Verkehrsunfallflucht

Reform der Verkehrsunfallflucht gefordert

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Wer auch nur den kleinsten Lackschaden an einem anderen Fahrzeug verursacht und dann nicht lange genug am Unfallort wartet, muss mit der vollen Härte des Gesetzes rechnen. Denn Paragraf 142 StGB „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ schreibt die Aufklärung eines lebensgefährlichen Unfalls genauso vor wie die eines kleinen Parkremplers. Beteiligte sind demnach verpflichtet, am Unfallort „angemessen“ lange zu warten. „Die Vorschrift stammt noch aus den 1950er-Jahren, als man irgendwo stand und keine Telefonzelle in der Nähe war“, erklärt Dr. Carsten Engel, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Essen. In der Zeit von Smartphones und Internet sei dies aber eine überholte Vorschrift. Statt der Wartepflicht könnte ein Anruf bei der Polizei ausreichen. So ist zum Beispiel die Regelung in Dänemark.

Keine klaren Vorgaben

Meist bestimmen Richter von Fall zu Fall, was unter „angemessener Wartezeit“ zu verstehen ist. Das Oberlandesgericht Köln legte sie auf „null Minuten“ fest für einen Autofahrer, der nachts auf der Landstraße einen Begrenzungspfahl beschädigte. Mindestens 120 Minuten sollte jemand warten, der eine Bahnschranke beschädigte und die Unfallstelle frühzeitig verließ, urteilte dasselbe Gericht. Die Liste ließe sich fortsetzen. Klare Vorgaben fehlen.

Auf Kongressen und Tagungen fordern Juristen immer wieder die „Präzisierung der Wartezeit“. 15 Minuten gelten demnach als ausreichend. Dies sollte auch der Gesetzgeber festschreiben. Doch eine Reform des Verkehrsunfallflucht-Paragrafen sei derzeit nicht geplant, heißt es aus dem Berliner Justizministerium. Denn im Koalitionsvertrag ist sie nicht vorgesehen.

Offizialdelikt

Verkehrsunfallflucht ist ein sogenannter „Offizialdelikt“, Polizeibehörden müssen jeden Fall verfolgen. „Dies geschieht nicht wegen der Bestrafung, sondern damit Bürger ihren Schaden ersetzt bekommen“, sagt Arnold Plickert, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft Nordrhein-Westfalen. Oft sind es aber kleine Blech- oder Lackschäden, die unbemerkt bleiben – etwa wegen eines laut gestellten Autoradios. Zu 90 Prozent werden solche Fälle eingestellt. Die spätere oder verspätete Selbstanzeige sollte deshalb nach Ansicht von Experten mehr gewichtet werden.

Unterschiedliche Handhabung in Deutschland

ADAC-Vertragsanwalt Engel kritisiert auch die bundesweiten unterschiedlichen Regelungen: „Eine Bestrafung und das Strafmaß der tatsächlichen Unfallflucht sollten nicht von der Region abhängig gemacht werden, denn in der Praxis ist ein Nord-Süd-Gefälle feststellbar“. In Süddeutschland würden auch Schäden unter 500 Euro zur Anklage gebracht und mit Strafbefehlen verfolgt, im Norden werde Unfallflucht ohne Personen- und Fremdschäden unter 1000 Euro mit einer angemessenen Geldstrafe bereinigt. Oft würde die Weitergabe von Zeugendaten an den Geschädigten zu Schadenersatzforderungen ausreichen, meint Engel.

Etwa jede Minute macht sich in Deutschland jemand nach einem Unfall aus dem Staub. Eine bundesweite Statistik des ACE Auto Club Europa ergibt jährlich mehr als 500.000 angezeigte Fluchtdelikte. Vielfach überhören oder übersehen Autofahrer einen Schaden bewusst: Experten schätzen, dass etwa jeder vierte Unfallflüchtige Angst hat, seinen Schadensfreiheitsrabatt zu verlieren.

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