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Bei der Verkündung von Milliardenumsätzen und Gewinnerwartungen nehmen die Verantwortlichen der großen Mineralölkonzerne in der Regel kein Blatt vor den Mund. Geht es hingegen um das Aussehen der Tankstelle der Zukunft, geben sich die Bosse eher einsilbig. Besonders wortkarg sind sie, wenn es um die Herausforderungen geht, die die Elektromobilität für den Tankwart von morgen mit sich bringt.
Eine Erfahrung, die auch Christof Vieweg, Autor des großzügig bebilderten Buches „Volltanken bitte – 100 Jahre Tankstelle“ gemacht hat: „Offenbar will man sich nicht in die Karten schauen lassen, will weder den Kunden noch der Konkurrenz Einblicke in die eigenen Strategien gewähren“, schreibt Vieweg. Ihm zufolge steht die Branche vor „großen Herausforderungen, die aber auch ungeahnte Chancen bieten.“
Dabei war das Geschäft mit dem Stoff, der die Autos antreibt, schon immer ein bewegtes Gewerbe. Auf 144 Seiten zeichnet der Verfasser die Entwicklung der Tankstelle in Deutschland anschaulich nach: Von der Handpumpe zur „Multimedia-Zapfsäule“. Anfang des 20. Jahrhunderts etwa führte der Verkauf von Sprit noch ein Schattendasein. „Man bekam ihn in Apotheken, Drogerien, Fahrradgeschäften oder im Kolonialwarenladen“, so Vieweg. In den Wirtschaftwunderjahren boomte nicht nur die Automobilwirtschaft, sondern auch das Geschäft mit Treibstoff für Käfer und Co. Erst die Ölkrise von 1973 leitete das große Tankstellensterben ein. Gab es 1970 deutschlandweit noch 46 000 von ihnen, sind es heute nur noch rund 14 750 Stationen. Für den Umsatz müssen meist die angeschlossenen Steh-Cafés und SB-Shops sorgen. Denn die Deutschen tanken immer seltener, ihre Autos verbrauchen immer weniger: Seit 1990 ist der Benzin- und Dieselverbrauch um über ein Drittel auf aktuell 34,9 Millionen Tonnen pro Jahr gesunken. Inzwischen sind Elektroautos in aller Munde, die Strom statt Sprit tanken. Manche Experten rechnen damit, dass es in spätestens 50 Jahren überhaupt keine Kraftstoffe mehr aus nicht-erneuerbaren Energien geben wird. Das Todesurteil für Tankstellen und ihre Betreiber?
Allerdings wird der Trend zur E-Mobilität auch von den Konzernen aufmerksam verfolgt. Nach Einschätzung von BP-Vorstandsvorsitzenden Dr. Uwe Franke wird die E-Mobilität zwar „langsamer Fuß fassen als viele denken“. Aber: „Wir werden mit der Entwicklung parallel gehen und auch unsere Tankstellennetze entsprechend ausbauen“, so der BP-Boss. Wie die Tankstation von morgen aussehen wird? Darüber lässt sich trefflich spekulieren. Mit wissenschaftlichem Anspruch hat dies eine Gemeinschaftstudie der Universität Witten-Herdecke und der Fachhochschule Offenbach im Auftrag von BP-Tochter Aral getan. Darin prophezeien die Wissenschaftler einen Wandel der Tankstelle von reinen Kraftstoff-Verkaufsstellen hin zu „Energieversorgern“, die eine ganze Palette alternativer Kraftstoffe, aber vor allem vielfältig Unterhaltungsmöglichkeiten bieten. Nach Meinung der Forscher könnten so schon bis 2020 „Event-[foto id=“358376″ size=“small“ position=“left“]Tankstellen“ entstehen, die ein „Theater der Sinne“ bieten, in denen der Tankvorgang zur Nebensache wird. Die Autos könnten dort auf einem Förderband abgestellt werden und vollautomatisch Lade-, Waschzonen und Prüfbereiche durchlaufen, während sich ihr Besitzer anderweitig amüsiert.
Nicht nur Tankstellen-Experte Vieweg sieht also einen Trend zum Wandel vom reinen Zapfsäulen-Ensemble hin zu „Konsum-und Genusstempeln“ mit integriertem Kino, Disco oder Bowlingbahn, in denen die Kunden ihre Fahrzeuge schließlich im Parkhochhaus „frisch gewaschen und getankt wiedertreffen“. Der Verkauf von Treibstoff, sei es nun Wasserstoff zum Betrieb von Brennstoffzellenautos oder Strom für batteriebetriebene Elektroautos, wird hingegen – buchstäblich – in den Hintergrund treten. So werden die Zapfsäulen, „die heute den Vorplatz aller Stationen ausfüllen“, vermutlich an die Rückseite der Station „verbannt“. An ihre Stelle sollen große Shoppingbereiche treten, die „ein vielseitiges Warensortiment“ sowie „verschiedenste Dienstleistungen wie Post, Reinigung, Bank und Restaurants“ zu bieten haben. Also ganz wie in den Anfängen, als es zum Auftanken in den Kolonialwarneladen ging.
Diese und andere automobile Visionen sind nachzulesen in „Volltanken Bitte“. Erschienen ist das Buch im Delius-Klasing-Verlag (ISBN-Nr. 978-3-7688-3273-1), es kostet 29,90 Euro.
geschrieben von auto.de/(mah/mid) veröffentlicht am 12.05.2011 aktualisiert am 12.05.2011
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