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Mut haben sie bei Jaguar, und der Erfolg gibt Ihnen Recht. Mit dem von vielen Jaguar-Freunden als brutal empfundenen Wechsel beim Design beim Jaguar XF begann eine neue Ära, die erst kürzlich mit dem Supersportwagen F-Type einen vielfach akzeptierten Höhepunkt erreichte. Und jetzt ein „kleiner“ Jaguar? Wie soll das funktionieren? Doch bei der Neuvorstellung des Jaguar XE in London zeigt sich: Die Briten haben einen Lauf.“Ein Jaguar muss aufregend wirken“, sagte uns Chefdesigner Ian Callum. Gleichzeitig schränkt er ein, Änderungen an der aktuellen Designsprache wären ein Fehler gewesen. Und so steht er in Natura vor uns und zeigt das, was Callum ein dramatisches Profil und eine komplett sportliche Silhouette nennt: flach, breit, mit langer Motorhaube, weit nach hinten versetztem Greenhouse und einem Stummelheck, das gerade so lang ist, dass man den XE noch als Sportlimousine bezeichnen kann und nicht Hatchback nennen müsste. Das Gesicht ist typisch Jaguar mit den großen Lufteinlässen, dem charakteristischen Kühlergrill, und den nach Art des F-Type angesetzten, schmalen Scheinwerfern.
Und die Seiten? Callum meint, man dürfe nur Linien einsetzen, die Sinn machen. Drei Linien gliedern die Seiten: eine, die von der typischen Jaguar-Kieme hinter dem vorderen Kotflügel über die Türgriffe bis ins Heck läuft, eine, die in der Mitte des ausgestellten Kotflügels nach hinten verläuft und kurz vor den hinteren Kotflügeln endet und eine oberhalb der Schweller. Man habe die Form einfach und glatt halten wollen, sagt Callum dazu und verweist zugleich auf den Diffusor am Heck und besonders auf die Lichtgrafik der Heckleuchten, die vom F-Type stammt. Außerdem legt er Wert auf die Feststellung, dass Größe und Form der Kofferraumklappe trotz des Stummelhecks in diese Fahrzeugklasse passt. Sie behütet einen tiefen Kofferraum von immerhin 455 Litern Volumen.
Die Rückbank lässt sich im Verhältnis 40:20:40 teilen, was als Beleg dafür gewertet wird, wie sehr sich Jaguar beim XE auch über Alltagstauglichkeit profilieren will. Der Innenraum strahlt über die gewählten Materialien und die handwerkliche Qualität die gediegenen sportliche Atmosphäre aus, die man bei den Briten erwartet. Klassische Rundinstrumente unter einer Hutze, das dicke Lederlenkrad mit Funktionstasten, die großen Schaltpaddel am Lenkrad für die ZF-Acht-Gang-Automatik und eine vom Tunnel bis über die Mitte der der Armaturentafel hinausragende, dominante Konsole mit dem Acht-Zoll-Touchscreen oben und dem großen Drehrad für die Gangwahl und die Fahrprogramm-Taster unten auf dem Tunnel schaffen einen Arbeitsplatz für den Fahrer, den er in gut konturierten Sitzen genießen kann.
Die Innenraummaße sollen sich – laut Jaguar – mit den Besten messen können. Wir fanden die Kopffreiheit und die Ellenbogenweite vorn sehr befriedigend. Norddeutschen Sitzriesen würden wir allerdings empfehlen, sich um einen Platz in der ersten Reihe zu bemühen. Die Sitze hinten sind zwar ebenfalls gut konturiert und wirken angemessen sportlich, aber die Türöffnungen dort sind nicht eben üppig ausgefallen und der Himmel kommt Großgewachsenen recht nahe.
Soweit, so Jaguar. Aber der Neue bringt auch Überraschungen mit. Dazu gehören die neuen Ingenium-Vierzylinder, eine Eigenentwicklung, die auch bei Jaguar gefertigt wird. Der sparsamste Vertreter der beiden 2,0-Liter-Diesel soll mit 3,8 Litern auf 100 km auskommen, was einer Kohlendioxidemission von 99 Gramm pro Kilometer entspricht. Zu diesen günstigen Verbrauchswerten tragen aber nicht nur die neuen Motoren mit ihrer geringen inneren Reibung (17 Prozent weniger als beim sonst verwendeten PSA-Zweiliter) und die bedarfsgesteuerten Nebenaggregaten bei. Auch an der Aerodynamik wurde gearbeitet, zum Beispiel mit dem verkleideten Unterboden, Klappen vor dem Kühler, die sich schließen, wenn wenig Kühlluft benötigt wird und einem Widerstand reduzierenden Luftstrom um die strömungsoptimierten Räder. Das Ergebnis: ein Luftwiderstandsbeiwert von 0,26. Start-Stopp-System, die Rekuperation von Energie tun ein Übriges, sodass im Eco-Fahrprogramm die 3,8 Liter des Diesel möglich werden.
