Porsche

Porsches Westerweiterung im Osten – Standortportrait Leipzig

Sonnabend Nachmittag im Norden von Leipzig: Die Köpfe gegen den Wind nach unten gesenkt und die Kragen nach oben geschlagen verlässt die Porsche-Belegschaft die Endmontagehallen für die viertürigen Volumenmodelle Cayenne und Panamera. Für wenige Kollegen und für zahlreiche Anlagenbauer beginnt die Arbeit jetzt erst richtig. Sie richten in den bestehenden Hallen neue Fertigungsstraßen ein. Die großen Veränderungen passieren jedoch im westlichen Teil des Werksgeländes. Baukräne recken sich in den wolkenverhangenen Novemberhimmel. Sie künden vom zukünftigen vollwertigen Produktionsstandort Leipzig der Ferdinand Porsche AG.

Zu Beginn des Monats feierte man Richtfest der neuen Lackiererei. Eine weitere Halle für Karosseriebau schließt sich an. Porsches „Cayenne Junior“ – Werksintern rufen sie ihn schlicht „Cajun“ – wird künftig als „Macan“ dafür sorgen, dass auf Leipziger Wiesen ein zweites Porsche Vollwerk stehen wird. „Ab Januar 2014 wird die Auslieferung diesen neuen Modells beginnen“, prognostiziert Siegfried Bülow, der Leiter des Porsche-Werkes Leipzig. Das Lenkrad seines ersten Porsche hielt er erst im Jahre 2000 in den Händen. Nun beschwört er den besonderen „Porsche-Geist von Leipzig“, den er entscheidend mitgeprägt hat. Er erlebte als Verantwortlicher den kompletten Aufbau dieses neuen Automobilwerkes in Leipzig.

Porsches Entscheidung für den Standort in Sachsen führte zu einer wahren Aufbruchsstimmung in der gesamten Region. „Die Anwohner kamen voller Dankbarkeit zur Baustelle und brachten der Marke Porsche Wärme entgegen. Sie verfolgten jeden Fortgang bis zur Werkseröffnung hautnah“, wirft Bülow einen Blick auf die vergangenen zehn Jahre. Heute kann sich das Ergebnis sehen lassen. Nicht zuletzt durch das Engagement von Porsche sank die Arbeitslosenquote der Region Leipzig von einst 22 Prozent im Jahr 2006 auf aktuell 10,5 Prozent. Die Erfolgsgeschichte des wiedererstarkten Automobillandes Sachsen geht weiter: „Porsche investiert zur Zeit 570 Millionen Euro in den Ausbau des Standortes. 1000 neue Mitarbeiter kommen zu den 1100 vorhandenen hinzu“, heißt es vor Ort. Zulieferer und andere Dienstleister werden nachziehen. 13.000 Bewerbungen liegen Porsche bereits vor, obwohl bisher nur ein Bruchteil der Stellen ausgeschrieben worden ist.

Ein weiterer Trend setzt sich fort: „Rückwanderer“ nutzen den Boom im Sachsendreieck nach bis zu zehn oder gar 20 Jahren im Westen dazu, in ihre Heimat zurückzukehren. Ein Schritt der nicht schwer ist: Emotionale und familiäre Bindungen blieben bis heute erhalten. Dabei war der oberste Porsche-Statthalter in Leipzig selbst ein echter Trendsetter. 1972 bis 1991 begann Siegfried Bülows Karriere bei den Barkas Werken Chemnitz, deren Kleintransporter die Straßen der DDR prägten. Über Volkswagen in Sachsen und Wolfsburg ging es dann zurück in eine der Wiegen der Deutschen Automobilindustrie, die diese Region stets war. Viele Mitarbeiter sollen dem Beispiel ihres künftigen Chefs folgen: „Porsche ist stets mit einem „Werbemobil“ auf Absolventenmessen sowie mit entsprechenden Anzeigen an relevanten Studienstandorten präsent“, setzt Bülow auf Nachwuchsgewinnung. Weitere Asse hat er im Ärmel.

Porsches Besucherzentrum fördert die hohe Lebensqualität in Leipzig – unter anderem mit „Haute Cuisine“. Die Hauseigene Teststrecke zitiert die schönsten Kurven Weltberühmter Formel-1-Pisten. Der neuerworbene Cayenne kann gleich auf dem Offroad-Trail an die Leistungsgrenzen gebracht werden – ähnlich dem Hindernisparcours von Touareg und Tiguan in der Autostadt Wolfsburg. Wie Volkswagens Gläserne Manufaktur in Dresden setzt Porsche mit seinem Standortkonzept in Leipzig auf die Förderung von Kunst und Kultur. Schon Bach und Goethe prägten die Messemetropole. Sie waren Ikonen ihrer Zeit. Porsches Mythos hingegen ist heute legendär. Davon zeugen die automobilen Ikonen des Sportwagenbauers im Besucherzentrum. Ihr betörender Klang und avantgardistisches Schauspiel sind Bach und Goethe würdig.

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