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Praxistest mit 761 PS
Er ist schnell und zwar verdammt schnell. Am Steuer des Porsche Taycan Turbo S genügt ein leichter Tritt aufs rechte Pedal und er katapultiert einen mit voller Wucht voran. Die Power, die der elektrische Überflieger entwickelt, ist absolut atemberaubend.
Wenn es sein muss schießen 1050 Newtonmeter an Drehmoment durch den Antriebsstrang und strotzen nur so vor Kraft. In nur 2,8 Sekunden jagt der Taycan Turbo S von Null auf Hundert und schießt mit einer Gewalt nach vorn wie ein reinrassiger Rennwagen. Und bei Bedarf drückt er sich er sich aus dem Stand in nur 9,8 Sekunden auf Tempo 200. Da haben gewöhnliche Autos noch nicht einmal die prestigeträchtige 100-Marke geknackt. Im E-Porsche presst es einen dermaßen in die Sitze.
Selbst wenn bei über 200 km/h das Fahrpedal ganz durchgedrückt wird, gibt es noch einen brachialen Schub bis hin zur limitierten Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h. Dabei bleibt der Taycan in seinem Innenraum zurückhaltend leise und das hohe Tempo spielt eine untergeordnete Rolle. Einzig der Wind säuselt gedämpft um die coupéhafte Karosserieform und die Gäste an Bord können sich in Zimmerlautstärke unterhalten.
Der Taycan ist ein hochkarätiger Sportwagen, der seinem Fahrer bei Bedarf den Puls in die Höhe schnellen lässt. Jedoch ohne kehliges Fauchen oder gar erzitterndem Brüllen. Daher liefert Porsche ihm auch einen Soundgenerator mit, der die Beschleunigung mit künstlich erzeugten Motorgeräuschen untermalt. Aber die virtuelle Taste am Multifunktionsdisplay bleibt ungenutzt. Das Brummen und Aufheulen klingt etwas zu synthetisch und trifft nicht so ganz den Geschmack. Daher geht es mit enormer Power, aber akustischer Zurückhaltung weiter.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Porsche
Noch beeindruckender als die unbändige Kraft ist jedoch wie der Stuttgarter seine potenten Leistungsreserven auf die Straße bringt. Serienmäßig besitzt der Taycan einen Allradantrieb, den zwei leistungsstarke Synchronmotoren an der Vorder- und Hinterachse bereitstellen. Die beiden Elektromotoren arbeiten unabhängig voneinander und passen sich im Verbund blitzschnell den gegebenen Straßenverhältnissen an. Die elektronische Regelung agiert fünfmal schneller als konventionelle Systeme und funktioniert in der Praxis ausgezeichnet.
Der Porsche baut einen dermaßen enormen Grip auf, dass die Traktion scheinbar nie enden will. Trotzdem bleibt der Taycan Turbo S mit seiner gewaltigen Maximalleistung von 761 PS stets einfach kontrollierbar und vor allem sehr sicher. Er lässt sich schon früh am Kurvenscheitelpunkt herausbeschleunigen und bleibt stabil. Faszinierend aber auch: Bei ruhiger Fahrweise benimmt sich der elektrische Bolide so lammfromm, als könnte ihn kein Wässerchen trüben.
Porsche geht bei seinem ersten Elektrofahrzeug einen völlig anderen Weg. Der Taycan ist das erste Serienfahrzeug überhaupt, das mit einer sehr hohen Systemspannung von 800 Volt antritt. Üblich waren bei Elektrofahrzeugen bisher rund 400 Volt. In Verbindung mit der höheren Spannung sowie einem ausgeklügeltem Thermomanagement verkürzt sich jedoch die Ladezeit erheblich. An einem besonders schnellen Super-Charger können die 93,4 kWh starken Akkus des Turbo S in nur 22,5 Minuten von Null auf 80 Prozent wieder gefüllt werden.
