Ratgeber – Geballte Information auf dem Reifen

Die europäische Gesetzgebung hat sich einer runden Sache angenommen. Autoreifen, das schwarze, profilreiche Gummi wird in Paragraphen gepresst und mit einem standardisierten EU-Aufkleber versehen, wie er bereits von Waschmaschinen oder Kühlschränken bekannt ist.

EU-Reifenlabel-Verordnung heißt diese einheitliche Kennzeichnungspflicht für Neureifen, die für alle Pkw-, Leichttransporter- und Lkw-Reifen gilt, die ab dem 1. Juli 2012 produziert werden. Wie bei jeder Gesetzgebung gibt es natürlich auch Ausnahmen. Ausgeschlossen von der neuen Regelung sind unter anderem: runderneuerte Reifen, professionelle Off-Road-Reifen, Notrad-Reifen, Old- und Youngtimer-Reifen für Fahrzeugen mit einer Erstzulassung vor dem 01.10.1990 und Motorradreifen.

Drei wichtige Produkteigenschaften sollen auf einen Blick für Transparenz sorgen:

Rollwiderstand, Nasshaftung und das Außengeräusch beim Abrollen stehen auf dem Prüfstand. Jeder Reifentyp und jede Reifengröße muss dann von den jeweiligen Reifenherstellern getestet, klassifiziert und [foto id=“386587″ size=“small“ position=“left“]zertifiziert werden. Bei Goodyear Dunlop beispielsweise, sind schon jetzt über 270 Testfahrer, Testingenieure und Techniker damit beschäftigt, die Daten der hauseigenen Pkw- und Lkw-Reifen entsprechend den neuen EU-Reifentestmethoden zu ermitteln. „Für einen großen Reifenhersteller wie Goodyear Dunlop, der 2010 über 70 Millionen Reifen in Europa, Afrika und im Mittleren Osten verkaufte, hat die Reifenkennzeichnung zur Folge, dass über 10.000 unterschiedliche Reifentypen und Reifengrößen zertifiziert und Millionen Reifen mit dem neuen Label versehen werden müssen“, erklärt uns Jean-Pierre Jeusette, Generaldirektor des Goodyear-Innovation-Center in Luxemburg.

Und was bringt diese großangelegte Kleber-Aktion dem Verbraucher nun wirklich?

Sicherheit, eingespartes Spritgeld und mehr Lebensqualität, versprechen die Politiker. Stimmt wohl, denn was nur wenige wissen, ist die Tatsache, dass sich der Rollwiderstand eines Reifens, erkennbar am Zapfsäulen-Symbol des neuen Aufklebers, auf den Spritverbrauch eines Fahrzeuges auswirkt. Deshalb ist ja auch so wichtig, mit dem von den Herstellern empfohlenen Reifendruck zu fahren. Und das wirkt sich eben nicht nur auf die Umweltverträglichkeit, sondern auch auf das Portemonnaie aus.

Simple Physik erklärt das Ganze. Ein rollender Reifen verformt sich und verbraucht dabei Energie. Dies ist eine der fünf Widerstandskräfte, die auf ein Fahrzeug einwirken. Die auf diese Weise verlorene Energie wird als Rollwiderstand bezeichnet. Dieser wirkt entgegengesetzt der Fahrtrichtung, wird üblicherweise auf die senkrechte Gewichtskraft bezogen und deshalb in Prozent oder Promille angegeben.

Die ermittelte Nasshaftung (Regenwolken-Symbol) gibt lebenswichtige Informationen über die Bremsleistung eines Reifens auf nasser Fahrbahn und ist somit ein entscheidender Sicherheitsfaktor. Auch das Reifen-Außengeräusch (Lautsprecher-Symbol) hat natürlich Auswirkungen auf die Umwelt. Je leiser der Reifen, desto ruhiger und somit angenehmer gestaltet sich das Leben, gerade an vielbefahrenen Straßen oder gar Autobahnen.

Und so werden ab dem nächsten Jahr die Alltags-Gummis leicht verständlich eingestuft: Das Leistungsniveau beim Rollwiderstand und bei der Nasshaftung wird mit Einstufungen von A bis G bewertet, wobei A die Bestnote ist. Das Lärmniveau wird in Dezibel-Werten angegeben  und anhand von Schallwellen klassifiziert, wobei eine Welle den leisesten und drei Wellen den lautesten Reifen kennzeichnen. „Tatsächlich wird erwartet, dass die Einführung des EU-Reifenlabels zu einer Verbesserung des [foto id=“386588″ size=“small“ position=“left“]Rollwiderstandsniveaus führt mit dem Potenzial, einerseits den jährlichen CO2 Ausstoß um bis zu 20 Millionen Tonnen zu reduzieren und andererseits Treibstoffkosten von rund 10 Millionen Euro jährlich einzusparen“, erläutert Emmanuel Robinet, Leiter Reifenbewertung bei Goodyear Dunlop.

Der Unterschied des Bremswegs zwischen einem Reifensatz der Klasse A und der Klasse G kann bei einem typischen Pkw, der auf nasser Fahrbahn mit 80 km/h unterwegs ist, bis zu 18 Metern betragen. Ein Reifen, der mit drei schwarzen Wellen gekennzeichnet ist, kann bis zu sechs Dezibel mehr Geräusch produzieren als einer mit nur einer schwarzen Welle – das bedeutet ein rund vierfach höheres Geräuschniveau.

Interessanterweise sind keine dauerhaften Kontrollen der einzelnen Reifenhersteller von staatlicher oder organisatorischer Seite her vorgesehen. So bleibt es also abzuwarten, ob möglicherweise ein europäischer Reifenhersteller XY seinem deutlich preiswerterem asiatischen Mitbewerber YZ die selbst zertifizierte Einstufung nicht glaubt, selber gegentestet, vielleicht sogar zu einem anderen Ergebnis kommt – und dann vor dem europäischen Gerichtshof klagt.

Und es geht noch weiter.

Ab 2013 dürfen alle Neuwagen nur noch mit neu zu entwickelnden Spritspar-Reifen ausgestattet werden. Die kosten pro Stück zwar erst einmal bis zu 50 Euro mehr, sollen aber bei einer Lebensdauer von ca. 30.000 Kilometern bis zu 1.000 Euro an Sprit sparen. Und das ist dann auch wieder nicht nur fürs Portemonnaie gut, sondern auch für die Umwelt, denn das bedeutet gleichzeitig eine in diesem Zeitraum um 700 Kilogramm reduzierte CO2-Emission.

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Gast auto.de

Oktober 28, 2011 um 7:57 pm Uhr

Haben sie tatsächlich schon Erfahrung mit den neu entwickelten Reifen gemacht ? Ich traue den Reifenentwicklern durchaus zu neue Reifen mit einem ausgewogenen Kompromiss zwischen Sicherheit, Laufleistung und dem Lärmniveau zu entwickeln.
Sie können dann immer noch den für ihre Ansprüche bestgeeigneten Reifen zu wählen. Die neuen Richtlinien geben dafür bestimmt bessere und objektivere Daten.

Gast auto.de

Oktober 28, 2011 um 10:31 am Uhr

Habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten langlebigen und spritsparenden Reifen der Fahrdyamik und -sicherheit abträglich sind, jedenfalls im Grenzbereich. Der Kunde steht vor der Wahl preisgünstig und mit relativ langen Bremswegen zu fahren – oder eben ab und zu einen Unfall zu riskieren. Na was ist wohl besser und gesünder? Den Fahrstil anzupassen kommt für mich nicht infrage.

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