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Porsche 911 GT3
Nicht alles ist neu am neuen 911 GT3. Das meiste an ihm – und über ihn – ist bekannt: So unter anderem der durchaus sympathische Umstand, dass er als einziger innerhalb der Porsche-Produktpalette noch nicht dem Turbo-Diktat unterworfen wurde, sondern wie seine Ahnen noch immer mit konventioneller Saugmotor-Technik antreten darf.
Er zelebriert, was vielerorts schon lange in einer überbordenden Anspruchshaltung untergegangen ist: konsequent praktizierten und mit Rennsporttechnik garnierten Leichtbau – zugunsten eines ungefilterten und von höchster Querdynamik gekrönten Fahrgefühls. GT3-Besitzer, und zwar nicht nur die Beneidenswerten, die mit der letzten Variante auf Basis 991 glücklich geworden sind, wissen, dass das Ausloten des Grenzbereichs weniger von der Physis ihres Untersatzes abhängt, als vielmehr vom Einsatzort und – mehr noch – vom ihrem Wollen und Können selbst. Insofern mutet es auf den ersten Blick sehr kühn an, den Reiz eines GT3, so wie wir ihn bisher kennengelernt haben, mit ein paar Mehr-PS steigern zu wollen.
Aber Porsche schafft dies mit einer Regelmäßigkeit, die nur in Unkenntnis der Marktlage und unter Ausblendung der menschlichen Psyche verwundern muss: In seiner jetzt vorgestellten, zweiten Ausbaustufe tritt der vermutlich nur von Insidern als überarbeiteter GT3 zu identifizierende Top-Athlet der 991-Baureihen mit 500 PS an – 25 PS und 20 Newtonmeter Drehmoment mehr, als die bisherige, bis Ende 2015 an den Mann, beziehungsweise die Frau gebrachte Variante aufgeboten hat.
Und doch ist der Run auf den jüngsten Spross aus der Weissacher GT-Abteilung so groß, dass man sich verwundert die Augen reibt. Dem Vernehmen nach soll der Bestelleingang schon kurz nach Präsentation der neuen GT3-Variante ein überwältigender gewesen sein. Kein schlechter Deal, bei einem Basispreis von 152 416 Euro. Mit ein paar zusätzlichen Gimmicks, auf die man als kundiger GT3-Interessent nur ungern verzichten möchte – Liftsystem für die Vorderachse, LED Hauptscheinwerfer inklusive Dynamic Light System Plus, Leder/Alcantara-Sitze und eine Rückfahrkamera, um nur einige wenige Posten zu nennen – sind es aber gut und gerne 180 000 Euro, die für den Traum vom neuen, ungefilterten Sportvergnügen á la 911 GT3 hingeblättert werden müssen.
Copyright: Porsche
Ob es die neue, serienmäßig installierte Hinterachslenkung ist, die das Begehren so anheizt oder die Option, anstatt des bisher einzig erhältlichen Doppelkupplungsgetriebes PDK nun alternativ und ohne Aufpreis auch ein mechanisches Sechs-Gang-Getriebe wählen zu können, weiß niemand so genau. Gewiss ist einzig und allein, dass das Kürzel GT3 für ein Versprechen steht, dessen Einlösung größte Befriedigung verheißt.
Die Frage aber lautet: Wie wollen die das bei Porsche um Projektleiter Andreas Preuninger gestemmt haben, das fahrdynamische Talent so weiterzuentwickeln, dass unter vorgehaltener Hand schon von Wunderdingen geraunt wird? Unter 7.20 Minuten auf der Nürburgring Nordschleife sollen drin sein. Damit wäre der Neue dann rund zehn Sekunden schneller als der Vorgänger. Eine ähnlich deutliche Verbesserung steht auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim zu erwarten. Und das bei einer Mehrleistung von nur 25 PS? Die mitgelieferte „Porsche Track Precision App“, eine via Smartphone übertragene, pfiffige Anleitung zur Nachahmung der idealen Runde.,wird es allein nicht sein. Für den fahrdynamischen Quantensprung führt Weissach folgende Punkte auf:
Der Motor: Mit nunmehr 500 PS und einem maximalen Drehmoment von 460 Newtonmeter ist es der leistungsstärkste Saugmotor mit Direkteinspritzung, den Porsche je gebaut hat. Die Leistungskurve des Vier-Liter-Boxers gipfelt bei 8250 Umdrehungen pro Minute (U/min) und das maximale Drehmoment erreicht seinen Höhepunkt bei 6000 U/min. Die Höchstdrehzahl liegt bei sagenhaften 9000 Umdrehungen. Einen engeren Bezug zum Rennsport hat es noch nicht gegeben. Das mit einer starren Ventilsteuerung, das heißt mit Schlepphebeln ohne hydraulische Ausgleichselemente und daher mit extrem geringen Reibungsverlusten arbeitende Triebwerk ist mit dem der Rennversion 911 GT3 Cup identisch. Beide Motoren entstehen auf derselben Produktionslinie.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Porsche
Das Leistungsgewicht: Mit nur 2,83 Kilogramm pro PS ist jenes der handgeschalteten, nominell nur 1413 Kilogramm schweren GT3-Variante zwar am günstigsten. Gegenüber der PDK-Version (1430 kg) gerät sie fahrleistungsmäßig trotzdem leicht ins Hintertreffen. Mit 3,9 Sekunden ist sie laut Werk eine halbe Sekunde langsamer auf Tempo 100 als die Version mit Doppelkupplungsgetriebe. Diese wird mit 3,2 Sekunden angegeben. Den Sprint bis 200 km/h entscheidet die PDK-Variante gleichfalls knapp für sich: 11,0 gegenüber 11,4 Sekunden.
