Motor
Dass die Eldorado kein Ami-Eisen ist, macht sie aber schon aus der Ferne klar: Nur bei Moto Guzzi findet man diese imposante Silhouette mit dem mächtigen, längs eingebauten Vau-Zwo-Motor, der seine Zylinder links und rechts im rechten Winkel in den Fahrtwind streckt. In der Eldorado werkelt der gleiche 90-Grad-Vau mit 1.388 Kubikzentimetern Hubraum wie in den anderen Californias, mithin der größte Motor, den die Italiener jemals gebaut haben. Zur Vibrationsminimierung ist der Riesentrumm elastisch im Rahmen aufgehängt. Tatsächlich pulsiert der Twin im Stand noch deutlich, während der Fahrt bleibt davon nur noch wenig übrig. Aus dem großen Hubraum schöpft die Guzzi maximal 71 kW/96 PS und ein sehr ordentliches Drehmoment von maximal 120 Newtonmetern, dass bereits bei 2.750/min anliegt.
Die typisch drehmomentstarke Auslegung erlaubt sogar das Anfahren mit Standgas, darüber sorgt die lineare Leistungsentfaltung für eine gute Beherrschbarkeit über das gesamte Drehzahlband. Mit ihrem druckfreudigen Antritt aus jedem Drehzahlbereich macht die Eldorado alles mit: Flott aus den Kehren herausbeschleunigen, ausdrehen und hochschalten oder einfach im großen Gang dahin gleiten. Dank Ride-by-wire sind ein Tempomat und drei Fahrmodi an Bord, die während der Fahrt den Motorcharakter und die Leistungsentfaltung beeinflussen: "Turismo" steht für genussvolles Reisen, bei "Veloce" geht's sportlicher zu, und "Pioggia" steht für "Regen"; hier setzt die gekappte Leistung sehr sanft ein.
Über sechs Fahrstufen - originalgetreu per Schaltwippe bedient - wird die Motorkraft via Kardanwelle ans Hinterrad transferiert. Für mehr Komfort auf langen Etappen ist der letzte Gang drehzahlmindernd als Overdrive ausgelegt. Der wartungsarme Kardanantrieb verzichtet auf eine Momentabstützung, die Lastwechselreaktionen halten sich aber in Grenzen.
Typischerweise besteht das Fahrwerk aus einem klassischen Stahlrohrrahmen mit mächtiger, nicht einstellbarer Telegabel und zwei Federbeinen. Schon im Stand machen sich die stattlichen 329 Kilogramm zwischen den Beinen bemerkbar, zum Rangieren verlangt die Eldorado den ganzen Mann. Einmal in Fahrt, geht zwar viel von der angeborenen Trägheit verloren, doch die Eldorado bleibt ein ordentlicher Brocken.
Im Kurvenareal wollen die Pfunde mit Körpereinsatz zum Schräglagenwechsel aufgefordert werden, auch die Lenkpräzision des 130er-Vorderreifens könnte besser sein. Stilecht rollt die Guzzi auf Weißwandreifen, die vorn wie hinten auf 16-Zoll-Rädern aufgezogen sind. Die neuen Felgen erlauben Schlauchlosbereifung, praktische Winkelventile erleichtern die Luftdruckkontrolle und das Nachfüllen. Allerdings sehen die Reifen zumindest bei Nässe besser aus als sie funktionieren: Im Feuchten ist die Haftfähigkeit allenfalls unterer Durchschnitt, aus jeder Kurve flackert die gelbe Leuchte im Cockpit als Anzeige für das Eingreifen der Traktionskontrolle.