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Lublin – Polen ist seit 2004 Mitglied der Europäischen Union. Doch immer noch wissen viele nur sehr wenig über das Land, dessen Ostteil wir diesmal besucht haben, und beispielsweise über Lublin.
„Direkt hinter Warschau läuft eine imaginäre Linie von Nord nach Süd“, erzählt Magdalena Korzeniowska, während wir südöstlich auf einer holprigen Straße Richtung Sandomierz durchgeschüttelt werden. „Es teilt das Land in Polen-A und Polen-B“, so unsere Begleiterin vom Polnischen Fremdenverkehrsamt, „das westlich davon gelegene Polen-A ist dabei eher das reichere, Polen-B dagegen eher das ärmere mit weniger Investoren und viel Arbeitslosigkeit“. Dennoch ist die ebene Landschaft reizvoll, auch wenn unverputzte, einstöckige Beton- oder dunkelbraune Holzhäuser, umgeben von Maschendrahtzäunen, die Straßen säumen. Die Grundstücke wirken aufgeräumt, sind im Sommer mit unzähligen, bunten Blumen geschmückt.[foto id=“512356″ size=“small“ position=“right“]
Wir fahren an Wäldern vorbei, überqueren kleine Flüsse, passieren Moore, in denen in wärmeren Jahreszeiten Storchenpaare nach Fröschen suchen, sehen große, offene landwirtschaftliche Felder, auf denen alte, rauchende Schlepper oder dicke Pferde mit Karren ihre Arbeit verrichten, fahren an Obstplantagen vorbei. Vor uns tuckert ein alter Lastwagen voll beladen mit schwarzer Kohle. Viele Autos östlich der fiktiven Linie sind noch mit alten schwarzweißen Nummernschildern unterwegs. Aus Anlass der Fußball-Europameisterschaft 2012 ist viel an Straßen gebaut worden, um eine bessere Infrastruktur im Land zu ermöglichen. In Sandomierz, einer der ältesten Städte Nach etwa vier Stunden erreichen wir Sandomierz, eine der ältesten Städte des Landes. Das charmante, über 1000 Jahre alte Städtchen mit rund 26 000 Einwohnern in der Woiwodschaft Swietokrzyskie (Heiligkreuz) im Südosten liegt malerisch am Ufer der Weichsel auf sieben Hügeln. Sandomierz war schon im Mittelalter ein wichtiges Handelszentrum. Von allen Städten an der Weichsel hatte nur Sandomierz das Recht, mit Salz zu handeln, was zu schnellem Reichtum führte. Darüber hinaus sollte der katholische Glaube auch von Polens östlichster Stadt noch weiter in den Osten gebracht werden.
Trotz zerstörerischer Ereignisse wie der Tataren-Einfälle im 13. Jahrhundert, der Pestepidemie, dem großen Brand 1757, der Invasion der Schweden im 17. Jahrhundert, der Einverleibung und Plünderung durch Österreich 1795 und der beiden Weltkriege hat Sandomierz gut überlebt. Die Altstadt ist sogar eine der besterhaltenen in Polen. Die 120 Baudenkmäler sind zum Teil im typischen Stil des 14. Jahrhunderts.
Zu den älteren Bauwerken gehören die romanische Sankt-Jakobs-Kirche (1226) und die gotische Kathedrale (1340). Unter dem Marktplatz befindet sich ein bis zu 15 Meter tiefes Labyrinth aus alten Gängen und Kellern, in denen der Legende nach eine Einwohnerin die Stadt vor dem weiteren Überfall der Tataren rettete. Sie führte die Tataren dort in eine Falle. Mit ihnen fand sie eingesperrt allerdings auch den Tod. Nach dem Überfall der Schweden gerieten die Keller in Vergessenheit.
