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Prototypenfahrt
Es war geradezu ein Sakrileg, als Porsche im Jahr 2003 einen Geländewagen präsentierte: Der Cayenne markierte die Abkehr vom Fokus der Marke auf puristische Sportwagen mit Mittel- und Heckmotor. Er debütierte als Schwestermodell des Volkswagen Touareg; der Audi Q7 kam später. Mit ausladenden Abmessungen, extremer Geländegängigkeit und einem Angebot an großen V8-Motoren wurde er zum Symbol für Exzess. Und damit entfernte er sich deutlich vom Markenkern der Stuttgarter.
Die Skeptiker sind damals rasch verstummt, denn der Cayenne wurde zum Riesenerfolg: Die Gewinne haben Porsche nicht nur über Wasser gehalten, sondern die Grundlage für den weiteren Ausbau der Marke gelegt. Nach 14 Jahren Bauzeit, mit einem Modellwechsel im Jahr 2010, hat der Cayenne seine Führungsposition allerdings eingebüßt. Es wurde Zeit für eine neue Modellgeneration. Intern E3 genannt, steht sie jetzt kurz vor der Markteinführung.
Mit der dritten Cayenne-Generation wechselt Porsche auf eine neue Fahrzeugarchitektur: Das neue Modell steht auf der ursprünglich von Audi entwickelten MLB-Evo-Plattform und zwar – im Gegensatz zum Q7, aber genauso wie der kommende VW Touareg – auf der kürzeren von zwei Ausprägungen. Mit dem Schritt zu MLB Evo erhält der Cayenne Zugriff auf einen äußerst umfangreichen Komponentenbaukasten: Bei Telematik und Infotainment sowie bei Antrieb und Fahrwerk stehen den Entwicklern zahllose Optionen offen.
Dabei ist der Cayenne weiterhin ein echter Porsche mit völlig eigenständigem Charakter. Dies jedenfalls kristallisierte sich bei den Prototypenfahrten heraus, die im Winter am Großen Sklavensee im Norden Kanadas sowie vor wenigen Wochen in Südeuropa stattfanden. Die Autos waren mit Abdeckungen für Scheinwerfer und Rückleuchten noch leicht camoufliert, und damit wurde die optisch auffälligste Änderung geschickt verdeckt: Ein horizontales Leuchtenband, das sich über die komplette Heckpartie zieht – wie bei der beliebten G-Serie des 911er, wo es sich allerdings lediglich um einen Reflektor handelte.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Porsche
Während sich der Cayenne von außen weitgehend am Vorgängermodell orientiert, stand beim Interieur ein anderer Porsche Pate: Die Luxuslimousine Panamera, die vergangenes Jahr in ihrer zweiten Modellgeneration debütierte. Wie beim Panamera gibt es einen zentralen Tacho, der links und rechts von TFT-Bildschirmen flankiert wird; der Zentralbildschirm oberhalb der Mittelkonsole ist berührungsempfindlich ausgelegt und auch der Bereich um den Automatikwählhebel präsentiert sich als verglaste, berührungsempfindliche Fläche.
Was den Cayenne vom Panamera abhebt, sind die dreieckig geformten Haltegriffe an der Mittelkonsole und in den Armlehnen – und verschiedene Details, wie etwa die Cupholder, wurden entfeinert. Wenn das Sport-Chrono-Paket spezifiziert wird – und nur so lassen sich die Motoren weiter nachschärfen –, throhnt weiterhin eine runde Stoppuhr auf dem ansonsten futuristischen, von horizontalen Linien geprägten Armaturenbrett. Wir interpretieren sie als Reminiszenz an die ästhetischen Vorlieben der Ära Wiedeking.
Am wichtigsten bei einem Porsche ist allerdings, was fahrdynamisch geboten wird. Der Cayenne startet mit drei Maschinen: Einem 250 kW / 340 PS leistenden V6-Turbo im Basismodell, einem V6-Biturbo im Cayenne S mit 324 kW / 440 PS und einem 550-PS-V8-Biturbo (405 kW) im Cayenne Turbo. Später soll es Plug-in-Hybride geben, die auf den Varianten mit Ottomotor basieren, und Porsche hat auch zwei Dieselmotoren im Köcher, einen V6 und einen V8, die mit enormem Drehmoment bei niedrigem Verbrauch und hervorragenden Emissionswerten glänzen sollen. Alle Motoren sind übrigens an den ZF-8HP-Wandlerautomaten gekoppelt, der sich unter den Getrieben als neuer Standard etabliert hat.
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Bei den Testfahrten wurde der eigenständige Charakter der Antriebsvarianten direkt erlebbar. Während die leistungsstarken V6-Motoren mit seidigem Klang aufwarten, begeistert der V8 mit nochmals mehr Leistung und dem tiefen, leicht unruhigen Bass, den nur ein Achtzylinder erzeugen kann. Längs- und Querdynamik profitieren von dem erheblich niedrigeren Gewicht: Rund 100 Kilogramm hat Porsche herausgenommen.
Das Allradsystem verteilt die Kraft per Lamellenkupplung zu 100 Prozent variabel; es ist so abgestimmt, dass der Cayenne sich wie ein hinterradgetriebenes Auto anfühlt und agil einlenkt, anstatt über die Vorderräder zu schieben. Erstmals gibt es Mischbereifung mit Rädern und Reifen, die hinten größer sind als vorn, und die serienmäßige Stahlfederung lässt sich optional mit elektronischen Dämpfern optimieren. Darüber rangiert eine Drei-Kammer-Luftfederung.
Die Testfahrten in der arktischen Kälte haben übrigens durchaus noch Verbesserungsbedarf enthüllt: Im Anschluss an den Termin wurde die Heckscheibenheizung optimiert – und Porsche hat die elektrischen Lamellen vor dem Kühler vor Vereisung geschützt. Es könnte ja sein, dass auch ein Kunde bei minus 20 Grad seinen Cayenne mit dem Wasserschlauch abspritzt.
Am 30. August wird der neue Cayenne in Stuttgart enthüllt. Und zum neuen Markenkern von Porsche passt er hervorragend.
geschrieben von AMP.net/jri veröffentlicht am 07.08.2017 aktualisiert am 07.08.2017
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