Renault Captur

Test: Renault Captur – Die Gitarre des Grauens

Test: Renault Captur - Die Gitarre des Grauens Bilder

Copyright: Renault

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Die Gitarre zählt zu den Instrumenten, auf die sich wohl die meisten Menschen einigen können. Ob klassisch gezupft oder stromverstärkt geschrubbt - sie ist in fast jedem Musik-Genre zuhause und wird von Flamenco-Afficionados genauso geliebt wie von Metall-Headbangern. Auch im Renault Captur finden sich zwei Gitarren - allerdings welche von der eher nervigen Sorte. Warum das hier ausgewalzt werden muss? Weil es im Kleinen das Problem des französischen Mini-Crossovers auf den Punkt bringt. Und gleichzeitig das der ganzen, gerade so modernen Fahrzeuggattung.
Test: Renault Captur - Die Gitarre des Grauens

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Die „Gitarre“ an der Vordersitzlehne

Erwachsene übersehen die Gitarren an Bord des Captur schnell. Kinder aber finden sie sofort. Das mag daran liegen, dass sie üblicherweise auf die Rückbank gepackt werden – und dann unweigerlich auf das Saiteninstrument starren müssen. Oder daran, dass ihr natürlicher Troll-Instinkt noch ganz unverfälscht funktioniert. Wie dem auch sei: „Instrument“ ist in diesem Zusammenhang sicherlich etwas hoch gegriffen, geht es doch um die fünf Gummibänder, die Renault an Stelle des klassischen und bewährten Netzes hinten an die Lehnen der Vordersitze montiert hat. Doch Schallwellen und ihre nicht nur im Innenohr wahrnehmbaren Erschütterungs-Pendants produzieren sie durchaus. Leicht gezupft machen sie ein kaum hörbares „pop“, von fummeligen Kinderhänden gerissen, erschallt im Rücken des Fahrers hingegen ein nerviges „PLOCK“ – bei zwei Stammhaltern gerne auch ein zeitversetztes „PLOCKPLOCK“. Das geht nicht nur im übertragenen Sinn an die Nieren.

Funktion spielt untergeordnete Rolle

Nun könnte man einwenden: Alles Erziehungssache. Grenzen setzen. Gegenseitige Rücksichtnahme. Ein Auto ist kein Spielplatz … Das geht aber am Kern des Problems vorbei. Beim Captur und auch bei den meisten seiner Segments-Genossen ordnet sich die Funktion noch um einiges kriecherischer der Form unter, als es bei Pkw zurzeit sowieso schon schlechte Angewohnheit ist. Bleiben wir bei den Lehnen-Saiten: Die Gummis sehen zwar zugegebenermaßen originell aus, halten aber maximal das neue „Bussi Bär“-Heft. Schleich-Tiere, Duplo-Steine und was man als Kindergartenkind sonst noch so bei der Fahrt zum Brötchenholen dabei haben muss, purzeln einfach durch. Ergebnis: Tränen, Geschrei und die Gewissheit, dass bewährte Lösungen sich aus gutem Grund bewährt haben. Gleiches gilt übrigens auch für das drehbare Knöpfchen zur Lautstärkeregelung am Autoradio. Warum sich Renault stattdessen für zwei fummelige Tasten entschieden hat, bleibt ein Rätsel.

Wenig Stauraum

Erweitern wir den Blick aufs große Ganze. Formal zählt die moderne Crossover-Karosserie des Captur zum Schicksten, was es gegenwärtig auf dem Markt für hochgebockte Kleinwagen gibt. Funktional ist sie gerade deswegen allenfalls Mittelmaß. So sorgt die niedrige Heckscheibe zwar für einen knackigen Po, lässt beim Blick nach hinten aber mehrere Meter Straße einfach aus. Die dreieckige C-Säule stützt einerseits das schwungvoll abfallende Dach, versperrt den Fond-Passagieren aber andererseits den Blick nach draußen. Und der kurze hintere Überhang lässt den Captur zwar besonders stämmig wirken, staucht das Gepäckabteil aber kräftig zusammen. Renault gibt hier in den technischen Daten 377 Liter an, das bezieht aber das 90-Liter-Staufach unter dem doppelten Ladeboden ein, das lediglich Kleinkram fasst. Unterm Strich ist in dem Mini-SUV nicht viel mehr Platz für Gepäck als in einem normalen Kleinwagen. Und das bei einer deutlich höheren Ladekante. Zum Ausgleich gibt es im Gegensatz zum Clio zumindest eine verschiebbare Rückbank, die die Wahl zwischen Beinfreiheit und maximalgroßem Gepäckabteil lässt.
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Holprig aber genügsam

Unter vergleichbaren Nachteilen leiden wie angedeutet auch viele andere Mini-SUV und -Crossover - mal mehr, mal weniger. Das schon beim Technikspender Clio nicht durchwegs überzeugende Fahrwerk des Captur wird durch die Höherlegung nicht unbedingt harmonischer. Kurze Stöße dringen kaum gefiltert zu den Passagieren durch, lange Wellen versetzen den kompletten Fahrgastraum in Unruhe. Dazu kommt, dass die wenig präzise Lenkung ebenfalls nicht für gehobenes Fahrvergnügen sorgt. Der Captur sieht deutlich flotter aus, als er fährt. Zumindest ist er in der getesteten Dieselversion mit 66 kW/90 PS einigermaßen genügsam und schluckt nur wenig mehr als fünf Liter. Prinzipiell dürfte aber einer der preisgünstigeren Benziner die bessere Wahl sein, auch weil die vorne recht weichen und mit kurzen Beinauflagen geschlagenen Sitze nicht gerade zu längeren Touren einladen - vor allem nicht mit Reisegepäck, beträgt die maximale Zuladung doch nur mäßige 484 Kilogramm und damit weniger als beim Clio.
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Kostenpunkt

Insgesamt bleibt der Mehrwert gegenüber dem verwandten Kleinwagen überschaubar, auch weil, wie in dieser Klasse nicht unüblich, Allradantrieb nicht angeboten wird. Neben dem Design muss vor allem die rückenfreundlich hohe Sitzposition den Aufpreis von knapp 1.700 Euro (ausstattungsbereinigt) rechtfertigen. Mindestens 15.390 Euro werden für den 66 kW/90 PS starken Basisbenziner in der Linie „Expression“ fällig, der Diesel kostet ab 17.290 Euro. Wer eine ordentliche Ausstattung will, legt in beiden Fällen weitere 2.200 Euro für die Linie „Dynamique“ drauf. Wer Kinder hat, sollte zudem ein paar weitere Euro in eine Schere investieren. Oder gleich eine echte Gitarre kaufen. Die macht zwar im ungünstigsten Fall auch Lärm, schnappt einem ihre Wellen aber wenigstens nicht direkt in den Rücken.

Der Renault Captur auf einen Blick

– Kleinwagen-SUV mit fünf Sitzplätzen

Länge/Breite/Höhe (m) 4,12/1,78/1,57
Radstand (m) 2,61
Motor 1,5-l-Vierzylinder-Diesel
Leistung 66 kW/90 PS
Antrieb Frontantrieb
Maximales Drehmoment 220 Nm bei 1.750 U/min
Höchstgeschwindigkeit 171 km/h
0 auf 100 km/h 13,1
Durchschnittsverbrauch 3,6 l/100 km
Preis ab 17.290 Euro

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