Die Karosserie des XE folgt der Aluminium-Tradition von Jaguar. Sie besteht zu 75 Prozent aus – meist wieder aufbereitetem – Alu und zu 25 Prozent aus Stahl. Die Rohkarosse wiegt 251 Kilogramm. Die Gewichte sind exakt 50:50 verteilt. Im fertigen XE mit Dieselmotor trägt die Vorderachse 52 Prozent des Gesamtgewichts von insgesamt knapp 1500 kg. Der komplette Jaguar XE musste inzwischen schon beim anspruchsvollen Crashtest der US-Behörde NHTSA zeigen, was er beim US NCAP kann. Er schaffte die Höchstwertung von fünf Sternen. Dem neuen Crashtest des US-Versicherungsinstituts IIHS schauen die Briten gelassen entgegen. Sie sind sicher, dass sie den Aufprall auf eine der Fahrzeugecken bewältigen werden.
Die Karosserie ist um ein Fünftel verwindungssteifer als die des XF, was sich nicht nur auf Geräusche, sondern erst rechts aufs Fahrverhalten auswirken sollte. Um dort Sportwageneigenschaften zu erreichen, wählte Jaguar ein Fahrwerk mit Doppelquerlenkern vorn und Mehrlenkerachse hinten, wie man sie sonst nur in Fahrzeugen höherer Gewichtsklassen findet. Die elektrische Servolenkung soll schnell und präzis arbeiten und den XE ansatzlos aus dem Geradeauslauf in die Kurve bringen.
Auch bei der Elektronik und der Kommunikation hat Jaguar nun das nächste Kapitel aufgeschlagen. Man ist nun nach dem Stand der Technik „connected“ und bietet als Option auch einen WiFi-Hotspot an. Dazu kommen ein neues Infotainmentsystem mit komplett neuer Navigation und viele Möglichkeiten, iOS- oder Android-Smartphones über ein Mirrorlink ähnliches Verfahren zu integrieren. Dabei liegt das Wissen nicht mehr auf der Festplatte des Bordcomputers, sondern auf dem Telefon. So wird auch die Fernbedienung einiger Auto-Funktionen möglich. Wer will, kann es seinem XE überlassen, im Falle eines Diebstahls selbst die Polizei zu rufen.
Ein Citybremssystem, das bis 40 km/h komplett bremst und bis 80 km/h den Schaden durch autonomes Bremsen reduziert sowie ein adaptives Cruze Control-System mit Follow me-Funktion sind ebenso ab Bord eine weit reichende, zweistufige Totwinkelüberwachung und ein System, das vor dem Verlassen der Spur warnt. Verkehrszeichen lesen kann der XE auch und er kann die wichtigsten Informationen auf einem Head up-Display in Lasertechnik anzeigen.
Was davon zum Serien-Lieferumfang gehört, werden wird erst auf dem Pariser Automobilsalon Anfang Oktober erfahren. Als Einstiegspreis werden bisher 36 500 Euro genannt. Dabei dürfte es sich dann um den Preis für den schwächeren der beiden Diesel in Verbindung mit dem ebenfalls neu entwickelten Sechs-Gang-Handschalter von ZF handeln. Der Jaguar XE S mit dem Sechs-Zylinder-Benziner Supercharger und einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h dürfte deutlich über diesem Preis liegen.
Wie dem auch sei: Der 3er BMW, der Audi 4 und die Mercedes-Benz C-Klasse werden es mit einem neuen Wettbewerber zu tun bekommen. Das neue Gesicht der britischen Edel-Sportler wird mit dem Jaguar XE häufiger im Straßenbild auftauchen als seine größeren Brüder. Die Marke Jaguar hatte bei anglophilen Individualisten schon immer leichtes Spiel. Mit dem XE kommen nun auch noch die passenden Produkte zu erreichbareren Preisen auf den Markt. Jaguar hat eben einen Lauf.
Daten Jaguar XE S
Länge x Breite x Höhe (in m): 4,67 x 1,85 x 1,42Radstand (m): 2,84 Motor: V6-Benziner, 2995 ccm, Twin-Kompressor, Direkteinspritzung Leistung: 250 kW / 340 PS bei 6500 U/minMax. Drehmoment: 450 Nm bei 4500 U/minHöchstgeschwindigkeit: 250 km/hBeschleunigung 0 auf 100 km/h: 5,2 Sek. ECE-Durchschnittsverbrauch: 8,3 LiterCO2-Emissionen: 194 g/km (Euro 6)Leergewicht (trocken, ohne Fahrer): 1474 kgLuftwiderstandsbeiwert: 0,26Preis (Jaguar XE mit Zwei-Liter Diesel mit Handschalter): ab 36 50 Euro
geschrieben von auto.de/(ampnet/Sm) veröffentlicht am 08.09.2014 aktualisiert am 08.09.2014
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