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Fiat
Mit dem Fiat 500L wollen die Italiener vor allem im Alltag punkten. Denn während der kleine Bruder vor allem auf Lifestyle abzielt, bietet die Größe „Large“ viel Platz und praktische Ausstattungsdetails. Damit auch der Geldbeutel geschont wird, gibt es den Fiat 500L auch mit Erdgasantrieb.
Es gibt halt doch noch Überraschungen im Leben. Denn während Form und Farbgebung aller Fiat 500L, die bisher meinen Weg gekreuzt haben, nicht wirklich gefallen wollten, fand ich diesen Testwagen wirklich ansehnlich. Gut, das schicke Toscana Grün, kombiniert mit weißem Dach, Spiegeln und Felgen, erinnert so ein wenig an einen kleinen Konkurrenten in „British Racing Green“. Trotzdem steht dem Fiat 500L die Farbkombi ausgesprochen gut.
Im Innenraum dann aber die Ernüchterung. Nicht, dass ich opulenten Luxus erwartet hätte, aber das Lenkrad wirkt plump, der Bordcomputer antiquiert. Und warum Fiat das Navi nicht mal auf Wunsch in das Touchscreen-Radio integriert, ist mir schleierhaft. Doch das wäre ja alles nicht weiter tragisch. Wirklich schlecht im Fiat 500L sind die Sitze, zumindest vorne. [foto id=“515473″ size=“small“ position=“left“]Denn unsere Redakteure waren wohl mit 1,65 – 1,85 Metern Körpergröße in den Maßstäben italienischer Ingenieure hünenhaft groß. Alle samt beklagten sich über die viel zu kurzen Sitzflächen, keiner fand so recht eine bequeme Sitzposition, und alle klagten nach längeren Touren im Fiat 500L über leichte Rückenschmerzen.
Gut, dass da wenigstens die Kinder im Fond angenehm sitzen und sich dank Klapptischen mit Malen oder anderen Dingen selbst beschäftigen können. Ein Panoramaglasdach sorgt zudem für eine angenehm luftige Atmosphäre. Der Kofferraum bietet trotz darunter verbauter Erdgastanks mit 330 – 396 Litern ausreichend Platz. Die Rücksitze lassen sich im Fiat 500L nicht umlegen, sondern komplett nach vorne klappen. Dadurch entsteht ein üppiger Laderaum von 1.310 Litern mit einem komplett flachen Ladeboden; sehr praktisch.
Beim Motor bietet Fiat eine vermeintlich clevere Lösung. Denn der 0.9-Liter-Zweizylinder lässt sich ab Werk als „Natural Power“ für den Betrieb mit Erdgas umrüsten. Zusätzlich zum 50 Liter großen Benzintank führt der Fiat 500L dann noch 14 kg Erdgas mit. Sind beide Tanks voll, soll der Fiat 500L Natural Power damit theoretisch stolze 1.206 km weit kommen. Der Konjunktiv deutet jedoch an, dass die Wahrheit ganz wo anders liegt. Zunächst sei jedoch erwähnt, dass Fiat bei den Erdgas-Fahrzeugen stets einen abgespeckten Bordcomputer verbaut. Eine Anzeige für Durchschnittsverbrauch fehlt hier vollkommen, ein Schelm, wer hier Absicht vermutet.
Also war Rechnen an der Zapfsäule angesagt. [foto id=“515475″ size=“small“ position=“left“]Zunächst bewegte ich den Fiat 500L Natural Power ein paar Tage ausschließlich im Stadtverkehr, vielleicht mal kurz auf die Landstraße. Nach vier Tagen dann Kassensturz an den Zapfsäulen; da ich das Erdgas in so kurzer Zeit nicht vollständig aufbrauchen konnte, hatte ich den Wagen zwischendurch mutwillig in den reinen Benzin-Modus geschaltet, was ganz einfach über einen Schalter im Armaturenbrett möglich ist.
Umgerechnet hatte sich der Erdgas-Fiat 7,5 Liter Super-Benzin pro 100 km gegönnt, beim Erdgas lag der Verbrauch bei etwa 4,8 kg/100 km (laut Fiat sollen 5,9 Liter Super oder 4,1 kg Erdgas reichen). Zwar liegt der Verbrauch damit deutlich über den Werksangaben, das war aber aufgrund vieler Erfahrungsberichte – auch meiner eigenen zu erwarten. Zudem ergibt sich damit noch immer eine Reichweite von stolzen 957 km mit vollen Tanks, was selbst viele Diesel nicht schaffen. Die Kosten pro 100 Kilometer lagen damit bei 12,38 Euro im Benzin-Betrieb und bei 5,25 Euro mit Erdgas.
