Renault und Fuji: Eine lange Kennenlern-Phase

(adrivo.com) Noch ist kein modernes Formel 1-Auto in Fuji ein Rennen gefahren, viele Geheimnisse der Strecke kennt man aber schon.

Erst im vergangenen Herbst bestätigte die FIA offiziell, dass der Große Preis von Japan 2007 auf der Strecke am Mount Fuji ausgetragen würde. Der Kurs existiert seit vielen Jahrzehnten, tauchte aber bis auf ein kurzes Zwischenspiel 1976 und 1977 nicht im Formel 1-Kalender auf.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung bestanden die Formel 1-Boliden der Generation 2007 aus nicht viel mehr als einigen Konstruktionszeichnungen und vielen Platten Kohlefaser, die auf ihre Verarbeitung wartete. Die Simulationsprogramme – die voraussagen sollten, wie die neuen Autos sich auf der neuen Strecke verhalten – liefen in Enstone und Viry allerdings schon auf Vollgas. Und obwohl die Chassis noch nicht einmal produziert waren und kaum Informationen über den Fuji Speedway vorlagen, hatten die Ingenieure schon eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie die Grundabstimmung, die optimalen Rundenzeiten und die Rennstrategie aussehen werden. Willkommen bei den technologischen Hellsehern der Formel 1.

„Wir haben umgehend nach Erhalt der ersten Streckenskizze begonnen“, erklärt Pat Symonds, Leitender Ingenieur bei Renault. „Nachdem wir die Streckenführung in unsere Computer eingespeist hatten, haben diese die Ideallinie ausgespuckt. Dann berechneten sie das Abtriebsniveau und die idealen Getriebeübersetzungen. So konnten wir früh mit der Fertigung der benötigten Teile beginnen.“

Zeitgleich reisten Ingenieure von Reifenpartner Bridgestone zum Mount Fuji, um sich den neuen Asphalt näher anzusehen und über die geeigneten Laufflächenmischungen zu entscheiden. Bei Renault F1 tüftelten die Strategen derweil auf Basis des geschätzten Kraftstoffverbrauchs und der Länge der Boxeneinfahrt mögliche Rennstrategien aus. Allein für Fuji wurden auf den Laptops der Ingenieure mehr als eine Million möglicher Rennverläufe simuliert. Trotzdem bleiben noch Aspekte offen. So tappt das Team bei der Frage nach dem exakten Gripniveau im Dunkeln. „Das ist der schwierigste Teil des Programms“, gibt Pat Symonds zu. „Um diesen Punkt richtig einzuordnen: Schon eine Abweichung von 3 Prozent bei diesem Parameter macht in der Rundenzeit einen Unterschied von gut einer Sekunde aus.“

Ende 2006 besuchte das Renault Team im Rahmen seiner Roadshow den neuen Grand Prix-Schauplatz und fuhr einige Demo-Runden auf der Strecke. Auch wenn dies mit einem alten V10-Motor und sehr gemäßigten Geschwindigkeiten geschah, nahm das Team doch eine ungefähre Vorstellung davon mit, wie anspruchsvoll das Layout ist und wie sich die baulichen Einrichtungen präsentieren. All diese Details werden dazu beitragen, ein Rennwochenende ohne unliebsame Überraschungen zu erleben.

Beim Freien Training am Freitag kann das Team die eventuell noch verbliebenen Fragen oder Fehleinschätzungen klären, die Abstimmung perfektionieren und im Idealfall feststellen, dass die Basis-Annahmen stimmten. Alle während der Trainingssessions gespeicherten Daten werden umgehend per Satellit zur Auswertung nach Europa gefunkt. Dort laufen über Nacht weitere Simulationsprogramme, um das Optimum aus dem Wochenende herauszuholen. Und spätestens am Samstagvormittag wird Renault Fuji wie einen weiteren ganz normalen Formel 1-Kurs sehen.

© adrivo Sportpresse GmbH

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