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Die in diesem Frühjahr verabschiedete Änderung der
Straßenverkehrsordnung, die die Autofahrer zur Anpassung ihrer Ausrüstung an
die Wetterverhältnisse verpflichtet, birgt zahlreiche unbeantwortete Fragen.
Denn der Gesetzgeber hat auf klare Vorgaben verzichtet. Eine von dem
Reifenhersteller Dunlop zusammengerufene Expertenrunde befasste sich jetzt
mit den Auswirkungen der geänderten Verordnung.
Die Mehrheit der Experten ist sich einig: Es gibt keine
Winterreifenpflicht. „Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die
Wetterverhältnisse anzupassen“, heißt es in § 2 Absatz 3a der novellierten
Straßenverkehrsordnung (StVO). Und weiter: „Hierzu gehören insbesondere eine
geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage“. Das
Wort „Winter“ kommt im Gesetzestext nicht vor, so dass die Vorschrift auch
im Sommer gilt – auch wenn man da auf das Frostschutzmittel durchaus
verzichten kann.
Der Bogen offener Fragen spannt sich von der Interpretation spezieller
Wetterverhältnisse über Besonderheiten der Straßenbeschaffenheit und das
regionale Nord-Süd-Gefälle bei der Nutzung von Winterreifen bis zu der
Frage, ob nicht vor allem für Lkw Winterreifen vorzuschreiben sind, weil
gerade der Schwerlastverkehr für die meisten Behinderungen wegen
unzureichender Ausrüstung verantwortlich gemacht wird.
Klar ist bislang lediglich die Höhe des Bußgeldes bei von der Polizei
beanstandeten Verstößen gegen die Verordnung. Wer bei winterlichen
Straßenverhältnissen mit Sommerreifen ertappt wird, zahlt mindestens 20 Euro
Bußgeld, bei dadurch entstandenen Behinderungen werden sogar 40 Euro sowie
ein Punkt in Flensburg fällig. Eventuelle Unfallschäden begleicht aber
grundsätzlich die Haftpflichtversicherung; nur in der Vollkasko droht
Ungemach, wenn grobe Fahrlässigkeit ins Spiel kommt.
Dabei bescheinigen die Experten den deutschen Autofahrern durchaus ein in
den vergangenen Jahren stetig gewachsenes Verantwortungsbewusstsein. Denn
die Umrüstquote, also der Anteil der Autofahrer, die ihr Fahrzeug mit
Winterreifen auf Schnee, Eis und Glätte rechtzeitig vorbereiten, wird in
diesem Jahr um knapp drei Prozentpunkte auf etwa 54 Prozent steigen. Mehr
Klarheit und damit Rechtssicherheit sei freilich dennoch erforderlich.
Bislang könne die Änderung in der StVO wohl lediglich als Orientierungshilfe
für Autofahrer verstanden werden, als eine Verhaltensregel, die ohnehin
schon eine weite Verbreitung gefunden habe.
Einige Innenministerien der Länder haben noch keinen Erlass für die
Polizei über die Handhabung der Änderung herausgegeben. Daher sei zu fragen,
ob der Blick eines Beamten auf die Tauglichkeit der Reifen bereits genügt,
wenn das Fahrverhalten des Autofahrers eindeutige Mängel aufweist. Nachdem
in deutschen Fahrzeugpapieren seit einem Jahr keine Hinweise mehr auf die
erforderliche Bereifung für den Fahrzeugtyp erforderlich sind, haben die
Beamten auch keinen Anhaltspunkt mehr dafür, ob das Auto richtig und
zulässig bereift ist.
mid
geschrieben von veröffentlicht am 20.11.2006 aktualisiert am 20.11.2006
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