Positiver Nebeneffekt der 800-Volt-Hochspannung: Die Leistung, mit der der Super-Porsche zur Sache geht, lässt sich mehrfach hintereinander abrufen und zwar verlustfrei – längst nicht selbstverständlich und eine klare Kampfansage an Tesla. Deren E-Mobile müssen mit verhältnismäßig geringen 400 Volt auskommen und regeln in der selben Disziplin die Power herunter, damit die Batterien nicht überhitzen. Das ist beim E-Porsche völlig anders. Dem Taycan geht selbst nach häufig wiederholten Sprints die Puste nicht aus. Er erweist sich im Alltag als vollgasfest. Er ist halt ein waschechter Porsche, nur einer von der elektrische Sorte.
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Wer den Porsche mit gemäßigtem rechten Fuß sowie dem eingeschalteten Rekuperationsmodus bewegt, kann im Schnitt mit einem Stromverbrauch von knapp unter 19 kW/h rechnen. Gemessen an der Leistung ist er also bei vorausschauender Fahrweise sparsam. Zudem kommen in Verbindung mit der eingeschalteten Energierückgewinnung die serienmäßigen Keramik-Bremsen jetzt kaum noch zum Einsatz. Wer es dagegen normal angeht, muss mit einen Verbrauch von rund 26 kWh pro 100 gefahrene Kilometer einkalkulieren, was der Werksangabe nach der WLTP-Verbrauchsnorm ziemlich genau entspricht.
Zwischen 388 und 412 Kilometer Reichweite verspricht Porsche für sein elektrisches Topmodell nach. Immer noch gute 370 Kilometer waren es bei uns im Schnitt. Unter kräftigem Leistungseinsatz quittierte der Bordcomputer auch schon mal weit über 35 Kilowattstunden. Aber das ist bei herkömmlichen Sportwagen mit Verbrennungsmotor auch nicht anders. Bei ihnen fällt die Tanknadel genauso schnell, schließlich kommt der Express-Zuschlag bei der Autobahn-Hatz ja nicht von ungefähr.
Haben die Akkus die Kapazitätsgrenze von 20 Prozent unterschritten, mahnt eine Warnlampe im digitalen Kombiinstrument dazu, möglichst bald wieder neuen Strom zu zapfen. Daran sollte man sich auch halten, denn wenn ein Elektroauto wie der Taycan ohne Saft dasteht, dann steht er wirklich. Und ein Reservekanister hilft logischerweise keinesfalls weiter.
Also geht’s zum ersten Boxenstopp an eine der superschnellen 350 kW-Ladestationen von Ionity. Das Ladenetz umfasst europaweit 400 Ladepunkte, bei uns 80 Stationen an den Autobahnen. Der Ausbau des Netzstruktur wird ständig vorangetrieben. Porsche bietet seinen Taycan-Käufern außerdem beim Joint-Venture-Partner Ionity verführerische Sonderkonditionen an.
Die zahlen in den ersten drei Jahren nur 33 Cent pro gezapfte Kilowattstunde. Danach entscheidet der Kunde selbst, ob er gegen Zuzahlung von jährlichen 179 Euro den günstigen Tarif beibehalten möchte oder nicht. Herkömmliche Kunden, so wie wir, zahlen dagegen teure 79 Cent pro Kilowattstunde. Doch es gibt genügend günstigere Alternativen. Dort kann aber mit 50 kW oder etwa mit 100 kW geladen werden, unter Umständen aber auch mit 22 oder 11 kW. Nur geht es halt nicht so flott wie der Porsche es kann.
Doch auf der Langstrecke ist das Laden an einem der superschnellen Charger richtig klasse. Der Porsche unterbietet sogar sein Versprechen und ist in fixen 22 Minuten zu 80 Prozent wieder voll und die Reichweite wird mit 263 Kilometern am Bordcomputer angezeigt. Während der Porsche nachlädt, nutzen wird den Zwischenhalt für einen frischen Kaffee sowie entspannende Dehnübungen.
