der 70 Zentimeter dick gefrorenen Oberfläche eines Sees im Baltikum. In diesem Jahr sollte nun die Antwort auf [foto id=“400897″ size=“small“ position=“right“]die Frage gefunden werden, ob der Continental GT mit seinem 575 PS starken W12-Motor den Anforderungen eines talentierten Zugmittels beim Ski-Jöring gewachsen ist.

Die aktuelle Generation des 4,8 Meter langen Coupés feierte im Rahmen des Pariser Automobilsalons 2010 seine Weltpremiere. Mit den bewährten Genen der Phaeton-Plattform aus dem VW-Konzern entstand ein großartiger Gran Tourismo, der sich sowohl als perfekter Begleiter auf langen Reisen andienen kann, wie als hochtalentierter Sportwagen. Die Bentley-Boys auf ihren Wolken im Autohimmel sollen Freudentränen bei der Vorstellung des aktuellen GT verdrückt haben. Der Zwölfzylinder in der kompakten W-Konfiguration mit unverändert sechs Liter Hubraum liefert 575 PS mit einem sympatischen Hang zur Verschwendung, als wären die Pferdestärken Kamellen im Rosenmontagszug des Kölner Karnevals. Somit zoomt sich der GT und seine in Holz und Leder gehüllten Passagiere in 4,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und stellt den Vortrieb erst ein, als 318 km/h anliegen. Was einen GT sympathisch von den 250-km/h-abgeriegelten Unvernunftsautos „made in Germany“ unterscheidet, womit beispielsweise ein gleich starker Mercedes SLS AMG immer etwas oberlehrerhaft und damit als Spaßbremse daher kommt. Dank permanentem Allradantrieb und sensiblen, aber nicht diktatorisch regierendem Stabilisationprogramm ESP gibt sich der große Wagen von den britischen Inseln auf winterlichem Geläuf wie eine Lokomotive auf Schienen. Vorausgesetzt, es spannen sich entsprechend angemessene Winter-Pneus auf die 21-Zöller aus Leichtmetall.

Für die ersten Versuche dieser speziellen Form des Ski-Jörings auf einem eigens präparierten Rundkurs hatten die Engländer ein Team zusammengestellt, das etwas von Autos und vom Jöring versteht. Hinter dem Steuer des blauen GT nahm Ingenieur und Testfahrer Steve Moore von Bentley Platz. Die in Zusammenarbeit zwischen Bentley und Zai entwickelten Hightech-Skier schnallte sich Franco Moro unter, [foto id=“400898″ size=“small“ position=“left“]der für das Ski-Jöring so etwas wie Michael Schumacher ist, der Weltmeister mit den meisten Titeln.

Dass die milden Temperaturen der Nacht auf den 21. Januar die liebevoll präparierte Piste in einen See aus Schneematsch verwandelt hatte, konnte den Enthusiasmus der Aktiven nicht wirklich bremsen. Ross und Reiter, Pardon Bentley und Skifahrer steigerten sich von Rund zu Runde, bis die elektronische Zeitnahme schließlich mehr als 50 Meilen in der Stunde anzeigte, was über 80 km/h entspricht. In zivilen Geschwindigkeitsregionen, also im Bereich der 20 Sachen, gelang es auch den Willigen (und Mutigen) unter den neun geladenen Korrespondenten aus sechs Nationen, ihre persönliche Premiere beim Ski-Jöring zu wagen und erfolgreich, ohne blaue Flecken und Blessuren abzuschließen. Während sich das Sportgerät mit kaum unter 20 Liter Super auf 100 Kilometer begnügen wollte, hatte für die Aktiven eine deftige Portion Trockenfleisch, Hobelkäse und Wurstspezialität aus dem Berner Oberland als artgerechter Kraftstoff vollkommen ausreichend erwiesen.

Die Suche nach einer Antwort auf die Frage des Sinngehalts eines solchen Treibens führt in jedem Fall auf die falsche Spur. Ski-Jöring mit einem Bentley Continental GT ist so nützlich wie eine Stradivari im Schrammel-Orchester und wird sich als kommende Trendsportart für situierte Wintersportler eher nicht auf Dauer etablieren. Es hat sich bei der Aktion um einen Spaß auf hoch kultivierten automobilen Niveau gehandelt. Und das exklusive Spektakel hat tatsächlich eindrucksvoll bewiesen, dass die Möglichkeiten eines Bentleys nur durch die Phantasie eines modernen „Bentley-Boys“ hat ausgelotet werden können.

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