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Das wird ein harter Tag. Zwar ist es ein warmer Frühlingsmorgen, und wir haben ihn für die erste Ausfahrt mit der Husqvarna Nuda 900 reserviert. Doch schon das Aufsitzen in der Garage lässt Aufmerken: Die schmale Sitzbank ist hart. Auch die Federelemente tauchen bei der Belastung mit dem Körpergewicht nicht wie gewohnt ein. Und der Druck auf den Starterknopf entfesselt ein Brüllen, das man von einem Serienmotorrad nicht gewohnt ist.
Okay, wir hätten zuerst aus der Garage fahren sollen. Aber auch vor derselben röhrt der Zweizylinder aus dem ovalen Endschalldämpfer wie ein waschechter V-Motor. Das Geheimnis ist ein Hubzapfenversatz um 45 [foto id=“420205″ size=“small“ position=“left“]Grad sowie der gängige Trick mit der Auspuffklappe unter dem Triebwerk, Dennoch bleibt die Frage: Wie haben die das bloß durch die Homologation bekommen?
Wir haben uns unterdessen in Startposition gebracht – in Erwartung weiterer Überraschungen. Und die folgt sofort: Gas geben, Kupplung weich kommen lassen – Aus. Wieder anlassen, noch mehr Gas – der Motor hustet und prustet und entscheidet sich schließlich loszuhumpeln. So kalt ist es doch gar nicht! Auch beim Schalten in den zweiten Gang stottert er und verschluckt sich tüchtig; aus dem Auspuff knallt es. Na, das kann ja lustig werden.
Also erst einmal auf Drehzahlen achten und die Maschine warm werden lassen. Immerhin schiebt der Twin ordentlich vorwärts, die Gänge lassen sich problemlos einlegen, die Schaltwege sind erfreulich kurz – ein erster Hinweis auf das, was die Nuda – und besonders die von uns gelenkte R-Version – besonders gut können soll: Kurvenräubern. Die hohe Sitzposition mit jeder Menge Schräglagenfreiheit, der breite Lenker und die aggressiven Bremsen in Verbindung mit dem drehmomentstarken Motor, der seine 80 Newtonmeter schon bei 3.000 Touren an das Rad wuchtet, prädestinieren zur schnellen Landstraßenhatz.
Was auch wir schnell bestätigen können. Denn mit der steigenden Betriebstemperatur sinkt beim Triebwerk der Wille zum Rebellischen; brav nimmt es nun Gas an und lässt sich treiben. Wie ein gezähmtes Tier. Gewöhnungsbedürftig freilich ist auch die Sitzposition. Die Arme weit ausgebreitet, der Körper lotrecht [foto id=“420206″ size=“small“ position=“right“]im Wind und die weit nach vorne gezogene Position vermitteln den Eindruck, man throne über dem Vorderrad.
Auch das dürfte jetzt warm sein und die eine oder andere flotte Kurve wegstecken. Bereift sind die Räder mit Metzeler Sportec M5, einem sportlichen Pneu, der den dazu nötigen Grip bietet. Und so beginnt das fröhliche Kurvenwedeln, und die Nuda R entwickelt sich vom bockigen Eigenbrötler zum willigen Kurvenräuber. Wobei die Bremsen ein wenig zu aggressiv zu Werke gehen, worunter ihre Dosierbarkeit leidet. Das soll, so Kollegen in ihren Berichten, bei der Nuda ohne R nicht der Fall sein.
Überhaupt stellt sich die Frage, ob sich die Mehrkosten zur R-Version lohnen: Für immerhin 1.500 Euro Aufpreis gibt es die aggressiven Brembo-Bremsen, ein Öhlins-Federbein, eine einstellbare Gabel, etwas Karbon, eine flachere Sitzbank und eine kürzere Übersetzung. Der Grundpreis schnellt von 9.990 Euro auf knapp 11.500 Euro- nicht wenig Geld für ein Spaßgerät.
Denn es gibt bei einem solch kompromisslosen Konzept natürlich Einschränkungen. Man sitzt aufrecht im Wind ohne irgendeinen Schutz, so dass Autobahntrips wahrlich kein Vergnügen sind. Und reisetauglich ist die harte Bank ebenso wenig wie der Soziusplatz. Auch beim Fahrwerk müsste man kräftig nachjustieren. [foto id=“420207″ size=“small“ position=“left“]Das alles mag man der Nuda und dem kompromisslosen Konzept durchgehen lassen; unverständlich ist jedoch, dass (noch) kein ABS angeboten wird. Der Verbrauch? Geschenkt! Die Nuda will bewegt werden, da sind 5,6 Liter auf 100 Kilometer kein Maßstab.
Letztlich entwickelt sich im Laufe des Trips eine gewisse Sympathie zwischen uns und dem Rassebike. Die Kurven flutschen immer problemloser, der Motor ist stark und willig mit toller Gasannahme, zum Bremsen reicht der kleine Finger. Die knapp 200 Kilo leichte Nuda erweist sich zudem als sehr wendig. Das alles unterlegt von einem kernigen, dumpfen Sound, der die Köpfe an den Bikertreffs zum Drehen bringt.
Am Ende des Tages sind wir versöhnt. So hart war er nun doch nicht geworden wie eingangs befürchtet. Wenn wir uns nun noch an das kantige Design der Nuda gewöhnen, könnte sogar etwas wie eine Freundschaft rausspringen.
Motor: Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, Hubraum 898 ccm, Leistung 77 kW/105 PS bei 8.500/min, Drehmoment 89 Nm bei 7.000/min, Sechsganggetriebe, Kette.
Fahrwerk: Gitterrohrrahmen aus Stahl, Upside-down-Gabel, Ø 48 mm, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolbenfestsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 265 mm, Einkolben-Schwimmsattel.
Maße und Gewichte: Radstand 1.495 mm, Sitzhöhe 885 mm, Gewicht vollgetankt 198 kg, Tankinhalt 16 Liter.
Messwerte: Höchstgeschwindigkeit 225 km/h, Beschleunigung 0 – 100 km/h: 3,3 s, Verbrauch: 5,7 Liter/100 km.
Preis: 9.990 Euro
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 29.05.2012 aktualisiert am 29.05.2012
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