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Porsche
„Er ist ein Fahrinstrument reinsten Wassers, und wer ihn kauft, hat sich für eine eindeutige Haltung entschieden: Für ihn heiligt der Zweck die Mittel.“ – Zu diesem Fazit kam Autor Klaus Westrup in Ausgabe 8/1970 von „auto, motor und sport“ nach dem ersten Test des VW-Porsche 914 in der Ausführung von Porsche mit Sechszylindermotor.
Der vollgetankt 985 Kilo schwere, 3, 99 Meter lange Zweisitzer, der wenige Monate zuvor auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt 1969 seine Premiere gefeiert hatte, stellte in vielerlei Hinsicht ein Novum dar, so auch den ersten gemeinsam von Porsche und Volkswagen entwickelten Sportwagen beispielsweise. Aber er stellte sich auch als [foto id=“415892″ size=“small“ position=“left“]erster radikaler Zweisitzer aus deutscher Nachkriegsproduktion und nicht zuletzt als erstes Auto „Made in Germany“ dar, das das Prinzip der Mittelmotorbauweise konsequent umgesetzt hatte.
Die Version Porsche der 914/6 verfügte als Antrieb über einen luftgekühlten Sechszylinder-Boxer mit zwei Litern Hubraum und einer Leistung von 110 PS, genug für 207 km/h Höchstgeschwindigkeit. Das konnten 1969 nur die Porschemodelle 911 E mit 103 kW/140 PS, und der 911 S mit 125 kW/170 PS toppen. Die schafften 210 km/h beziehungsweise 220 km/h. Bei 207 km/h musste sogar eine Mercedes 280 SL passen. Dessen 125 kW/170 PS strichen bei 200 km/h die Segel gegen Luft- und Rollwiderstände.
Projektpartner Volkswagen schickte seine Version des 914/4 mit einem Vierzylinder-Boxer ins Rennen um die Gunst einer sportlich orientierten Klientel, der aus 1,7 Liter Hubraum 59 kW80 PS schöpfte. Der größte deutsche Autoproduzent hatte seinen bislang stärksten Motor ursprünglich für den Einsatz in der Großserienlimousine VW 411 entwickelt und sah im 914 eine Möglichkeit, Synergien für den Motor zu [foto id=“415893″ size=“small“ position=“right“]nutzen.
Zu Beginn der Sechziger des letzten Jahrhunderts sahen sich sowohl Porsche wie auch Volkswagen mit Problemen konfrontiert. Nachdem die Sportwagenbauer 1963 den Porsche 911 vorgestellt hatten, der sich in puncto Leistung, Ausstattung und vor allem Preis deutlich über den abgelösten Porsche 356 orientierte, fehlte quasi ein Einstiegsmodell. Volkswagen hingegen merkte, dass in den Blütejahren des Wirtschaftswunders neben dem Brot-und-Butter-Auto Käfer immer stärker hochwertige Autos und auch Sportwagen gefragt waren. Beide Unternehmen, spätestens seit 1948 auch vertraglich eng verknüpft, entschieden sich nicht zuletzt für das gemeinsame Projekt, weil Porsche Patriarch Ferry Porsche und VW-Lenker Heinrich Nordhoff sich freundschaftlich nahestanden.
Beim 914 sollte etwas ganz Neues entstehen. Pläne einer Kunststoffkarosserie landeten früh im Papierkorb, weil sie in den geplanten Stückzahlen nicht wirtschaftlich realisierbar war. Die Entscheidung für das puristische, fast futuristische Design polarisierte von Beginn an heftig. Und mit der Entscheidung, den kleinen Sportler als Mittelmotorauto zu konzipieren, betraten die Entwickler technisches Neuland. Mittelmotorautos hatten sich seit Ende der Fünfziger im Rennsport durchgesetzt. Die Platzierung des [foto id=“415894″ size=“small“ position=“left“]Motors vor der Hinterachse verspricht generell eine optimale Gewichtsverteilung des Autos auf beide Achsen. Daraus resultiert bei Mittelmotorautos grundsätzlich eine bessere Fahrdynamik und damit höhere Kurvengeschwindigkeiten.