Schlucken musste jedoch ein Kollege, der mit dem Fiat 500L Natural Power eine längere Tour über die Autobahn unternahm. Natürlich schleicht man nicht mit 80 km/h im Windschatten eines Lkw über die Bahn, allerdings sind 130 km/h mit gelegentlichen kurzen Überholmanövern nun wirklich keine Raserei. Dennoch orgelte der Fiat 500L Natural Power stets bei knapp 4.000 U/min, drehte nach etwa 250 km den Gashahn zu und verlangte nach nicht ganz 400 weiteren Kilometern auch nach neuem Benzin. Grob gerechnet macht das einen Erdgasverbrauch von 5,6 kg/100 km (etwa 6,13 Euro pro 100 km). Doch dann der Schock beim Benzin. Nach Adam Riese hatte sich der TwinAir nämlich 10,1 Liter pro 100 km gegönnt!
Da klappt einem schon Mal die Kinnlade runter. Allerdings hätten wir nicht so überrascht sein dürfen, denn bei 163 km/h ist beim Fiat 500L mit kleinem Zweizylinder nach Werksangaben Schluss, die Drehzahl liegt daher bereits bei Richtgeschwindigkeit viel zu hoch um sparsam fahren zu können.
Mein Fahrbericht mag auf den ersten Blick schlimmer klingen, als das Ergebnis eigentlich ausfällt. Mein größter Kritikpunkt am Fiat 500L Natural Power ist nämlich nicht der Motor, sondern die katastrophalen Sitze. Unbequemer sitzt man heutzutage in keinem anderen Neuwagen. Was den Motor angeht, ist der kleine Zweizylinder mit den 1.4 Tonnen des Fiat 500L offensichtlich überfordert. Als reiner Benziner verspricht der TwinAir keinerlei Verbrauchsvorteil gegenüber sparsamen Drei- oder Vierzylinder-Motoren anderer Hersteller. Auf der Autobahn kehrt sich das Ganze sogar deutlich ins Negative, der 0.9-Liter-Zweizylinder wird selbst bei moderater Geschwindigkeit zum Trinker.
Trotzdem ist der Fiat 500L Natural Power ein Spartipp, zumindest wenn man ihn nicht auf der Autobahn bewegt – wenn dann besser nicht schneller als 100 km/h – und zum Großteil mit Erdgas fahren kann. Wer den relativ hohen Anschaffungspreis von mindestens 20.950 Euro für die Erdgasvariante nicht scheut, zahlt bei Kraftstoff und Kfz-Steuer auf absehbare Zeit deutlich weniger als mit Diesel oder Benzin.
Plus: | Viel Platz, nette Optik, im Erdgasbetrieb kostengünstig zu bewegen, günstige Kfz-Steuer |
Minus: | Karges Interieur, katastrophal unbequeme Vordersitze, bei Benzinbetrieb wird der Zweizylinder oberhalb von 100 km/h zum Säufer, Anschaffungspreis zu hoch für gebotene Leistung und Anmutung |
Fünftüriger, fünfsitziger Minivan mit Erdgasantrieb | |
Länge/Breite/Höhe (m): | 4,15/1,78/1,68 |
Radstand (m): | 2,61 |
Motor: |
Zweizylinder-Turbo für Benzin- und Erdgasbetrieb
|
Hubraum: | 875 ccm |
Leistung: | 63 (59) kW/85 (80) PS bei 5.500 Umdrehungen pro Minute |
max. Drehmoment: | 145 (140) Newtonmeter bei 2.000 (2.500 )Umdrehungen pro Minute |
Höchstgeschwindigkeit: | 167(163) km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h: |
14,8 (15,7) s
|
Test-Verbrauch: | Benzin: 7,5 l/100 km Erdgas: 4,8 kg/100 km |
Verbrauch Hersteller: | Benzin: 5,9 l/100 km Erdgas: 3,9 kg/100 km |
CO2-Ausstoß Hersteller: | 137 (105) g/km |
Schadstoffklasse: | Euro 5+ (Euro 6) |
Tankinhalt: | 50 Liter Benzin, 14 kg Erdgas |
Energieeffizienzklasse: | C (A+) |
Ausstattung (Pop Star, Auswahl): |
ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung (EBD)und (BAS), 6 Airbags, Touchscreenradio mit 5″ Bildschirm und Bluetooth Freisprechanlage, asymmetrisch umklappbare Rücksitzbank (60/40)und Rücksitze verschiebbar, Klapp-u. Wickelfunktion, Außenspiegel elektrisch verstell- und beheizbar, elektrische Fensterheber vorn, Funkfernbedienung für die Zentralverriegelung, Klimaanlage manuell (FCKW-frei, mit Pollenfilter) |
Gewichte/Zuladung | |
Leergewicht: | 1.465 kg |
zul. Gesamtgewicht: | 1.895 kg |
Zulaässige Zuladung (ohne Fahrer): | 430 kg |
Kofferraumvolumen: | 330 – 1380 l |
Basispreis (CNG erst ab Ausstattung ab Pop Star erhältlich) | ab 20.950 Euro |
Testwagen: | 25.200 Euro |
geschrieben von Holger Zehden/auto.de veröffentlicht am 12.06.2014 aktualisiert am 12.06.2014
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