So ist nicht nur das Auto, sondern auch der Fahrer frisch gestärkt, um mit beiderseits aufgefüllten Akkus wieder zu starten. Und ganz ehrlich: Die Empfehlung alle zwei Stunden ein Pause einzulegen, dient nicht nur der Sicherheit und Konzentration auf langen Strecken, sie entschleunigt ungemein und man bekommt einen ganz neuen Blick auf die noch recht junge E-Mobilität. Vor allem wenn eine Akkufüllung so zügig vonstatten geht, wie beim Taycan.
Alle Ladestationen sind im Navigationssystem des Porsche hinterlegt. Sollte bei der Routenplanung das Reiseziel außerhalb der Batterie-Reichweite liegen, erscheinen auf dem Display die nötigem Zapfstellen, wo Strom getankt werden kann. Der sogenannte Charging Planner berücksichtigt zudem die Verkehrsinformationen in Echtzeit und kalkuliert die Ankunftszeit inklusive dem etwaigen Ladestopp mit ein.
Das hilfreiche Tool kann aber noch mehr. Schon im Vorfeld und noch weit bevor der Porsche seinen eigentlichen Stromzapfpunkt erreicht hat, werden die Litiumionen-Akkus vorgewärmt. Durch das Vorkonditionieren fließt der Strom schneller ins Speicherdepot, was letztendlich den Zwischenhalt verkürzt. Alternativ lässt sich der Porsche auch an einer abgesicherten 230-Volt-Haushaltssteckdose aufladen. Diese Notlösung würde aber eineinhalb Tage dauern. Die meisten Besitzer werden den E-Flitzer deshalb zuhause an einer wesentlich schnelleren Wallbox aufladen.
Aber nicht nur beim Laden ist der Taycan völlig flexibel, sondern auch beim Fahren. Die Luftfederung sorgt mit ihren adaptiven Dämpfern für einen überraschend hohen Fahrkomfort. Natürlich lässt sich der Taycan genauso aber auch mit einer sehr hohen Präzision ums Eck zirkeln. Dabei liegt er satt auf der Straße und die präzise agierende Allradlenkung arbeitet trotz des hohen Leistungspotentials nahezu ohne Antriebseinflüsse.
Ähnlich sportlich sollte man auch die gebotenen Platzverhältnisse sehen. Schon beim Einfädeln macht der viertürige Taycan klar, dass er zu den reinrassigen Boliden zählt und seinen Gästen ein gewisses Maß an Gelenkigkeit abfordert. Fahrer und Beifahrer werden durch die breite Mittelkonsole getrennt, dennoch ist der zur Verfügung stehende Raum gut, zumal die im Fahrzeugboden platzierten Akkus kaum Raum beanspruchen und so eine angenehm-tiefe Sitzposition ermöglichen.
Hinten geht es dagegen beengter zu, was aber weniger am Speicherdepot liegt, sondern im Wesentlichen an der knapp bemessen Kniefreiheit. Doch es reicht zwei Erwachsenen gerade noch aus. Dafür gibt es ein durchaus annehmbares Gepäckabteil mit vorne 81 Litern sowie einem Stauraum von 366 Litern hinten.
Bei der Gestaltung des Cockpits zeigt sich der Taycan hochmodern. Er lässt sich mit bis zu vier einwandfrei ablesbaren Displays ordern. Vor dem Fahrer befindet sich ein digitales Kombiinstrument, dessen Inhalte er individuell konfigurieren kann. Auf der Mittelkonsole sitzt ein 8,4 Zoll großer Touchscreen, der die Bedienfunktionen für die Klimaautomatik, das Entertainment oder etwa die Ladeinformationen übernimmt. Eine integrierte Handschrifterkennung ermöglicht außerdem die schnelle Eingabe von Navigationsadressen oder Telefonnummern. Alternativ lassen sich die Kommandos auch ganz bequem per Sprachbefehl aktivieren.
