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Fahrbericht
An die Hauptstadt des französischen Übersee-Départements Guayana denken die wenigsten, wenn der Begriff „Cayenne“ fällt. Eher schon an Pfeffer. Noch schärfer als die bisher bekannte Version des Porsche-SUVs soll die neue Coupé-Variante sein. Nach einer Woche im Alltagstest muss man sich fragen: Warum nicht gleich so?
Nörgelei und Häme gehörten noch zu den freundlicheren Reaktionen, als BMW 2008 sein Modell X6 auf den Markt brachte. „Wer braucht denn sowas?“, hörte man allenthalben, ein Zwitterwesen aus SUV und Coupé galt vielen Skeptikern als Design-Unfall. Die Verantwortlichen in München hatten den Markt jedoch richtig eingeschätzt und der Wagen wurde ein Erfolg. Inzwischen gibt es von Mercedes das GLE Coupé, von Audi den Q8 und Porsche hält nun mit dem Cayenne Coupé dagegen. Alle Anbieter zielen auf eine wohlhabende Kundschaft, denen es keine Kopfschmerzen bereitet, sechsstellige Summen für einen Pkw auszugeben.
Allerdings – auch das gehört zur Wahrheit – werden 100 000 Euro oder mehr nicht tatsächlich auf den Tisch des Händlers gelegt. Der Listenpreis stellt vielmehr die Berechnungsgrundlage für die Leasingrate dar, denn überwiegend werden diese Fahrzeuge gewerblich zugelassen. Beim GLE sind es 77 Prozent, beim Q8 mehr als 75 und beim X6 genau 70,1 Prozent laut Statistik des Kraftfahrtbundesamtes (KBA), Stand Ende Juli 2019. Beim Cayenne Coupé dürfte die Quote künftig ähnlich hoch liegen.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Axel F. Busche
Geht man vom herkömmlichen Coupé-Begriff aus, bedeutete dies in der Vergangenheit oftmals „weniger Platz für mehr Geld“. Und auch beim Cayenne Coupé scheint sich dies zumindest teilweise zu bewahrheiten, denn beim Basispreis liegt zwischen Cayenne S und Cayenne S Coupé ein Unterschied von 5475 Euro. Jedoch sind im Coupé ab Werk zum Beispiel 20-Zoll-Leichtmetallfelgen (statt 19er), Panorama-Dach, Sport Chrono-Paket, Rückfahrkamera, geschwindigkeitsabhängige Servolenkung und adaptive Dämpferkontrolle dabei, wofür beim normalen Cayenne S Aufpreise fällig wären.
Das Coupé ist gegenüber dem Normal-Cayenne minimal länger (13 mm) und 20 Millimeter flacher. Mit Außenspiegeln in Betriebsstellung ist er deutlich breiter als zwei Meter (2,19 m). Unterwegs in Autobahnbaustellen dürfen die Autos folglich die rechte Spur nicht verlassen, was die meisten Fahrer als Zumutung empfinden könnten.
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Für die vorderen Insassen ist die Kabine auf Höhe der Fensterlinie 1,51 Meter breit, hinten immerhin noch 1,45 Meter. Auch mit der Kopffreiheit gibt es hinten überraschender Weise keine Probleme, mit der Sicht jedoch schon. Den Schulterblick beim Rechtsabbiegen kann man sich eigentlich sparen, denn zu sehen gibt es so gut wie nichts. Daran ändert auch die wohl gut gemeinte, aber nutzlose dritte Seitenscheibe nichts.
Abstriche sind aufgrund der veränderten Dachform beim Ladevolumen zu konstatieren: Bei aufgestellten Rücksitzlehnen bietet das Coupé 625 Liter, bei umgelegten Sitzen 1540 Liter Gepäckraum. Das sind 147 bzw. 168 Liter weniger als beim Schwestermodell. Die Ladefläche ist eben und zwischen 100 und 195 Zentimetern tief. Die Ladekante befindet sich auf 76 Zentimetern Höhe und das Schloss der vollständig und elektrisch geöffneten Klappe 1,91 Meter über dem Boden. In die Klappe ist der elektrische Heckspoiler integriert, der seitlich bis zu den Rückleuchten hinausragt. Er mag für einen Sportwagen, der bei hoher Geschwindigkeit Abtrieb auf der Hinterachse braucht, unentbehrlich sein, einen Schönheitspreis hat er in ausgefahrenem Zustand aber nicht verdient.
Dazu braucht es gar nicht mal die sehr ansehnlichen (aber sündhaft teuren) 22-Zoll-Felgen des Testwagens. Durch das flach nach hinten abfallende Dach ist er von den Proportionen und der Silhouette her viel näher an seinen Verwandten der Modellreihen 911 Carrera und 718 Cayman. Auf rahmenlose Seitenscheiben wie beim Q8 mochte sich Porsche nicht einlassen, hinten sind sie nicht ganz versenkbar. Insgesamt kann das Coupé überzeugender als authentischer Sportwagen wahrgenommen werden – als „echter“ Porsche sozusagen und weniger als wuchtiges SUV. Dass objektiv messbare Kriterien eher für Letzteres sprechen, steht auf einem anderen Blatt – in den Technischen Daten.
