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2CV
Das Ende der Ente kam nicht unerwartet. Rund um den Citroen 2 CV herum tobte seit Jahren der Fortschritt. Es ging um Sicherheit und Abgase, um Tempo und Luxus und um den Einzug von Elektronik ins Auto. Und die zunehmend heftiger motorisierte Autowelt jenseits der französischen Landstraßen und außerhalb deutscher Universitäten konnte seit Jahrzehnten mit dem seit 1948 gefertigten, schrulligen Gefährt nur noch wenig anfangen. 1990 hörte Citroen damit auf und eine der letzten Enten, in kräftigem Rot lackiert, landete bei mir. Sie verließ mich in den Wirren eines familiären Revirements und wurde nie mehr gesehen.
25 Jahre nach dem Ende der Produktion ist sie in ihrer Beschränkung auf das Notwendige aktueller als je zuvor. Wer über die Ente von Citroen nachdenkt, der landet bei dem Gegenentwurf von BMW. Zum Beispiel beim BMW Vision Future Luxury mit dem im Interieur integriertem User Interface, einem durchaus real erscheinenden Showcar in eine Zukunft, die nicht mehr die Zukunft des Autos ist. Und BMW ist nicht die einzige Marke, die mit Virtuellen Informationen und realer Umsetzung im Auto intensiv hantiert. Dabei wird mehr über Technik diskutiert, als an den Menschen gedacht. Er wird nur noch als Käufer und Umsatzbringer berücksichtigt. Im autonom fahrenden Auto, das seine Befehle aus der permanenten Internetverbindung erhält, wird der Mensch nur geduldet.
Copyright: Citroen/Georges Guyot
Vereinfache nicht nur Dein Leben, sondern auch Dein Auto: Nach dieser Devise konstruiert und produziert könnte der 2CV zum Vorbild werden. Das war er schon früher, aber Automarken, die im Aufwind schweben, sind selten bereit, ein Risiko einzugehen. Und in den besten Jahren der Ente nutzten viele Marken die Möglichkeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs der Welt und dann die Entdeckung der Märkte China und Russland, wo sich fette Gewinne realisieren ließen. Als die Produktion der Ente auslief, da war die Autogesellschaft noch nicht reif für die Erkenntnis: Ein einfaches Auto bietet viele Vorteile. Wer schert sich schon um den Nachbarn, der gerade mit verächtlichem Lächeln in seinen Donner-SUV steigt, der im Leerlauf soviel Sprit verbraucht wie die Ente auf 100 Kilometern. Meine Ente war gut für die einfache Mobilität, weil sie so wenig bewegte, das nichts kaputt gehen konnte. Und wenn es dennoch passierte, dann wurde es mit dem Schweizer Messer, dem Märklin Modellbaukasten, einer Rolle Blumendraht, mit zwei Nylonstrümpfen und einer großen Flasche Cotes du Rhone nebst Baguette und Salami repariert. Getränk und Speise dienten der Lebensfreude.
Im Zweizylinder-Motor mit 29 PS steckte Downsizing, lange bevor der Begriff erfunden wurde. Er kochte nie über, sein heulendes Gebläse sorgte für Luftkühlung und geschaltet wurde über eine lange Stange. Mein Roter Teufel – die Ironie des Begriffs offenbarte sich beim Beschleunigen in etwa 40 Sekunden auf 100 km/h und der Höchstgeschwindigkeit von 115 – wurde dank Rolldach und Klappfenster zur zugigen Terrasse und junge Frauen achteten wenig auf den korrekten Sitz ihrer Kleidung, wenn sich die Ente in die Kurven legte. Aber es war ein Einfach-Auto mit hohem Risiko für die Insassen, bei einem Unfall in die Bredouille zu geraten. Deswegen wurde die Ente sehr passiv bewegt und sie dankte es. Wahrscheinlich war sie aufgrund ihrer Langsamkeit immer zu spät in jenen Situationen eingetroffen, die sich für einen Unfall geeignet hätten. Die Liste ihrer Ausstattung ist kurz, und alle Details, die sie in Sachen Komfort, passiver und aktiver Sicherheit, eben nicht hatte, ist viel länger. Während meiner Enten-Reisen hatte sich niemand beschwert, über den Mangel an Assistenzsystemen und der Abwesenheit von Entertainmentofferten. Josef hatte seine Gitarre dabei und Karin trug ihr Haar offen…..
geschrieben von MID veröffentlicht am 28.07.2015 aktualisiert am 28.07.2015
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