Schluss mit Abzocke bei Tempokontrollen

„Abzocker-Radarfallen“ müssen von den Straßen verschwinden. Dies fordert der 51. Goslarer Verkehrsgerichtstag, an dem rund 2.000 Fachleute teilnahmen. Geschwindigkeitsmessungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie die Verkehrssicherheit erhöhen oder Lärm und Umweltverschmutzung eindämmen. Damit würde die Akzeptanz der Geschwindigkeitsmessungen in der Bevölkerung erhöht werden. Nachweislich kommt es bei Tempokontrollen immer wieder zu Fehlern. Dann kann ein Autofahrer im schlimmsten Fall ohne Schuld seinen Führerschein und möglicherweise sogar seine Existenz verlieren. Daher fordern die Experten, dass künftig alle notwendigen Daten dem Verteidiger und dem beauftragten Sachverständigen ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung gestellt werden müssen. Damit „geblitzte“ Autofahrer eine faire Verteidigung erhalten, ist künftig der aktuelle technische Stand des Radargerätes nachvollziehbar zu dokumentieren. Zudem ist eine bessere Ausbildung der „Messbeamten“ von großer Bedeutung.

Viel- und Berufsfahrer würden durch die diskutierte Reform der Verkehrssünderdatei massiv benachteiligt. Gemäß dem Vorschlag wäre es nicht mehr möglich, durch die freiwillige Teilnahme an Nachschulungs-Seminaren Punkte abzubauen. Das haben die Experten des Verkehrsgerichtstags scharf kritisiert. So verwies Präsident Kay Nehm darauf, dass Autofahrer, die regelmäßig längere Strecken fahren, schon durch leichte Unaufmerksamkeiten so viele Punkte sammeln können, dass sie den Führerschein abgeben müssen. Grundsätzlich ist es nach Meinung der Experten nicht erforderlich, das bisher bewährte 18-Punkte-System zugunsten eines 8-Punkte-Systems aufzugeben.

Außerdem forderten die Rechtsexperten eine bessere Ausbildung für Fahrlehrer. Und auch die Qualität einzelner Fahrschulen gehöre auf den Prüfstand. Hohe Durchfallquoten von bis zu 30 Prozent hatten in der Öffentlichkeit zu Kritik an der derzeitigen Fahrschulausbildung geführt. Junge Menschen sollten zudem noch früher als bisher mit dem Autofahren starten. Daher ist zu prüfen, ob das Einstiegsalter für das begleitende Fahren von derzeit 17 auf 16 Jahren gesenkt werden kann. „Viele junge Fahrer verhalten sich rund sechs Monate nach dem Führerscheinerwerb besonders riskant und verursachen dann schwere Unfälle“, sagte Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Daher fordert die UDV für die Zeit nach dem Führerscheinerwerb eine weitergehende Betreuung. Mit einer Mehrstufenausbildung konnten die Österreicher die Unfallzahlen junger Fahrer um ein Drittel senken. Zu einer solchen zweistufigen Fahrausbildung konnte sich der Verkehrsgerichtstag jedoch noch nicht durchringen. Die Teilnehmer empfehlen lediglich die Einrichtung einer Projektgruppe, die die Wirksamkeit einer Betreuung nach dem Führerscheinerwerb prüfen soll. In Deutschland verunglücken noch immer überproportional viele junge Fahrer. Obwohl nur elf Prozent der Führerscheininhaber der Altersgruppe zwischen 18 und 25 Jahren angehören, entstammt ihr wiederum nahezu jeder Dritte getötet Autofahrer.

Die Aggression im Straßenverkehr hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Ursache ist nach Meinung des ACE Auto Club Europa vor allem massiver Zeitdruck. Daher soll die Polizei künftig ihre Kontrollen verschärfen, so die Forderung der Goslarer Experten. Vorschläge, gegen Rüpel und Rowdies im Straßenverkehr mit schärferen Strafen und Gesetzen vorzugehen, konnten sich hingegen nicht durchsetzen. Experten bezweifeln, dass mehr Kontrollen der Polizei möglich sind. „Überall in Deutschland wird bei der Polizei gespart“, sagte Prof. Dieter Müller von der Polizeihochschule Sachsen aus Rothenburg. Daher bleibt der Mehrheit der vorschriftsmäßig fahrenden Autofahrer wohl weithin nur die Selbsthilfe. Verkehrsteilnehmer sollten sich zum eigenen Schutz nicht provozieren lassen und Rowdies im Straßenverkehr gelassen begegnen, rät der ACE. Durch Ausbremsen, Drohen oder Beleidigen sowie mittels Bummeln oder bewusstem Linksfahren schüren Autofahrer die Eskalation lediglich und erhöhen damit die Unfallgefahr.

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