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Sie waren unermesslich reich und bestellten ihre Luxusmobile gerne gleich im Doppel- oder Zehnerpack. Für die indischen Maharadschas war nur das Beste gut genug, und wenn sie einmal schlecht bedient wurden, wussten sie sich zu wehren. Als ein ostindischer Fürst in den 1920er Jahren in seiner Landestracht gekleidet, in London einen Rolls-Royce bestellen wollte, wurde er als vermeintlich mittelloser Landstreicher abgewiesen. Der Mann schwor Rache, schickte seinen besser gekleideten Minister in den Laden, orderte gleich drei rollende Fahrgestelle und ließ sie nach Lieferung in Indien zu Müllwagen umbauen. Rolls-Royce schaffte es dann irgendwie, die drei Modelle aufzukaufen und sie mit passenderen Aufbauten aufzuwerten.
Einige der automobilen Juwelen indischer Fürsten, die in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zu den reichsten Menschen der Welt zählten, waren in einer Sonderausstellung auf der Pariser Retromobile zu sehen. Nach dreijähriger Planung gelang es den Veranstaltern, insgesamt 15 der herrschaftlichen Luxuskarossen zu versammeln. Die meisten dieser Modelle stehen inzwischen bei Sammlern oder noch immer bei fürstlichen indischen Besitzern, die sie zumeist sogar regelmäßig nutzen.[foto id=“499464″ size=“small“ position=“right“]
Einer der unumstrittenen Höhepunkte der Ausstellung ist der sogenannte Swan Car aus der holländischen Sammlung Louwman, den sich ein reicher Brite 1910 in Kalkutta hatte aufbauen lassen. Bei seiner ersten Ausfahrt sorgte der Wagen für ein gewaltiges Verkehrschaos – so etwas hatte man bis dahin noch nicht gesehen und wollte es auch nicht wiedersehen. Der einem Schwan nachempfundene Wagen mit einer soliden handgeschnitzten Holzkarosserie verschwand nach einem polizeilichen Fahrverbot bald wieder von den Straßen und wurde vom Maharadscha von Nabha gekauft, der offensichtlich seinen Spaß mit der exzentrischen Konstruktion hatte und sich noch eine Miniaturausgabe aufbauen ließ. Das Ergebnis taufte er Cygnet (junger Schwan). Der elektrisch angetriebene „Mini-Schwan“ entstand in den 1920er Jahren und gilt als das erste in Indien gebaute Automobil.
Die größte Zuneigung der indischen Herrscher galt ohne Zweifel der Marke Rolls-Royce, deren Modelle auch zu Jagdwagen umgebaut wurden, wie der berühmte Rolls-Royce Twenty aus dem Jahr 1925, den sich der Maharadscha Brajendra Kishen Singh für die Tigerjagd bauen ließ. Daneben besaß er rund zwei Dutzend weitere Rolls, damit seine Gäste standesgemäß zu den Jagdrevieren chauffiert werden konnten. Um die Jagd zu erleichtern, hatte der kompakte Viertürer ein Schiebedach und einen versteckten Sitz im Heck, von wo aus der Fürst eine gute Sicht auf angreifende Raubkatzen hatte. Eine große Glocke vor dem Kühlergrill war als Warnung für die als heilig verehrten Kühe gedacht, die eine Hupe zu sehr hätte erschrecken können.
Zwar stellte Rolls-Royce das größte Kontingent in den fürstlichen Garagen, doch daneben gelangten auch andere Luxusmarken auf den Subkontinent. Im Jahr 1930 stand der Mercedes SS mit einer viersitzigen Karosserie auf dem Pariser Salon, und als der Herrscher von Kaschmir das Modell sah, ließ er ihn sich sofort reservieren. Dass bei ihm bereits ein Vauxhall und Rolls Royce 17 EX in der Garage standen, spielte keine Rolle. Ein Jahr später war die Lenkung auf die rechte Seite verlegt, und der Wagen trat seine Reise auf den indischen Subkontinent an. Angeblich überforderte der Mercedes die Fahrkünste des Fürsten, sodass der SS nur wenige Kilometer zurückgelegt hatte, als er nach einer Odyssee über zwei Kontinente im Mercedes-Museum zur Ruhe kam.
In die Sportwagen-Fraktion passt auch ein mysteriöser Alfa Romeo RL SS, der 1925 einen indischen Fürsten fasziniert haben muss. Wer das genau war, ist nicht mit Sicherheit geklärt. Wahrscheinlich war es Sir Sultan Mohammed Shah Aga Khan III. Die Karosserie stammte entweder von Castagna oder Zagato. Sicher ist hingegen, dass die italienische Marke in jenen Jahren bei den Schönen und Reichen sehr beliebt war, erreichte der von einem Dreiliter-Sechszylinder angetriebene Sportler doch die damals beachtliche Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h.
In der Sammlung, die auf der Retromobile gezeigt wird, fällt eine Marke aus dem Rahmen. Der Humber Snipe 80 aus dem Jahr 1934 fuhr damals eher in der gehobenen Mittelklasse und war meilenweit vom Renommee eines Rolls-Royce oder Mercedes entfernt. Doch auch unter den Maharadschas gab es reiche und weniger reiche, und deshalb ließ sich der Herrscher des kleinen Fürstentums Koriya den Humber repräsentativ aufbauen und fuhr von 1934 an damit durch sein in jeder Hinsicht überschaubares Reich. Seine Nachkommen bewegten die von einem 3,5 Liter großen Sechszylinder angetriebene Limousine immerhin bis zum Jahr 2007 und gaben ihn dann an den bekannten indischen Sammler Harit Trivedi.
Auf der Rétromobile als führende französische Oldtimer-Messe darf natürlich ein Vertreter der französischen automobilen Haute Couture nicht fehlen. Delahaye war in den 1930er Jahren die wahrscheinlich extravaganteste französische Luxusmarke, was dem Maharadscha von Nawangar nicht entgangen war. Und deshalb griff er zu, als einer von elf gebauten Delahaye 135 (Baujahr 1938) im damaligen Bombay auftauchte. Irgendwann wurde das Spielzeug abgestellt und vergessen, bis die Überreste von einem britischen Händler entdeckt wurden und nach einer jahrelangen Restaurierung wieder in alter Pracht erstrahlten. Die indischen Fürsten hätten ihre Freude an den ausladenden Formen – nur haben die meisten inzwischen nicht mehr die finanziellen Mittel, um sich die Schönheit leisten zu können.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 07.02.2014 aktualisiert am 07.02.2014
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