Was blieb, sind die Sagen darüber. Ab den 1960er-Jahren sind die Keller mehr und mehr zusammengebrochen. Die meisten sind heute aus Gründen der Sicherheit zugeschüttet. Nur ein Teil ist für Touristen erhalten. „Die Stadt wird manchmal scherzhaft mit Rom verglichen“, betont Städteführerin Dorata Krolikowska: „Wegen der sieben Hügel, der unterirdischen Gänge und wegen der Märtyrer, die, brutal von den Tataren ermordet, postum vom Papst selig gesprochen worden sind.“[foto id=“512357″ size=“small“ position=“left“]
Wir machen auf unserer Fahrt nach Lublin noch einen Abstecher nach Zamosc in die Woiwodschaft Lubelskie, 90 Kilometer von Lublin entfernt an der ukrainischen Grenze. Zamosc ist Geburtsort der Kommunistin Rosa Luxemburg. Aus Skierbieszów, unweit davon, stammt übrigens Deutschlands Bundespräsident Horst Köhler. Je weiter wir Richtung Osten fahren, desto mehr Bauernhöfe sind zu sehen. Die hügelige Landschaft wird zunehmend lieblicher, die Häuser bunter.
Der Gründer von Zamosc, Jan Zamoyski, der im italienischen Padua studierte, ließ die Stadt vom venezianischen Baumeister Bernado Morando 1578 im italienischen Renaissance-Stil errichten. Zunächst für 3000 Menschen vorgesehen, zählt sie jetzt knapp 70 000 Einwohner. Das Aussehen der Stadt ist ungewöhnlich für Polen. Zamosc wird deshalb auch „Padua des Nordens“ genannt. Die Altstadt, die seit 1992 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört, ist wirklich eine Augenweide. Die farbenprächtigen, sehr aufwändig verzierten Armenierhäuser auf dem viereckigen Marktplatz rechts neben dem Rathaus mit seiner großzügig geschwungenen Freitreppe fallen auf. Rundum verlaufen Arkaden. Es gibt Cafés und Restaurants. Ein Nachkomme Jan Zamoskys amtierte zuletzt übrigens noch als Bürgermeister in Zamosc.
Wir erreichen Lublin. Die Hauptstadt von Lubelskie, im 12. Jahrhundert gegründet, ist mit rund 350 000 Einwohnern Polens größte Stadt östlich der Weichsel und neuntgrößte im Land, beherbergt drei Universitäten. Die günstige Lage an der Kreuzung wichtiger Handelswege hat dazu beigetragen, dass Lublin sich schnell entwickelt hat.
Bei einem Rundgang über das alte Kopfsteinpflaster des sehr lebendigen Zentrums staunt man über die unterschiedlichen Zustände verschiedener Gebäude – mal schön [foto id=“512358″ size=“small“ position=“right“]renoviert, mal total verfallen. „Das liegt daran, dass die Besitzverhältnisse noch nicht geklärt sind“, erklärt Magdalena. Während der langjährigen russischen Besatzung wurden die Häuser enteignet – jetzt sucht man die Familien der Vorbesitzer. Dokumente sind oft nicht eindeutig. Ausfindig gemachte frühere Besitzer melden sich nicht, weil sie das Haus nicht mehr haben wollen, weil es viel Geld kostet, die behördlichen Auflagen für die Renovierung zu erfüllen. „Außerdem kann man Mieter, die während des kommunistischen Regimes jahrelang in den Häusern lebten, nicht einfach vor die Tür setzen, man muss ihnen eine Ersatzwohnung zur Verfügung stellen.“ Viele Banken haben bereits einige attraktivere Häuser übernommen und renoviert. Wenn sich gar kein Besitzer meldet, renoviert die Stadt, soweit ihre eigenen Mittel reichen.
Wir treffen zwei ältere Schwestern, Christine und Alice. Mit ihrem Bruder zusammen suchen sie ihr früheres Geburtshaus. Sie sind nach 65 Jahren zum ersten Mal, seit sie Polen im Alter von fünf und sieben Jahren verlassen mussten, wieder hier. Diese Art von Heimattourismus, sagt Magdalena, finde man auch in Lublin häufig.
