Techno Classica 2013: Im Louvre des Automobilbaus

Theater der Träume oder Börsenparkett? Spielplatz für das Kind im Manne oder doch nur kaltes Szenario für knallhartes Verhandlungspoker? Vielleicht ist es ja eine Melange aus all dem und noch ein wenig mehr: ein Schuss unbefriedigter Sehnsucht, die Erfüllung des ganz großen, seit Jahrzehnten gehegten Traumes oder die erfolgreiche Jagd nach dem begehrten Garagengold, das nun bitte schön auch ebensolche Eier legen soll.

Fest steht: Die Techno Classica hat sich seit ihrer Premiere Ende der 1980er Jahre nicht nur einen Namen als weltweit bedeutendster Umschlagplatz für Fahrzeuge dieses Genres gemacht. Der faszinierende Retro-Tempel mit teilweise unvorstellbar wertvollen Exponaten ist auch in ihrer 25. Auflage (bis 14.4.) gleichermaßen Börse und Budenzauber für historische Automobile, die eine glänzende Retrospektive der Automobil-Geschichte bieten.[foto id=“461870″ size=“small“ position=“left“]
 
Nirgendwo ist die Verbindung zwischen heißer Emotion und nüchternem Kalkül sicht- und greifbarer als an diesen fünf Tagen in Essen. Das zeigte schon der erste Tag der 2013er Auflage. Obwohl größtenteils von der Sportwagen-Ikone Porsche dominiert – nicht nur wegen des 50jährigen Jubiläums des 911 – haben viele Hersteller mit ihren hauseigenen Klassik-Abteilungen Essen als Pflichttermin zur Wahrung historischer Marken-Identität erkoren. Mit 25 Fahrzeug-Marken sind in diesem Jahr so viele Hersteller wie noch nie im „Pott“ vertreten. Die Italo-Schmiede Alfa Romeo beispielsweise nutzte die hausinternen Jubiläen nicht nur, um ihren  Gästen einen tiefen Blick in die Schätze des Scudetto-Museums zu gewähren. Sie vollzog am Eröffnungstag unter gleißenden Scheinwerfern gleich auch die [foto id=“461871″ size=“small“ position=“right“]Deutschland-Premiere des neuen Sportwagens 4c.
 
Die versammelte Haute Couture des Automobilbaus präsentiert in diesem Jahr mehr als 2.500 Sammler-Fahrzeuge: Auch das wiederum eine bisher nie erreichte Zahl. Die Aussteller kommen aus Deutschland, aus Europa, aus Übersee. Das blinkende und blitzende Panoptikum offenbart Mobiles von gestern und vorgestern. Und fördert geheimnisvolle, teils schwülstige, fast schon erotische Kreationen von Delahaye oder Duesenberg zutage, die diesen Louvre des Automobilbaus bereichern. Kurioses und Kunstvolles, Sportliches und Spektakuläres, Prunkvolles und  Populäres:  Essen hat alles, Essen zeigt alles.
 
Aber die Techno Classica lockt eben nicht nur die staunenden Zaungäste, die sich an der Schönheit des Dargebotenen erfreuen. Sie ist auch Schauplatz von Geschäften, bei denen in der Regel kein Kleingeld umgesetzt wird. Mit alten Autos, oder besser, deren Besitzern, ist Geld zu machen. Nach den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) und des Verbandes der Automobil-Industrie (VDA) betrug im vergangenen Jahr der Gesamtwert aller verkauften Oldtimer mit H-Kennzeichen (älter [foto id=“461872″ size=“small“ position=“left“]als 30 Jahre) 147 Millionen Euro. Etwa 230.000 Fahrzeuge, die diese Auszeichnung für „historisches Fahrzeug-Kulturgut“ sind derzeit in Deutschland angemeldet. Das sind rund 0,5 Prozent des gesamten Fahrzeugbestandes.
 
Der demografische Wandel dürfte bewirken, dass der Kreis stolzer Oldtimer-Besitzer stetig wachsen wird. Statt Traumschiff-Kreuzfahrt mit Käpt’n-Dinner darf es auch immer öfter ein gepflegtes altes Blechteil sein, das nicht nur für die Urlaubsreise zur Verfügung steht. Inzwischen, so die aktuellen KBA-Zahlen, kostet in Deutschland ein Oldtimer im Durchschnitt 13.000 Euro. Das sind Preisregionen, in denen sich mancher Auto-Liebhaber ohne Bauchschmerzen bewegen kann und wird. Der preiswerteste und gleichzeitig auch einer der liebenswertesten seiner Art, den wir zum Auftakt gesehen haben, war eine BMW Isetta für 7.000 Euro. Wem das nicht genügt: Bitte schön es steht auch noch ein Duesenberg für schlappe 900.000 Euro im Schaufenster. Falls das gute Teil, was uns nicht wirklich wundern würde, inzwischen nicht doch schon „vergriffen“ sein sollte.

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