Das eigentliche Infotainment für unter anderem die Navigationskarte ist eine Etage darüber angeordnet. Zusätzlich gibt es für den Beifahrer optional einen weiteren Touchscreen. Auf dem Display kann der Copilot die Zieleingabe oder einen Lieblingssong aus dem Musikstreamingdienst von Apple direkt eingeben. Die wichtigen Haupteinstellungen, wie unter anderem für das Luft-Fahrwerk, bleiben jedoch ausschließlich dem Fahrer überlassen. Da geht Porsche auf Nummer sicher.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Porsche
Das viertürige Elektro-Coupé wird in drei Varianten angeboten. Als Taycan 4S bringt es in Verbindung mit einem kleineren 79,2kWh-Akku auf 435 PS (320 kW), die mittels einer abrufbaren Overboost-Funktion auf 530 PS (390 kW) steigen. Die Basisleistung für den Turbo und Turbo S ist mit 625 PS (460 kW) hingegen gleich. Beide verfügen jedoch ebenfalls über eine Overboost-Funktion mit der sich beim Turbo maximal 680 PS (500 kW) abrufen lassen, während sie beim getesteten Turbo S auf bis zu 761 PS (560 kW) steigt.
Apropos Turbo. Die Modellbezeichnungen sind irreführend. Ein Abgasturbolader oder gar zwei sind natürlich im Taycan nicht vorhanden. Porsche nennt seine Ausstattungsvarianten einfach aus langer Tradition so. Darüber ließe sich lange diskutieren, ob dies bei einen Elektroauto Sinn macht. Fest steht hingegen, dass auch die Gattung Sportwagen reichlich ins Geld geht. Der Taycan 4 S beginnt bei knapp 106.000 Euro, das getestete Topmodell Taycan Turbo S verschlingt in der Basisversion dagegen stolze 185.456 Euro.
Länge x Breite x Höhe (m) | 4,96 x 1,97 x 1,38 | ||
Radstand (m) | 2.90 | ||
Motor | zwei Synchronelektromotoren | ||
Leistung | 460 kW / 625 PS | ||
Overboost-Leistung | 560 kW / 761 PS | ||
Max. Drehmoment | 1050 Nm | ||
Antrieb | Allradantrieb, Ein-Gang-Getriebe vorn, Zwei-Gang-Getriebe hinten | ||
Batterie | 800-Volt-Lithiumionenbatterie, 93,4 kWh | ||
Maximale Ladeleistung | 270 kW | ||
Ladezeit mit 50 kW für Gleichstrom (DC) | 93 Minuten / von 5 auf 80 Prozent | ||
Ladezeit mit 270 kW für Gleichstrom (DC) | 22,5 Minuten / von 5 auf 80 Prozent | ||
Ladezeit mit 11 kW für Wechselstrom (AC) | 9 Stunden / 100 Prozent | ||
Höchstgeschwindigkeit | 260 km/h | ||
Beschleunigung 0 auf 100 km/h | 2,8 Sek. | ||
WLTP-Stromverbrauch | 24,5 kWh | ||
Reichweite | 388–412 km | ||
Effizienzklasse | A+ | ||
CO2-Emissionen | 0 g/km | ||
Leergewicht / Zuladung | 2370 kg / 500 kg | ||
Kofferraumvolumen | vorne: 81 Liter, hinten: 366 Liter | ||
Wendekreis | 11,2 m | ||
Bereifung | vorne 265/35 ZR 21, hinten: 305/30 ZR 21 | ||
Luftwiderstandsbeiwert | 0,25 | ||
Wartungsintervall | 30 000 km | ||
Basispreis | 185 456 Euro | ||
Testwagenpreis | 203 473 Euro |
geschrieben von AMP.net/Sm veröffentlicht am 18.06.2020 aktualisiert am 17.06.2020
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