Renault, Williams, BMW und KERS: Die Gegner und die Unentschlossenen

(motorsport-magazin.com) Im Zuge der Präsentation und ersten Ausfahrt des Renault R29 haben sich bei Renault die Stimmen gemehrt, die sich offen gegen KERS stellen. Flavio Briatore nannte die Einführung des Energierückgewinnungs-Systems einen schrecklichen Fehler, Technikdirektor Bob Bell äußerte Sicherheitsbedenken und befürchtete, dass es aufgrund von KERS in diesem Jahr zu einem Unfall kommen könnte – beispielsweise einem Elektroschock, wie er bei BMW Sauber während der Tests passiert ist.

Bell meinte, dass noch nicht sicher ist, ob Renault sein System in Australien im Einsatz haben wird, seine Bedenken bezüglich der Sicherheit scheinen aber groß. "Sehr sogar. Das ist unbekanntes Gebiet für uns. Wir sind es nicht gewohnt, Autos mit Aufklebern zur Kennzeichnung von Hochspannung zu sehen. Ich denke, es wird dieses Jahr ein paar Unfälle geben. Das ist unvermeidlich", betonte er. Er rechnete damit, dass einige Mechaniker schlimme Stromschläge erhalten werden und hoffte, dass das noch das Geringste ist. Gleiche Befürchtungen hatte er auch wegen der Marshals. "Es wurde viel getan, um das Risiko zu minimieren, bei Mechanikern, Technikern und Streckenarbeitern, aber es gibt weiter ein Risiko. Das sind 700 Volt und es könnten einige zehn Ampere einschlagen, das wäre recht tödlich. Es ist noch dazu Gleichstrom, wenn man es hält, kann man nicht loslassen."

Was bringt es?

Für Briatore geht es bei KERS vor allem um Geld, denn für die neue Technik wurde viel ausgegeben und das zu Zeiten einer Weltwirtschaftskrise. Deswegen sieht er KERS auch als Fehler. "Letztendlich liefern Renault, Mercedes-Benz und Ferrari Motoren an andere Teams und wir machen kein Geld – es kostet uns also Geld, aber wir machen es zum Wohle der Formel 1. Wir haben zwar die große Kostenreduktion bei den Motoren, aber wir haben dafür bei etwas Anderem die Tür geöffnet. Wir wissen nicht, wie viel es uns am Ende kosten wird und wir wissen nicht, ob es gefährlich ist oder nicht – es sieht so aus, als wäre es nicht 100 Prozent unter Kontrolle. Und bringt es uns etwas Gutes? Was es uns bringt sind Kosten, das ist sicher", klagte der Teamchef.

Aus diesen Grund ist Briatore auch nach wie vor böse auf BMW Sauber, das im vergangenen Jahr beim Grand Prix in China die Verschiebung von KERS nicht unterstützt hat. "Wir wissen bereits, dass es 2010 die Option für ein Standard-KERS gibt – also egal wie viel Geld wir dieses Jahr ausgeben, es ist nur für ein Jahr. Bei diesen Rahmenbedingungen ist das, was wir tun, völlig unnötig." Und noch dazu ist es nach Briatores Meinung fraglich, ob KERS überhaupt eine Leistungssteigerung bringt. Aus diesen Gründen klagte er auch darüber, dass man nun alles durchziehen müsse, nur weil BMW das so wollte. "Es ist schwer für uns, einen Gegner zu haben, der ein Programm entwirft und wir sind da nicht dabei. Wir reden über Leistung, aber in diesem Moment bringt es niemandem etwas, so ein Programm zu unterstützen. Was wir wissen, ist, dass wir viel Geld für nichts ausgeben. Das ist sicher."

BMW und Williams noch nicht bereit

Bei BMW selbst ist man derweil noch nicht sicher, ob man KERS bei der Saisoneröffnung im Auto haben wird. Für BMW Motorsport Direktor Mario Theissen ist das System zwar nach wie vor aufregend und eine Herausforderung, bereit zum Renneinsatz ist man aber nicht. "Wenn ich auf die Zeit zurückschaue, als wir vor über einem Jahr mit KERS begonnen haben, so war diese Zeit pure Forschung. Dann gingen wir durch eine Phase, die wir Vor-Entwicklung nennen. Jetzt sind wir in der Entwicklungsphase. Wir sind noch nicht bereit für ein Rennen, aber wenn man sich den Fortschritt der vergangenen zwölf Monate ansieht, dann ist das unglaublich. Wir haben so viel gelernt", sagte er beim Launch des F1.09 in Valencia. Irgendwann wollen Theissen und das Team aber bereit sein, ob das auch in Melbourne sein wird, konnte er nicht sagen. So sei der Charakter der Entwicklung eben, meinte er weiter. "Man nimmt Risiken und weiß nicht, wann sie sich auszahlen. Ich bin mir sicher, es wird sich irgendwann während der Saison auszahlen und das könnte dann entscheidend werden."

In einer ähnlichen Lage ist auch Williams, wo man ebenfalls noch nicht weiß, ob KERS bis Melbourne bereit sein wird, da es auch sonst noch einiges zu tun gibt. "Wir arbeiten hart, damit die Kühlung und das Getriebe und alles Andere am Auto erst funktioniert und wir konzentrieren uns auch darauf, dass das mechanische und aerodynamische Paket optimiert ist, bevor wir KERS auf das Auto holen. Denn wenn man etwas bei der Aerodynamik oder Mechanik falsch hat, dann verliert man Sekunden", meinte Technikdirektor Sam Michael. KERS würde hingegen zunächst auch bei voller Zuverlässigkeit lediglich zwei oder drei Zehntel bringen. Irgendwann wäre das dann schon wichtig, aber zunächst sei die Aerodynamik und das Setup des Autos in Verbindung mit den Slicks, sowie die Mechanik einfach wichtiger.

Sollte KERS bis zum Saisonstart nicht fertig werden, könnte die Weiterentwicklung aufgrund der Testbeschränkungen natürlich schwierig werden. Michael glaubte aber, dass man trotzdem weiter am System entwickeln kann. "Man kann die Freitage verwenden und man hat auch Prüfstände im Werk, um Sachen abzuschließen. KERS während der Saison zu bringen, wenn man nicht damit beginnt, wird nicht einfach, aber auch nicht unmöglich."

adrivo Sportpresse GmbH

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