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Wer vom Flughafen aus in die Innenstadt von Detroit fährt, reist rückwärts durch die Zeit. Vorbei an verfallenen Schulen, fensterlosen Wohnblocks und staubigen Industrieruinen. Man passiert verblichene Highway-Schilder ausgebrannte Laternen und stillgelegten Bahnstrecken. Und plötzlich ragen diese drei gläserne Stahlbetontürme vor einem auf, 221 Meter hoch, glänzend und funkelnd: das Renaissance-Center, Sitz von General Motors, dem einst größten Automobilkonzern der Welt. Und der letzte Rest einer großen Vergangenheit.
Detroit, die Geburtszelle der Massenproduktion, Wiege der Automobilindustrie und Zentrum des modernen Kapitalismus. Der Ort, an dem das 20. Jahrhundert geboren wurde, wie der Historiker Bob Casey schrieb, ist pleite. Wie schon GM im Jahr 2009 sucht die Stadt nun Gläubigerschutz unter dem Konkursrecht.
Wer vom Flughafen aus die Jahresringe des Verfalls abgefahren hat, wundert sich darüber nicht. In den 50er-Jahren wohnten noch rund zwei Millionen Menschen rund um den Highland Park im damals geschäftigen Stadtzentrum. Dort, wo Henry Ford das erste Fließband im Automobilbau einsetzte, steht nun ein Einkaufszentrum. Die Kunden aber fehlen längst. Die einstige Millionenstadt ist in Sachen Einwohner auf das Format von Frankfurt geschrumpft – bei fast anderthalbfacher Fläche. Gerade das macht Detroit besonders deprimierend: die pure Größe, die breiten Straßen, die ausufernden Parkplätze an allen Ecken – und die gleichzeitige Unsichtbarkeit von Leben.
Die Metropole zog mit sicheren Arbeitsplätzen und guter Bezahlung Menschen aus allen Teilen des Landes an. „Motor City“ blühte, „Motown“-Sound bestimmte die Hitparaden und die US-Autoindustrie war so groß wie ihre Straßenkreuzer.
Die Konzentration der Fahrzeugindustrie wurde der US-Regierung im Kalten Krieg unheimlich. Aus Angst vor einem lähmenden Atomschlag wurde die Autoindustrie dezentralisiert – zog vom Stadtzentrum aus in die benachbarten Orte, die City starb langsam aus. Rassenunruhen in den 60er-Jahren beschleunigten den Wegzug der weißen Bevölkerung noch. Als dann in den 70er-Jahren die Automobilhersteller aus Deutschland und Japan auf den US-Markt drängten gab es einen weiteren Negativ-Schub für Detroit.
Bis zur Jahrtausendwende verlor Detroit fast eine Million Einwohner. Die Häuser, in denen sie lebten sind längst verfallen. Die Geschäfte, in denen sie einkauften stehen leer, rund 35 Prozent des Stadtgebiets gelten mittlerweile als unbewohnbar. Versuche einer Renaissance gab es viele. Hightech-Industrie wollte man ansiedeln oder die urbanen Brachflächen zu Äckern machen.
Die Stadt kann weder die Infrastruktur erhalten, kann ihren Bürgern keinen Schutz gewähren und kann auch ihre Schulden nicht zurückzahlen. Nun soll ein Restrukturierungsplan entwickelt werden. Bei General Motors hat das geklappt – wenn auch mit staatlicher Hilfe – der Autobauer hat die Insolvenz überwunden und steht nun besser da als zuvor. Bleibt zu hoffen, dass das auch im Schatten der Glastürme gelingt.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 19.07.2013 aktualisiert am 19.07.2013
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