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Tata
Preisschock einmal anders: Mitten in der Zeit explodierender Spritkosten und sinkender Realeinkommen rüttelte der indische Tata-Konzern 2008 mit der Vorstellung seines Billigautos Nano die Branche auf. Der eiförmige Kleinstwagen für fünf Insassen sollte nur 100.000 Rupien kosten, damals rund 1.440 Euro, und als indischer Volks-Wagen einen ganzen Subkontinent mobil machen.
Die Kundschaft hatte man direkt vor der Haustür: Millionen von Indern fahren Motorrad, oft zu zwei oder dritt und mit einer ganzen Wochenernte Reis oder Baumwolle auf dem Gepäckträger. Normale Kleinwagen wie der indische Bestseller Maruti Suzuki Alto sind diesen Bevölkerungskreisen viel zu teuer. Den Nano hingegen gibt es schon für ein Viertel der Summe. Erkauft wird der Mini-Preis mit spartanischer Ausstattung, simpler Technik und einem Zweizylinder-Benziner mit nur 26 kW/35 PS – aber allein das feste Dach und die vier Sitzplätze bedeuten für Motorradfahrer einen Komfort-Fortschritt, von dem sie vorher nicht zu träumen wagten.[foto id=“335517″ size=“small“ position=“right“]
Schon kurz nach der Vorstellung in Mumbai wurden Expansionspläne bekannt. Tata wollte eine mit zusätzlicher Sicherheitsausstattung und Komfort-Extras aufgewertete Version des Nano auch nach Europa bringen. Selbst eine Elektroversion war im Gespräch. Die europäischen Hersteller waren geschockt. Sollten die Inder wirklich den Markt mit einem intelligenten Kleinstwagen zum Minipreis aufrollen? General Motors und Nissan zumindest kündigten flugs Konkurrenzmodelle an.
Ganz so schnell ging es dann mit dem Nano doch nicht. Zunächst gab es Verzögerungen bei der Produktion. Indische Bauern protestierten gegen den geplanten Werksbau auf einer ihrer angestammten Feldflächen. Kurzfristig musste ein neuer Standort gefunden werden. Als dann die Bänder Ende 2009 mit rund einjähriger Verspätung anrollten, gab es deutlich mehr Bestellungen als Fahrzeuge gebaut werden konnten. Tata rief eine Lotterie ins Leben, um die 100.000 ersten Kunden zu bestimmen. Dem Hype um das Billigauto gab das neuen Brennstoff. Fast eine Viertelmillion Inder beteiligten sich.
Mittlerweile sind rund 70.000 Autos ausgeliefert, alle in Indien. Doch seit Neuestem stockt der Absatz, im Oktober fanden sich lediglich noch 509 Kunden. Laut Tata liegt das vor allem den fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten. Allerdings dürfte es auch noch einen anderen Grund geben: Sicherheitsbedenken. Denn in den vergangenen Monaten sind zahlreiche Fahrzeuge ohne äußere Einwirkung in Flammen aufgegangen. Der Hersteller bessert nach, doch das Käufervertrauen ist erst einmal beschädigt.[foto id=“335518″ size=“small“ position=“left“]
Ob der zunächst auf Eis gelegte Europastart unter diesen Vorzeichen so bald in Angriff genommen wird, bleibt abzuwarten. Einige Experten halten die Tata-Strategie bereits für gescheitert und räumen abgespeckten Versionen konventioneller Kleinwagen eine größere Marktchance ein.
Zunächst dürfte der Tata Nano also wohl ein rein indisches Auto bleiben. Das muss kein Problem sein – ist das Land doch einer der weltweit am schnellsten wachsenden Märkte. Und Millionen von Motorradfahrern gibt es dort immer noch. Holger Holzer/SP-X
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 15.12.2010 aktualisiert am 15.12.2010
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