Renault

Renault “Saline4Fun“ – Ein Rentner auf Rekordkurs

Bernard Cannone ist nervös. Zwar hat der Fotograf schon viele Geschwindigkeitsrekorde eingefahren. Doch mit einem Auto wie diesem hat es der Franzose noch nie versucht. Denn was er da Mitte August bei der legendären „Speed Week“ im Rekordtempo über die Salzseen von Bonneville im US-Staat Utah jagen will, ist nichts weniger als eine Selbstmordmaschine auf Rädern: „Saline4Fun“ heißt der fast 30 Jahre alte Oldtimer, den die „Triplettes de Bonneville“ zum Weltrekordwagen aufgerüstet haben. Mit 250, besser noch 280 Sachen will dieses verrückte Quartett aus Frankreich über die „Saltflats“ blasen und so aller Welt beweisen, dass ihr Renault 4 der schnellste ist.

[foto id=“370784″ size=“small“ position=“left“]Vom erfolgreichsten Auto Frankreichs, dem die vier flinken Franzosen damit pünktlich zum 50. Geburtstag die Ehre erweisen, ist bei diesem Umbau außer der Grundform allerdings nicht viel übrig geblieben. „Sechs Monate haben wir an unserem Rennwagen gearbeitet“, sagt Teamchef Frank Figuls, „dabei bliebt keine Schraube unberührt “. Die Karosserie der Fourgonnette, so hieß die Kastenversion des R4, sieht auf den ersten Blick noch halbwegs Original aus. Doch wer das Auto ausnahmsweise mal im Stand oder in Zeitlupe sieht, erkennt auch hier die vielen Modifikationen: Die Hinterräder sind für den geringeren cw-Wert voll verkleidet, der Lüftungsschlitz unter der Frontscheibe wurde zugeschweißt und die Motorhaube [foto id=“370785″ size=“small“ position=“left“]kann man samt der Kühlermaske wie bei einem echten Rennwagen nun mit drei, vier Stiften lösen und zum schnellen Service einfach abnehmen.

Darunter haben die Franzosen mit dem gerade mal 34 PS starken 1,1-Liter-Motor das gemacht, was ihm in den Augen von Rennfahrern gebührt: „Wir haben ihn auf den Schrott geworfen.“ Stattdessen schlägt dort jetzt das Herz eines getunten R5 Turbo. Sein Vierzylinder hatte zwar auch nur 1,5 Liter Hubraum. Doch weil ihm der Lader mit bis zu drei Bar Druck macht, haben die Franzosen auf dem Prüfstand zuletzt 290 PS gemessen. „Das sollte für unseren Rekordversuch reichen“, sagt Figuls.

Ganz ausreizen will Canonne die Leistung des Motors jetzt aber noch nicht. Zusammen mit seinem Team und den beiden Motobécanes, mit denen sie in den letzten Jahren schon ein paar Mal in den verschiedenen Zweirad-Klassen der Speedweek abgeräumt haben, steht er zur letzten Testfahrt auf einem Flughafen vor [foto id=“370786″ size=“small“ position=“left“]Paris. Skeptisch läuft er um die potente Blechbüchse, legt den außen angebrachten Notschalter um, entsichert die Feuerlöscher und klettert in das Metallkorsett, das ihm seine Mechaniker als Sitz ins Auto geschweißt haben. Festgezurrt mit Hosenträgergurten, umgeben von einem Überrollkäfig mit armdicken Streben und vor der Brust das winzige Rennlenkrad, wirft er den Motor an und der R4 wird in Sekunden zur Sauna auf Rädern. Weil in Bonneville jede Kleinigkeit zählt und der Kastenwagen nun nicht gerade das windschnittigste Auto ist, haben die Franzosen mit Blick auf den cw-Wert wirklich jede Öffnung geschlossen. Die Lüftung unter der Frontscheibe, die Seitenfenster – alles dicht.

Kein Wunder also, dass es Canonne eilig hat

Nicht nur, weil ihm das Tempo im Blut liegt. Sondern auch, weil er so schnell wie möglich wieder raus will aus der Büchse. Doch jetzt lässt er den Wagen erst einmal losrollen. Langsam, ganz langsam, wie ein Kampfjet beim Start setzt sich der Saline4Fun in Bewegung. „Schließlich geht es nicht um Beschleunigung, [foto id=“370787″ size=“small“ position=“left“]sondern Endgeschwindigkeit“, erklärt Teamchef Figuls die ungewöhnliche Übersetzung des Getriebes. Doch genau wie ein Kampfjet wird auch der R4 mit jedem Meter schneller – und lauter! „Bis 4 000 Touren fährt er sich wie ein ganz normaler R4“, sagt Cannone, der im Alltag gerne einen R5 bewegt. „Aber darüber wird er zum Dragster“. Deshalb tönt durch die beiden Endrohre im linken Kotflügel jetzt wie ein Maschinengeweht bei Dauerfeuer, und der Kastenwagen sieht aus, als hätte jemand den schnellen Vorlauf gedrückt. Eben noch hatte Cannone kaum mehr als Schritttempo drauf, und jetzt kommt der Begleitwagen mit dem dritten Feuerlöscher kaum mehr hinterher. 100, 150, 180 Sachen dürften es sein, bevor dem Fahrer die Angelegenheit buchstäblich zu heiß und vor allem die Startbahn zu kurz wird. Ein Griff genügt, dann öffnet sich am Heck der große Bremsfallschirm und wie das Space Shuttle rollt der R4 ganz langsam aus. Irgendwie passend. Denn wenn es ein überirdisches Auto gibt, dann das hier.

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