Der Nachteil für Fahrer, die nicht im Rennsport den letzten Schliff erhalten haben, resultiert beim Mittelmotorantrieb aus dem schmalen Grenzbereich, der spät, aber dann brutal einsetzt. Doch die Ingenieure des 914 meisterten alle Hürden. In nur 37 Monaten, vom 1. August 1966 bis zum Anlauf der Serienfertigung am 1. September 1969, war die Entwicklung komplett abgeschlossen.
Das Fahrverhalten und die Leistungsentwicklung des 914 überzeugte nach der Markteinführung Ende 1969 zwar die Fachleute und dies sogar in der VW-Version mit 59 kW/80 PS, doch die doppelte Vaterschaft verhinderte die Entwicklung eines guten Image. Für Porsche-Vans „roch“ das Auto zu sehr nach „billigem“ Volkswagen. Für das VW-Klientel war der Sportler zu abgehoben. Insgesamt stand das Projekt 914 unter keinem günstigen Stern. Kurt Lotz, der Heinrich Nordhoff 1967 an der VW-Spitze abgelöst hatte, wollte am liebsten mit dem Mittelmotorauto seines Vorgängers gar nichts zu tun haben. Die avisierten Stückzahlen waren zu klein für die Volkswagen-Logistik, Spezialisten wie Karman mussten für den Bau einspringen. Die [foto id=“415895″ size=“small“ position=“right“]Osnabrücker kamen jedoch mit dem komplexen Tragwerk auch nicht optimal zurecht und lieferten eine unbefriedigende Qualität.
Vor allem aus Sicht von Porsche. In der Herstellung kam eine Karosserie für den 914/4 beinahe so teuer wie für den 911. Vom Nacharbeiten bis zum Erreichen des Qualitätsstandards der Schwaben ganz abgesehen. Damit war der Zweisitzer in der Herstellung so teuer wie der Elfer, was sich jedoch gegenüber den Kunden nicht darstellen ließ. Nach nur 2 760 Autos beendete Porsche die Karriere des 914/6 nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Überlegungen. Welches Potential die Konstruktion aufwies, unterstrichen einige Sonderanfertigungen. Als 916 entstand eine Kleinserie mit den bis zu 210 PS starken 2,7-Liter-Sechszylinder-Boxern.
Am 19. September 1969 überreichte die Belegschaft Ferry Porsche zum 60. Geburtstag quasi einen 914/8 mit einem Dreiliter-Achtzylinder aus dem Rennsport, der es auf 192 kW260 PS brachte. Der Firmen-Chef [foto id=“415896″ size=“small“ position=“left“]fuhr über 10 000 Kilometer mit dem Unikat, das sich dank liebevoller Hingabe der Museumswerkstatt in Stuttgart-Zuffenhausen bis heute eines Neuwagenzustands erfreut.
40 Jahre nach seinem Ende erfährt der 914, vor allem die Porsche Version späte Genugtuung durch eine eingeschworene Fangemeinde. Die raren Überlebenden befinden sich in Sammlerhand und wer einen 914/6 in perfektem Zustand in sein Herz und in die Garage schließen möchte, sollte dafür einen sechsstelligen Betrag einkalkulieren. Bis 1975 entstanden überigens knapp 115 000 Exemplare des 914. Doch VW schmäht den Zweisitzer noch immer grimmig. In der offiziellen Firmenchronik steht nur ein einziger Satz über den „VW-Porsche“.
Aber vielleicht kommt es ja bald wieder zu einer Art Neuauflage einen kleinen Einstiegs-Porsches. Wenn die Übernahmegeplänkel von VW und Porsche endlich beendet sind, könnte die Zeit dafür wieder reif sein. Porsche hat Pläne für einen „Kleinen“ fertig in der Schublade liegen und VW könnte einen eigenen Sportwagen gut gebrauchen. Warum also nicht wieder ein VW-Porsche unter ganz neuen Voraussetzungen? Einen, den auch VW endlich liebhaben kann?
geschrieben von auto.de/(tl/mid) veröffentlicht am 26.04.2012 aktualisiert am 26.04.2012
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