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Wir befragen die Auguren zum vergangenen Jahr und zu ihren Erwartungen für 2010 und darüber hinaus. Heute im Gespräch: Gernot Bracht, Dozent für Tranportation Design an der FH Pforzheim und Designexperte der internationalen „World Car of the Year“-Jury.
Bracht: Die Rolle des Autos als Wirtschaftsmotor aus der Krise war eine Entwicklung, die ich so nicht vorausgesehen hätte. Aus Sicht des Designers war der traurige Nachfolger des Renault Vel Satis sicherlich die negativste Überraschung des Jahres: Bevor ich eine über 15 Jahre aufgebaute Designsprache derart wegwische, mache ich lieber gar keinen Nachfolger. Und als Motorsport-Beobachter hat mich, ehrlich gesagt, der Formel-1-Titel für Sebastian Vettel positiv überrascht.
Bracht: Der Wandel etabliert sich, technisch und auch stilistisch. Ob wirklich positive, ist noch nicht ausgemacht. Jedenfalls ist die Lust am Experimentieren und Erfinden neuer Derivate ungebrochen – ich gehe davon aus, dass wir das zum Beispiel an der kommenden Mercedes A-Klasse sehen werden, die ja ein ganz anderes Auto wird. Vielleicht wird die kommende Modellgeneration die Branche – wie schon die erste A-Klasse – noch einmal stark beeinflussen.
Bracht: Ich bin mir angesichts der gravierenden Probleme nicht sicher, ob reine Elektroautos die automobile Zukunft repräsentieren. Vor diesem Hintergrund versuchen wir unseren Studenten zu vermitteln, dass sie noch eine ganze Weile mit klassischen Antriebskonzepten und Packages umgehen müssen – auch wenn der Elektroantrieb größere [foto id=“337064″ size=“small“ position=“left“]gestalterische Freiheit einräumt. Vielleicht müssen zukünftige Fahrzeugarchitekturen simultan mit unterschiedlichen Konzepten funktionieren.
Bracht: Wenn Fahrspaß nicht bedeuten soll, in einer Multimedialounge umherzufahren, ganz sicher ja. Anstatt die Leistung weiter zu steigern, sollte man sich aber mit Nachdruck auf die Gewichtsreduzierung verlegen. Bei sportlichen Autos geht es in Zukunft viel stärker als bisher um das Leistungsgewicht.
Bracht: Eine spannende Frage. VW ist ganz klar ein deutscher Konzern geblieben und setzt dabei auf die reine Design- und Techniklehre. Toyota hat sich demgegenüber ein bißchen zu sehr dem amerikanischen Geschmack und auch den dort offenbar ausreichenden Qualitätsstandards angepasst. Wie das ausgeht, ist völlig offen.
Bracht: Rein als Designer stelle ich fest, dass die Koreaner die Japaner bereits weitgehend übertroffen haben – was natürlich daran liegt, dass sie viele hervorragende Designer aus Europa eingekauft haben und ihnen auch große Freiheiten lassen. Wirtschaftlich ist sicher noch eine erhebliche Kluft da. Ich glaube aber, dass noch viel interessanter ist, was sich in China vollzieht. Denn dort wiederholt sich gerade der Aufstieg Japans und Koreas – in einem weitaus größeren Maßstab.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 29.12.2010 aktualisiert am 29.12.2010
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