Der Unterschied in der Höchstgeschwindigkeit – 318 km/h mit PDK, 320 km/h beim Handschalter – erklärt sich durch die unterschiedlichen Übersetzungsverhältnisse. Das neu entwickelte, mit Zweimassenschwungrad und automatischer Zwischengas-Funktion ausgestattete GT-Sportschaltgetriebe stellt im Unterschied zum Sieben-Gang-PDK-Getriebe einen Gang weniger zur Verfügung. Anders als beim PDK wird hier die Kraft an eine mechanische statt an eine elektronisch geregelte Hinterachs-Quersperre weitergegeben. Das wird die Technik-Puristen ebenso zufriedenstellen wie die Möglichkeit, die Gänge eigenverantwortlich sortieren zu dürfen.
Das PDK-Getriebe: In den Schaltprogrammen erneut überarbeitet, geht es laut Porsche vor allem im Rundstrecken-Einsatz eine noch förderlichere Allianz mit dem Sechs-Zylinder-Boxer ein als zuvor. Bei aller Sympathie für das perfekt zu bedienende, mit kurzen, knackigen Schaltwegen arbeitende Schaltgetriebe: Die optimalen Schaltpunkte, beziehungsweise Drehzahlen hat das neue PDK-Getriebe im Automatik-Modus so perfekt verinnerlicht, dass man sich als Individuum extrem schwertut, es ihm gleichzutun. So schwer es ist, den technologischen Fortschritt zu akzeptieren: Unter Mithilfe des in jeder Hinsicht genial arbeitenden PDK-Getriebes ist man nicht nur schneller unterwegs, sondern verfügt auch über deutlich höhere Sicherheitsreserven. Von Zugkraftunterbrechungen, wie sie beim manuellen Schaltvorgang zwangsläufig vorkommen, keine Spur. Lastwechselreaktionen sind auch kein Thema, die Gefahr des Verschaltens gleichfalls nicht.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Porsche
Aerodynamik: Das charakteristische Erkennungsmerkmal des GT3, der starre Heckflügel aus Carbon, steht nun 20 Millimeter höher im Luftstrom als beim Vorgänger, was laut Porsche den Abtrieb leicht erhöht, ohne dem Luftwiderstandsbeiwert zu schaden. Darüber hinaus sind Bug- und Heckteil sowohl gewichtsmäßig als auch aerodynamisch optimiert. Die verbesserte Schnittstelle zwischen Fahrer und Fahrzeug in Form stärker konturierter Seitenwangen an den Sportsitzen mag in der Wirkung zwar unwesentlich erscheinen, erfüllt unterm Strich aber denselben Zweck wie eine Leistungsspritze. Schließlich hängt es vom perfekten Eingebundensein ins System ab, ob der technische Fortschritt auch dort abgebildet werden kann, wo er sichtbar werden soll: auf der Strecke und auf der Uhr. Wer Zweifel an der Wirksamkeit dieses Optimierungsprogramms hegt, könnte sich auf den ersten Kilometern im neuen GT3 fast bestätigt fühlen.
War schon der Vorgänger mit Klimaanlage, Sound- und Navigationssystem sowie angemessenem Abrollkomfort zu einem vergleichsweise höflichen Mitstreiter bei der alltäglichen Aufgabenbewältigung gereift, schafft es der Neue, die sonst üblicherweise mit großem Sporttalent einhergehenden, negativen Konsequenzen völlig außen vor zu lassen. Rütteln auf schlechter Wegstrecke oder knüppelharte, stumpfe Schläge auf Querfugen sind hier nicht zu verzeichnen. Der Abrollkomfort des mit zwei Dämpferstufen perfekt konditionierten und nun auch mit speziellen Helferfedern an der Hinterachse ausgerüsteten Fahrwerks unterscheidet sich zumindest in der Normalstufe subjektiv kaum von dem eines 911 Carrera S – trotz der um 20 Millimeter kürzeren Federwege und entsprechend tieferer Schwerpunktlage.
