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Russland enttäuscht derzeit – nicht nur bei politischen Friedensbemühungen, sondern auch bei den ökonomischen Erwartungen. Denn entgegen aller Prognosen wird der russische Automarkt laut einer Roland-Berger-Studie die früheren optimistischen Erwartungen für Hersteller und Zulieferer nicht erfüllen können.
In ihrer Analyse „Russia at the crossroads“ sagen die Automotive-Experten voraus, dass die Zahl der in Russland pro Jahr verkauften Fahrzeuge bis 2020 lediglich auf 3,3 Millionen steigen wird, also deutlich weniger als die erwarteten vier Millionen Autos. Grund dafür sei weniger die aktuelle politische Krise als makroökonomische und strukturelle Ursachen wie mangelnde Diversifizierung der Wirtschaft, schwaches Wirtschaftswachstum und fehlende Impulse für den Markt.
„Erst in den nächsten zwei bis drei Jahren erwarten wir eine Erholung auf das Niveau von 2012″, sagt Uwe Kumm vom Moskauer Roland Berger-Büro. Langfristig werde der Markt aller Voraussicht nach wieder stetig wachsen, allerdings auch dann deutlich langsamer als frühere Marktstudien prognostiziert haben. Und auch das sei angesichts der politischen und makroökonomischen Unsicherheiten mit Fragezeichen versehen.
Zwar ist und bleibe Russland „einer der Top-10-Märkte mit erheblichem Potenzial“, sagt Jürgen Reers, Partner im Automotive Competence Center von Roland Berger. Allerdings ändert sich neben dem verlangsamten Wachstum auch die Struktur des Markts, weil im Rahmen von Russlands WTO-Beitritt im Jahr 2018 die Abkommen zur Unterstützung lokaler Produktion auslaufen. „Dann werden die Vorteile einer Herstellung in Russland verschwinden“, sagt Reers. Hinzu kommen sinkende Importzölle auf Komplett-Fahrzeuge und eine grundsätzlich schlechte Kostenstruktur der russischen Produktionsstätten. Der Autoexport aus Russland wird daher weiterhin eine sehr geringe Rolle spielen. Aufgrund der Spannungen mit der Ukraine könne sogar noch ein wichtiger Exportmarkt wegbrechen. Das schafft neues Potenzial für Importeure. „Der Importanteil im russischen Automarkt könnte von heute etwa 30 Prozent auf 50 Prozent oder mehr ansteigen“, sagt Reers.
Allerdings werde die Mehrheit der russischen Produktionsstätten internationaler Autohersteller mit europäischen Standorten nicht mithalten können. „Sie sind zu klein, zu unproduktiv und müssen zu viel Wertschöpfung über lange Distanzen transportieren“, sagt Juri Wagenleitner, Automotive-Experte bei Roland Berger und Autor der Studie. Zudem konkurrieren sie gegen die Stammwerke, die in der Regel gleiche Modelle in höheren Stückzahlen herstellen. Die Experten sehen daher ein erhebliches Risiko, dass bis 2020 viele internationale Hersteller ihre Produktion und lokale Wertschöpfung in Russland gegenüber ursprünglichen Planungen deutlich reduzieren könnten. Dann müsste die gesamte dortige Automobilindustrie mit Einschnitten rechnen. Das bedeutet den Abbau von Arbeitsplätzen, geringere Steuereinnahmen und ein negativer Einfluss auf eine sowieso angespannte wirtschaftliche Situation wären die Folgen.
geschrieben von auto.de/(fw/mid) veröffentlicht am 12.05.2014 aktualisiert am 12.05.2014
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