Bauartbedingt sind SUV nun mal schwere Automobile, und schwere verbrauchen bei gleicher Motorisierung mehr als leichte. Laut Datenblatt des Herstellers ist das Coupé 30 Kilogramm schwerer als der Standard-Cayenne. Im Einzelfall hat man sogar die Wahl zwischen drei Werten. In den Fahrzeugunterlagen des Testwagens war von 2050 Kilogramm (DIN) die Rede, die amtliche Zulassung sprach von 2195 kg und beim Wiegen kamen 2240 kg heraus – mit nahezu vollem Benzintank.
Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, dass der Testwagen den WLTP-Verbrauchswert von 12,3 Litern je 100 km um 1,5 Liter überschritt. Nur selten denken Kunden darüber nach, dass jeder Zoll mehr einer schicken Alufelge auch mehr Gewicht, mehr Reifensubstanz, mehr Aufstandsfläche und mehr Rollwiderstand bedeuten. Nicht umsonst sagt ein Sprichwort „wer schön sein will, muss leiden“. Der Wahrheitsgehalt dieser Sentenz war an der Reifen-Felgen-Kombination des Testwagens leicht überprüfbar.
Äußerst kleidsam sind solch mächtige Alus in Verbindung mit nur 30 Prozent Gummiüberdeckung, doch ein „Fahrkomfort“ zu nennendes Erlebnis gibt es nur auf topfebenem Belag. Da das Cayenne Coupé aber über ein Luftfahrwerk, maximal 245 mm Bodenfreiheit und spezielle Offroad-Fahrmodi verfügte, war der Wunsch nach einem Ausflug ins Gelände nicht zu bezähmen. Die Folge: Jeder frei liegende Wurzelstrang, jede Delle und jeder Huckel wurde gnadenlos an die Insassen weitergereicht. Wer mit seinem Cayenne öfter die Straße hinter sich lassen will, sollte auf die flachsten Niederquerschnittsreifen besser verzichten.
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Das Coupé war auch hier ein echter Porsche. Druckvoll, bissig und selbst jenseits von 250 km/h Souveränität und Sicherheit ausstrahlend. Die Hinterachslenkung (+2047 Euro) stellt sich im Nu als Agilitätsgewinn heraus. Selbst bei sehr hohen Tempi ist die Windgeräuschbelastung auffallend gering. Lediglich in langsamer Fahrt, etwa beim Rangieren, könnte die Servo-Unterstützung der Lenkung ein wenig größer sein.
Die Handhabung der Armaturen erfolgt intuitiv, sofern man sich vorher die Erkenntnis zu eigen gemacht hat, dass die Lautstärkeregelung der Burmeister-Anlage (+5938 Euro) über eine waagerechte Walze und nicht über einen Drehknopf erfolgt. Der ist zur Anwahl verschiedener Bildschirm-Menüs da. Dass die wählbaren Fahrwerksverstellungen einen Mix aus deutschen und englischen Begriffen anbieten, ist nur ein kleiner Schönheitsfehler allgemein guter Bedienbarkeit.
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Das flachere, abgerundete Dach hat den Cayenne „porschiger“ gemacht. Die wuchtige Präsenz des Schwestermodells geht ihm ab, die Herkunft aus einer Sportwagen-Manufaktur kommt dagegen glaubwürdiger rüber. Der Hersteller nimmt an, dass künftig etwa ein Drittel der hauseigenen Full-Size-SUV als Coupé geordert werden. Die stimmige Optik, die harmonischen Proportionen sind ein nicht zu unterschätzender Kaufanreiz – sofern man über die nötigen Mittel verfügt und sich über Bedenken gegen zwei Tonnen schwere Hochdach-Kombis hinwegsetzen will.
Länge x Breite x Höhe (m) | 4,93 x 1,98 (mit Spiegeln 2,19) x 1,68 |
Radstand (m) | 2,9 |
Motor | V6-Benziner, 2894 ccm, Biturbo, Direkteinspritzung |
Leistung | 324 kW / 440 PS bei 5700 – 6600 U/min |
Max. Drehmoment | 550 Nm bei 1800 – 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 263 km/h |
Beschleunigung 0 auf 100 km/h | 5,0 Sek. |
WLTP-Durchschnittsverbrauch | 12,3 Liter/100 km |
CO2-Emissionen | 280 g/km |
Testverbrauch | 13,8 Liter |
Abgasnorm | Euro 6d-Temp EVAP ISC (EU6 DG) |
Leergewicht Testwagen | 2240 kg |
Zuladung | max. 775 kg |
Kofferraumvolumen | 625 – 1540 Liter |
Max. Anhängelast | 3500 kg |
Wendekreis | 12,1 m |
Bodenfreiheit | 190 – 245 mm |
Wattiefe | 500 mm |
Luftwiderstandsbeiwert | 0,34 |
Basispreis | 99 657 Euro |
Testwagenpreis | 151 291 Euro |
geschrieben von AMP.net/Sm veröffentlicht am 10.09.2019 aktualisiert am 10.09.2019
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