Die Fahrgeräusche sind weniger dominant als beim Vorgänger. Dass selbst die früher üblichen, rasselnden Leerlauf-Geräusche von Seiten des Getriebes – hervorgerufen durch das nunmehr entfallene Einmassenschwungrad – kaum mehr durchdringen, ist zwar ein Zeichen erhöhter technischer Reife, könnte von der Hardcore-Fraktion aber auch als Verlust an professioneller Rennsport-Atmosphäre angesehen werden. Aber keine Bange: Der mit 13,3:1 extrem hoch verdichtete, mit Titanpleuel, Trockensumpfschmierung und variabler Ventilsteuerung antretende Sauger ist akustisch in der Lage, jeden Ansatz von Enttäuschung aus der Hirnwindung zu blasen, sobald sich die Auspuffklappen öffnen.
Es ist ein ergreifendes Konzert, das in seiner wunderbaren Klarheit zunächst angenehm verhalten beginnt, dann ab 4500 U/min mit plötzlich anschwellendem Timbre Spannung aufbaut und schließlich gegen 9000 Umdrehungen in einem furiosen Akt tonaler Aggressivität für Gänsehaut am ganzen Körper sorgt. Ein gellender Schrei – aber keiner, der Angst macht, sondern einer, der nach Befreiung klingt. Aber er kann auch leise. Er brüllt beim Kaltstart nicht ungeniert los, wie in Sportwagenkreisen heute vielfach üblich. Auch wenn man ihn weniger artgerecht bewegt, das heißt im Schneckentempo ausführt, zeigt sich der GT3 so anstellig wie jeder andere Elfer.
Copyright: Porsche
Damit steht selbst ausgedehnten Urlaubstouren nichts im Wege. Weder seitens des Antriebs, dem trotz einer Literleistung von 125,1 PS/L beste Laufkultur bescheinigt werden kann, noch aufgrund ermüdender oder gar Handschweiß fördernder Fahrwerkseigenschaften. Darüber hinaus stellt der Zweisitzer ein Gepäckraumvolumen von 385 Liter zur Disposition – 125 davon im vorderen Kofferabteil und 260 Liter im Luftraum hinter den umlegbaren Sitzlehnen. Ein 90-Liter-Tank ist anstelle des serienmäßigen 64-Liter-Behältnisses erhältlich. Der Aufpreis hier: überraschend bescheidene 119 Euro. Der Umstand, dass sich noch kein GT3 zuvor so sicher und lässig in Richtung Höchstgeschwindigkeit treiben ließ, könnte in diesem Kontext fast als Hinweis auf einen Bruch mit tradierten Porsche-Werten angesehen werden.
Der satte, unbeirrbare Geradeauslauf ist aber nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, die Folge eines um Längen gewachsenen Radstands oder das Resultat eines um das Dreifache angewachsenen aerodynamischen Abtriebs. Die Zauberformel lautet: Hinterachslenkung. Wie schon bei anderen aktuellen Elfern-Typen auch, wirkt sich diese Technik sowohl positiv sowohl auf den Geradeauslauf aus, als auch auf die Handling-Eigenschaften. Schon im Parkhaus fällt auf, mit welcher Eleganz und Lässigkeit sich selbst ein verkappter Rennwagen wie der 911 GT3 mittels der mitlenkenden Hinterachse zwischen massiven Säulen und parkenden Autos hindurch manövrieren lässt.
Der Lenkwinkel der Hinterräder wird über elektromechanische Aktuatoren je nach Tempo um bis zu 1,5 Grad in beide Richtungen variiert. Unterhalb von 50 km/h schlagen die Vorder- und Hinterräder in die entgegengesetzte Richtung ein, ab 80 km/h lenken die Räder beider Achsen in dieselbe Richtung, wodurch sich die Stabilität bei hohem Tempo, etwa bei schnellen Spurwechseln oder erzwungenen Ausweichmanövern deutlich erhöht. Der Effekt ist nicht nur erstaunlich – er macht geradezu sprachlos.
Aus dem Zusammenwirken zwischen dem neu abgestimmten PASM – jenem variablen Dämpfersystem, das die Aufbaubewegungen der Karosserie unter allen Umständen auf ein Minimum reduziert – den dynamischen Motorlagern, die die hinter der Hinterachse liegende Masse in Form des Vier-Liters-Boxers in ihrer Wirkung kompensiert und besagter Allradlenkung stellt sich einen Vertrauensvorsprung ein, der tatsächlich zu neuen Großtaten in Sachen Fahrdynamik, ergo: Rundenzeiten, Anlass gibt. Wir sehen der Verifikation dieser Annahme mit Spannung entgegen.
geschrieben von AMP.net/Sm veröffentlicht am 31.05.2017 aktualisiert am 31.05.2017
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