Qatar Motor Show 2012: Spritspartechnik für Ölscheichs

Zwischen den spitzmützigen und rüsselförmigen Bürotürmen von Doha rollt träge der Rush-Hour-Strom auf sechsspurigen Straßen. Gelbe und weiße Helme überall; denn die Hauptstadt des Emirats Katar ist eine einzige Baustelle. Kein Fußgänger, kein Biker, kein Jogger am Strand – nichts. Wer in Doha zu Fuß geht, der streift durch gletschereis-kühle Malls. Hier, am Rand des Persischen Golfs, ist der materielle Fortschritt noch überall spürbar. Der Staatshaushalt schließt stets mit sattem Plus ab. Nirgendwo auf der Welt ist das Pro-Kopf-Einkommen größer, und tief unterm Sand lagern noch vier Milliarden Barrel Öl und Erdgas-Reserven für 300 Jahre.

Sparen gilt hier als Fremdwort. Das Öl beschert unermesslichen, steten Reichtum. Sind da alternative und Kraftstoff sparende Antriebstechnologien nicht ein Widerspruch? Sogar kontraproduktiv? Die Antwort kennt nur der Wind, der Sandkörner aus der arabischen Wüste auf die schwarz asphaltierten Straßen weht. Doch die aktuellen Verkaufszahlen der europäischen Hersteller, allen voran der Volkswagen-Gruppe sprechen ihre eigene Sprache. Ein Hauch von Spritspartechnik ist bereits im Begriff am Persischen Golf Fuß zu fassen.

„Der Markt im Mittleren Osten boomt derzeit“, wie Stefan Mecha, Geschäftsführer von [foto id=“401014″ size=“small“ position=“right“]Volkswagen Middle East auf der Qatar Motor Show (-28.1.2012) bestätigt. Volkswagen verzeichnet in den Golfstaaten ein Absatzwachstum von 36 Prozent. In Katar wurde der Absatz verdoppelt, in den Vereinigten Arabischen Emiraten stieg er um 15 Prozent, in Saudi Arabien um 70 Prozent und in Oman um 40 Prozent. In Kuwait, dem stärksten Absatzmarkt, stiegen die Verkäufe um 30 Prozent. Dort wurde die Marke aus Wolfsburg kürzlich als „bester europäischer Hersteller“ ausgezeichnet. VW ist als Volumenhersteller für das Premiumsegment in der Golf Region langsam aber sicher auf der Verfolgerspur von BMW und Mercedes-Benz. Die beiden süddeutschen Marken setzten jeweils rund 18 000 Fahrzeuge im Jahr ab. Volkswagen verkaufte 11 000 Autos.

Die Araber begeistern sich langsam für die Spritspartechnik aus Wolfsburg. Die Messestände des Doha Convention Centers werden zwar von dicken Pick-ups, Sprit schluckenden SUVs und nicht minder durstigen schönen Sportwagen dominiert. Doch auch peppig zurechtgemachte Vernunftsmodelle regen das gesteigerte Interesse des betuchten Publikums. Egal, ob Benziner oder Diesel. Hier setzen gerade europäische Hersteller den Hebel an. Überzeugt sind die Kataris von den Motorenkonzepten aus dem Hause Volkswagen. Mit dazu beigetragen hat der Erfolg von Nasser Al-Attyiah auf der Rallye Dakar 2011, als er im Diesel-Race-Touareg den Titel holte.

Die guten Vorzeichen scheinen sich also zu bestätigen. Nicht zuletzt auch wegen eines neuen Modells aus Hannover für den Nahen Osten. Der Amarok mit Automatik-Getriebe und Benzin-Motor wird dieses Jahr auf den Markt am Persischen Golf kommen. Der Beetle-R – „Käfer sind eine Ikonen hier in der Region“, sagt Mecha – wird ebenso gezeigt, wie die Nah-Ost-Premiere des etwas größeren US-Passat. Und es geht weiter: Ende 2012 wird der Stufenheck-Polo aus Indien eingeführt. Konzerntochter Skoda wird in der zweiten Jahreshälfte eine Limousine und als kleines SUV den Yeti an den Persischen Golf bringen.

Die Modellpolitik aller Hersteller im Nahen Osten läßt nur einen kleinen Spielraum: 60 Prozent der verkauften Autos sind Stufenheck-Modelle, 30 Prozent SUVs. Vom gesamten Absatzmarkt entfallen sechs Prozent Anteile auf die europäischen Marken, sieben Prozent auf US-Importe und 85 Prozent auf asiatische Hersteller.

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