In einem Stadtteil im Süden befand sich während des Zweiten Weltkriegs das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek, ursprünglich für sowjetische Kriegsgefangene im besetzten Polen gedacht. Bei einem Besuch in dieser Gedenkstätte trifft man täglich große Gruppen israelischer Schüler und Studenten mit wehenden jüdischen Fahnen. „Es sind Pflichtbesuche“, wird uns erklärt. In der Mitte des angrenzenden Mausoleums, das nur überdacht und an den Seiten offen ist, findet sich Menschenasche. Sie ist nach der Befreiung 1945 gesammelt und nach Majdanek gebracht worden. Nach neuesten Forschungsergebnissen haben rund 78 000 Menschen an diesem Ort ihr Leben verloren, darunter 59 000 Juden.
Bis zur deutschen Besetzung während des Kriegs war Lublin ein Zentrum jüdischen Lebens in Polen. Inzwischen gründen sich wieder jüdische Gemeinden. Sie nehmen die alten Synagogen zurück, bauen sie aus. Ein Rabbi kommt regelmäßig aus Warschau. Es gibt ein koscheres Restaurant. „Die Juden sind hier nicht ausgewandert, blieben in Polen integriert, haben aus Angst aber nach Kriegsende nicht zugegeben, Juden zu sein. Nur freitags hat man sie selten angetroffen, sonntags sah man sie im Garten arbeiten.“
Lublin hat Flair. Die Stadt erinnert von ihrem Aussehen her durchaus an Orte in Österreich. Die Jugend sitzt, wenn es wärmer ist, draußen in Bars und Restaurants, die sich teils mit bröckelnden Fassaden in den Straße aneinanderreihen. Es geht lauter zu. Das quirlige Leben zeugt von bester Laune. Bis Warschau sei die Welt in Polen in Ordnung, hat Magdalena gesagt. Malerische Städte und ursprüngliche Landschaftsbilder östlich davon strahlen ebenfalls einen besonderen Zauber aus. Hier im Polen-B.
Polen dehnt sich von Norden nach Süden rund 650, von Westen nach Osten rund 700 Kilometer aus. Der Name ist vom westslawischen Stamm der Polanen abgeleitet. Das Land zählt gut 38 Millionen Einwohner. Der Flug nach Warschau dauert etwa von Frankfurt/Main aus weniger als zwei Stunden. Zur Einreise reicht der Personalausweis. Landessprache ist Polnisch. Mit Englisch kommt man in Zentren weiter. Teilweise kann man sich sogar deutsch verständigen. Landeswährung ist noch der Zloty. Der Unterschied zu unserer Zeit beträgt plus eine Stunde. Das Klima in Polen ist dem bei uns ähnlich. Die Sommer sind eher warm und trocken, die Winter dagegen kälter.
Wir waren im Pod Cizemka 1563 (drei Sterne, gemütlich, direkt am Marktplatz, www.hotel-sandomierz.com.pl) in Sandomierz untergebracht sowie im Waksman (zwei Sterne, klein aber fein, in der Altstadt, www.waksman.pl) in Lublin. Kulinarisch geht es in Polen auf dem Land eher deftiger zu, was sowohl fürs Essen wie auch für die Getränke (Bier, Schnaps) gilt. Information: Polnisches Fremdenverkehrsamt, Kurfürstendamm 75, 10709 Berlin, www.polen.travel/de
Von Berlin sind es mit dem Auto über Frankfurt/Oder und Posen rund 550 Kilometer östlich bis nach Warschau und von dort noch einmal über 150 Kilometer südöstlich über Otwock, Garwolin und Ryki bis Lublin. Wer über Dresden dorthin anreist, muss noch rund 650 Kilometer fahren, ab München sind es an Passau vorbei und durch Tschechien Luftlinie über 860 Kilometer. Polens Verkehrsregeln sind nahezu identisch mit denen bei uns. In Ortschaften gilt höchstens Tempo 50, außerhalb bis Tempo 90, auf ein- und zweispurigen Schnellstraßen bis Tempo 100/120, auf Autobahnen bis Tempo 140. Die Promillegrenze liegt bei 0,2.
geschrieben von auto.de/Reise/Fiona Grebe/KoCom veröffentlicht am 28.05.2014 aktualisiert am 28.05.2014
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