Sofern man einen Volkswagen Tiguan als Geländewagen ansehen will, war der dieses Jahr das meistverkaufte Auto seines Segments in Deutschland. Diesen Status hatte – man glaubt es kaum - einmal der Suzuki LJ 80 inne. Er war das erste Fahrzeug, das die japanische Marke hierzulande verkaufte. Grund genug für eine Probefahrt mit dem „Schmunzelmonster“.
Die Bezeichnung „Elliot“ wäre wie geschaffen gewesen für das kleine Krabbeltier, doch hatte der Disney-Konzern etwas dagegen. Der Name des Comic-Drachens sollte Zeichentrickfilm und -heftchen vorbehalten bleiben. Den Fans des rustikalen Mini-Geändewagens aus Japan war das egal. Ihr vierrädriges Schmunzelmonster heißt in der Szene seit Jahrzehnten „Eljot“.
Sein Kultstatus ist durchaus mit dem eines Land Rovers Defender oder eines Jeeps Wrangler zu vergleichen, auch wenn er ihnen in Maßen und Leistung nicht das Wasser reichen kann. Erstmals konnten die Deutschen als Besucher der IAA 1979 den LJ 80 in Augenschein nehmen. Im Rahmen der Youngtimer-Rallye „Creme 21“ zelebrierte Suzuki jetzt mit einem Modell der ersten Generation und drei weiteren mehr oder weniger betagten Fahrzeugen seine 35-jährige Präsenz auf dem deutschen Markt.
Ursprünglich war der Wagen für die australische Armee entwickelt worden, erhob folglich keinen Anspruch auf die komfortable Beförderung ziviler Insassen. Die Probefahrt in dem von Suzuki Deutschland aus Gründen der Traditionspflege angeschafften LJ 80 ist deshalb auch ein auch Test der Widerstandfähigkeit von Gesäß und Zahnfüllungen.
Zu den Vorgängermodellen gehörte der LJ 20 von 1972, dessen Einstufung als Kei-Car dadurch erreicht wurde, dass man sein Reserverad in der Passagierkabine anordnete. Seit den 50er Jahren erleichterten die japanischen Behörden den Bürgern die Anschaffung eines Pkw, in dem sie für „leichte Automobile“ („Keijidõsha“) die Pflicht zum Nachweis eines Parkplatzes aussetzten. Über die Abmessungen hinaus sind für Kei-Cars auch Hubraum und Leistung reglementiert. Dem staatlich verordneten Downsizing folgten Limousinen und Roadster, Kombis und Micro-Vans und eben Geländewagen wie der LJ 80.
Die Buchstabenkombination steht für „Light Jeep“. Von einem Zweizylinder-Zweitakt-Fahrzeug als LJ 20 reifte der Wagen zum LJ 50 (Dreizylinder-Zweitakt), bis schließlich der Vierzylinder-Viertakter die Stufe einer Exportfähigkeit erreichte. Zu einem Preis von 12.500 D-Mark wurde der Geländefloh schließlich in Deutschland angeboten. Das war ein durchaus sportlicher Betrag, denn ein VW Käfer 1200 L kostete damals nur 8.230 D-Mark. Rund 10.000 Exemplare vom LJ 80 wurden zwischen Flensburg und Garmisch zugelassen.
Schulkinder mit chromstarrenden 2,5-Tonnern zu ihrer Lehranstalt zu befördern, war damals noch nicht gang und gäbe. Was nach Gelände aussah, wurde im Regelfall auch dort eingesetzt. In Land- und Forstwirtschaft fand Suzuki dankbare Abnehmer für seinen Unterholz-Floh, aber auch bei begeisterten Freizeit-Autofahrern, die ein alternatives Fahrerlebnis jenseits ein- und ausgefahrener Wege suchten. Die Cabrioversion war deshalb besonders beliebt. Auch heute noch ist das Be- oder Entplanen des LJ 80 ein Spiel mit hohem Unterhaltungswert. Zwei bis drei Personen können sich mühelos 15 Minuten und länger mit der heiteren Handhabung von Reiß- und Klettverschlüssen, Einsteckhülsen, Druckknöpfen und Klappspriegeln verdingen.
Die vormals militärische Zweckbestimmung hinterließ für die friedliche Nutzung ein Interieur von beeindruckender Schlichtheit. An der Beifahrerseite ist die Sonnenblende durch den Scheibenwischermotor ersetzt, der Haltegriff über dem Handschuhfach bekam eine manuell nachgerüstete Polsterung mit Klebeband-Finish. Dem Tachometer sind rechts eine Tank- und eine Temperaturanzeige zur Seite gestellt, ein paar Glühbirnen nebulöser Bedeutung glimmen mit im Gehäuse. Der Choke-Knopf ist unverzichtbar, denn nur einigermaßen unwillig absolviert der 797 Kubikzentimeter kleine Motor den Kaltstart. Aber wenn er erst einmal auf Betriebstemperatur ist, schnurrt er wie ein Wurf junger Bobtail-Kätzchen.
Im Rahmen seiner Möglichkeiten, versteht sich. Da der Antrieb über die Hinterräder erfolgt und die Vorderräder bei Bedarf zugeschaltet werden können, haben Fahrer oder Fahrerin die Wahl zwischen zwei Schalthebeln. Den wichtigeren erkennt man an seiner Länge, mit ihm werden die vier Gänge für die normale Straßenfahrt sortiert. Bei seiner Bedienung sind Assoziationen mit dem militärischen Vorleben des Eljot kaum zu vermeiden, denn so ähnlich muss der Küchenbulle in seiner Gulaschkanone herumgerührt haben, wenn er mit der Zubereitung der Truppenverpflegung beschäftigt war.
Die Zubereitung des Vortriebs macht dem längs eingebauten Vierzylinder keine Probleme, schließlich gibt es ja nur rund 800 Kilogramm plus Insassen anzuschieben und die Übersetzung des ersten Ganges beträgt 3,825 : 1. Allerdings gibt es auch nur 61 Newtonmeter Durchzugskraft einzusetzen, weshalb die Drehzahl im Nu hochschnellt und die Suche nach dem nächsten Gang bereits eingeleitet sein sollte. Immerhin ist die Kraftübertragung vollsynchronisiert, auf Zwischengas darf verzichtet werden. In der vierten Fahrstufe herrscht ein direkter Durchtrieb zu den Antriebsrädern und die atemberaubende Jagd nach der Höchstgeschwindigkeit kann beginnen. Der feldgrün lackierte Wiesen-Renner rattert am Limit. Laut Kfz-Zulassungsschein soll er 94 km/h schaffen. Laut Hersteller sogar 107 km/h. „Eljot“ schnauft, rasselt, pfeift und legt sich mächtig ins Zeug. Der Stoppuhr-Zeiger hat das Zifferblatt fast umrundet, die Digital-Anzeige des GPS-Tachos in der Hand jubiliert: einhundertundacht Stundenkilometer!