Recht: Freifahrtschein für Trunkenheitsfahrer?

Ohne richterlichen Beschluss darf die Polizei alkoholisiert wirkenden Autofahrern nur in Ausnahmefällen Blut abnehmen. Da die Polizei den Ländern untersteht, wird diese Regel deutschlandweit unterschiedlich streng ausgelegt.

Der Innensenator in Hamburg hat seine Beamten nun angewiesen, notfalls stundenlang auf ein OK vom Untersuchungsrichter zu warten. Folge: Die Zahl der Blutproben ist deutlich gesunken. Die Gewerkschaft der Polizei rechnet laut „Bild“ mit einem Rückgang von über 40 Prozent.

Der Grund für die Hamburger Regelung liegt in der deutschen Strafprozessordnung: Stimmt ein kontrollierter Autofahrer nicht freiwillig einer Blutprobe zu, kann er per Gerichtsbeschluss dazu gezwungen werden. Da ein Richter nicht immer sofort zur Verfügung steht, holt die Polizei die Zustimmung in der Regel nachträglich ein. Das ist aber laut mehrerer aktueller Gerichtsurteile nicht zulässig; bei einer Verhandlung wird die Blutprobe nicht als Beweis anerkannt. Eine Ausnahme gilt bei Gefahr im Verzug; wann dies der Fall ist, ist aber nicht immer eindeutig festgelegt.

Die Hamburger Innenbehörde ist daher als erste in Deutschland vorsichtig geworden. Die Beamten müssen nun tatsächlich auf den richterlichen Beschluss warten. Das kann allerdings im Einzelfall mehrere Stunden dauern. In dieser Zeit müssen die Beamten mitsamt dem Beschuldigten am „Tatort“ warten, denn bereits der Weg zur Wache gilt als Teil der Blutentnahme. Neben den Unannehmlichkeiten und dem Zeitaufwand für die Beamten macht die Regelung aber auch die Bestimmung des Blutalkoholgehaltes schwierig, da die exakte Rückrechnung nur eine begrenzte Zeit lang möglich ist.

Andere Bundesländer verfahren weiterhin nach der alten Praxis der nachträglichen Einholung des richterlichen Beschlusses. Die einschlägigen Urteile zum Beweisverwertungsverbot einer nicht vom Richter angeordneten Blutentnahme bleiben zunächst aber im Raum. Polizei und Staatsanwaltschaften hoffen auf eine Gesetzesnovelle, die auch den Beamten vor Ort die Anordnung einer Blutprobe erlaubt. (OLG Hamm, 3 Ss 31/09, OLG Dresden, 1 Ss 90/09, OLG Celle 311 SsBs 49/09).

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